Kaufen wenn die Kanonen donnern - so lautet ein altes Börsensprichwort. Prinzipiell ist das auch richtig, denn eine psychologische Übertreibung der Kurse nach unten ist oftmals ein gutes Einstiegsszenario. Doch nicht alle Papiere sind in einer scharfen Korrektur - wie wir sie jetzt erleben - auch wirklich kaufenswert. Bei manchen Aktien wird nur eine zuvor erfolgte Überbewertung auf ein realistisches Preisniveau zurück korrigiert.

Anleger sollten sich auf Aktien mit Relativer Stärke konzentrieren. Dabei handelt es sich um Papiere, die durch außergewöhnliche Krisenimmunität glänzen - sie werden trotz der aktuellen Stimmungslage am Markt noch nachgefragt oder verlieren zumindest nur unterdurchschnittlich stark an Wert. Auf welche Aktien im DAX diese Definition zutrifft, zeigt die von BÖRSE ONLINE in Zusammenarbeit mit dem Börsenstatistik-Magazin "Index-Radar" (www.index-radar.de) erstellte Auswertung der DAX-Trendstärke-Matrix.



Diese einzigartige Infografik zeigt das statistisch sehr unnormale Verhalten des überverkauften Marktes in seinem vollen Ausmaß. Nur noch sechs Papiere sind in einem kurz- bis mittelfristigen Seitwärtstrend (graue Balken). Der Rest ist im Abwärtstrend (rote Balken). Von den seitwärts tendierenden, also stabil gebliebenen Papieren sind nur diejenigen attraktiv, die auch noch oberhalb der 200-Tage-Linie notieren. Damit fallen Adidas und Münchener Rück weg, es bleiben nur noch Bayer, Fresenius, Fresenius Medical Care und Merck.

Dieser längerfristige gleitende Durchschnitt ist vor allem für Investoren mit einem längeren Anlagehorizont wichtig. Aus diesen Papieren wird wenig bis gar kein Kapital abgezogen, auch professionelle Marktteilnehmer halten also offenbar an diesen Positionen fest - ohne Käufer oder zumindest ausbleibende Verkäufe aus dieser Investorengruppe könnte sich keine Aktie gegen den Markttrend stemmen. Mutige Anleger, die auf Schnäppchenjagd gehen, sollten es den Profis nachmachen und sich vor allem auf diese Titel fokussieren. Wir werfen im Folgenden einen kurzen Blick auf die Situation der einzelnen Papiere:



Bayer



Ein intakter langfristiger Aufwärtstrend federt Verluste zwischen 98 und 101 Euro ab, dazu kommt der überverkaufte Zustand der Aktie. Gemessen am Abstand zur 21-Tage-Linie (Indikator unter dem Chart) ist das Papier reif für eine Gegenbewegung zurück nach oben. Bleibt der Markt schwach, kann die Aktie sich auch in Richtung 90/91 Euro verbilligen, erst wenn sie dort auch nicht mehr gekauft wird, dürften sich Investoren nachhaltig davon abgewendet haben. Nach oben ist ebenfalls viel Luft: Ein schwacher Widerstand bei 107,30 / 107,75 Euro ist das Einzige, das die Aktie vom Allzeithoch bei 114,20 Euro trennt. Darüber gibt es keine Zonen mit messbarem Verkaufsdruck mehr, was erfahrungsgemäß einen Anstieg begünstigt.



Fresenius Medical Care



FMC hat es etwas stärker erwischt, der jüngste Rücksetzer unter 53,20 Euro könnte Anschlussverkäufe bis in Richtung der 200-Tage-Linie bei rund 51 Euro auslösen. Erst darunter wird die Aktie etwas riskanter, wobei bei rund 49,50/50 Euro noch eine letzte Stabilisierungschance besteht, bevor dann der Absturz in Richtung 46,50/47 droht. Doch zeigt das Papier eine mittelfristig positive Tendenz, und gehört damit trotz der kurzfristigen Schwäche zu den vier noch empfehlenswerten DAX-Titeln.



Fresenius



Auch Fresenius wirkt stabil, hier zieht eine Stabilisierungszone um 37,30 / 37,70 Euro im Chart kontinuierlich Käufer an. Dazu kommt ein Aufwärtstrend bei rund 35 Euro. Selbst wenn die Aktie in eine Seitwärtsbewegung übergeht, ist schon bei 34,50 Euro wieder stärkere Nachfrage im Kursbild erkennbar. Damit steht Fresenius statistisch besser da als fast alle anderen DAX-Papiere. Auf der Oberseite ist nur um 40 Euro Verkaufsbereitschaft ersichtlich, darüber ist der Weg frei.



Merck



Nach einem Höhenflug bis jenseits der 76er-Marke bekam auch Merck die Korrektur zu spüren. Doch Schon am ehemaligen Widerstand bei 66/68 Euro wird nun verstärkt gekauft. Marktteilnehmer nutzen somit die Rückkehr an das einstige Ausbruchsniveau als zweite Chance, um zu etwas günstigeren Kursen in das zuvor schnell davon gelaufene Papier einzusteigen. Hält die Schwäche des Gesamtmarktes an, kann der Kurs auch noch in Richtung 61 / 63,50 Euro fallen. Dort sollten die 200-Tage-Linie und eine im letzten Ausverkauf bewährte horizontale Nachfragezone spätestens wieder langfristig denkende Käufer anziehen. Ein stärkerer Rückschlag an die seit 2013 immer wieder zu Käufen genutzte Zone von 55 bis 57 Euro sollte sich dadurch abwenden lassen.



Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.

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