Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen bereits auf 0,0 Prozent gesenkt. In einer solchen Situation könnten Notenbanken Konjunkturhilfen nicht mehr durch eine weitere Senkung der kurzfristigen Zinssätze geben, so Draghi. Geldpolitik müsse dann unkonventionell werden. Dabei verwies er auf den geldpolitischen Ausblick, mit dem Notenbanken die Zinserwartungen an den Märkten beeinflussen, und auf die großangelegten Wertpapier-Kaufprogramme. "Alles in allem hat die Forschung bestätigt, dass Zentralbanken nicht machtlos sind an der effektiven Untergrenze."

Im Kampf gegen die aus EZB-Sicht nach wie vor zu schwache Inflation schleust die Euro-Notenbank aktuell über den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren Monat für Monat rund 60 Milliarden Euro in das Bankensystem. Diese Geschwindigkeit will die EZB noch bis mindestens Ende 2017 beibehalten. Banken sollen mit den vor allem in Deutschland umstrittenen Transaktionen dazu bewegt werden, weniger in diese Titel zu investieren und stattdessen mehr Kredite auszureichen. Das soll die Konjunktur ankurbeln und so auch für mehr Preisauftrieb sorgen.

Nach Einschätzung des EZB-Präsidenten haben die nach der Finanzkrise verfolgte lockere Geldpolitik sowie die politischen Schritte in der Regulierung und Aufsicht der Branche die Welt widerstandsfähiger gemacht. Man müsse sich aber auf neue Herausforderungen vorbereiten. Dabei räumte Draghi ein: "Wir müssen uns der nach wie vor bestehenden Lücken in unserem Wissen bewusst sein." In diesem Zusammenhang seien ökonomische Studien besonders wichtig für den Kurs einer Notenbank.

Geldpolitik, die auf gründlicher Forschung aufbaut, ist nach Ansicht des EZB-Präsidenten weniger anfällig, durch politische Kompromisse beeinträchtigt zu werden. Dann sei Geldpolitik auch leichter der Öffentlichkeit zu vermitteln. "Forschung hilft uns zu entscheiden, ob eine Veränderung der Fakten eine geldpolitische Antwort erfordert, oder ob wir, wie wir sagen, durch sie hindurchschauen können."

rtr