Der 14. Februar dürfte Whats- App-Gründer Jan Koum ewig in Erinnerung bleiben. Während des Abendessens taucht Koum bei Mark Zuckerberg in dessen Anwesen in Palo Alto auf. Wenige Tage zuvor hatte Zuckerberg dem 38-Jährigen ein lukratives Angebot unterbreitet. Beim Dessert werden sich die beiden über letzte Details einig - so beschreiben Insider das Zustandekommen eines der bislang größten Deals im Internetsektor. Facebook übernimmt für 19 Milliarden Dollar - vier Milliarden Cash, der Rest in eigenen Aktien - den Messenger- Dienst. Koum zieht zudem in den Verwaltungsrat des mit 1,2 Milliarden Nutzern größten sozialen Netzwerks ein.

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Astronomische Bewertung

Der Umsatz von WhatsApp, das angeblich Gewinne schreibt, ist zwar nicht veröffentlicht. Geht man aber etwa von rund 200 Millionen Nutzern aus, die jährlich ungefähr einen Dollar zahlen, landet man bei 200 Millionen Dollar. Der Kaufpreis bewertet das Unternehmen mit seinen 55 Mitarbeitern also etwa mit dem 100Fachen des Umsatzes - das ist jenseits aller üblichen Maßstäbe. Koum gründete WhatsApp mit Partner Brian Acton vor nicht einmal ünf Jahren. Per WhatsApp können Smartphone-Nutzer Textnachrichten, Bilder, Videos und Audiodateien an Freunde schicken. Die App verdrängt immer mehr die SMS-Dienste und erfreut sich immenser Beliebtheit. 450 Millionen Menschen nutzen den Dienst aktiv - täglich kommen eine Million neue User hinzu. Allein in Deutschland verwenden 30 Millionen Menschen WhatsApp.

Weder der NSA-Skandal noch Berichte über diverse Sicherheitslücken taten der Beliebtheit Abbruch. Das mag an der hohen Verbreitung, aber auch an den geringen Kosten liegen. Im ersten Jahr ist WhatsApp kostenlos. Danach fällt eine Jahresgebühr von knapp einem Euro an. "WhatsApp ist auf dem Weg, eine Milliarde Menschen zu verbinden. Dienste, die das leisten, sind unglaublich wertvoll", sagt Zuckerberg.

Facebook verleibt sich mit der Übernahme einen der größten Herausforderer ein. Zugleich geht Zuckerberg eines der dringlichsten Probleme an: Jugendliche Nutzer kehren Facebook zunehmend den Rücken und wechseln zu Diensten wie Wechat, Snapchat oder eben WhatsApp - auch deshalb, weil die Eltern oft auf Facebook sind.

Überdies stärkt Facebook die mobile Seite, WhatsApp wird ausschließlich auf Smartphones benutzt. WhatsApp bringe den Nutzern einen erheblichen Mehrwert. Außerdem setzt Zuckerberg auf die starke Verbreitung des Dienstes außerhalb der USA.

Unklar aber ist noch, wie der Dienst in Facebooks werbebasiertes Geschäftsmodell integriert werden kann. Koum verzichtete von Anfang an auf Werbung. Dabei soll es bleiben. WhatsApp soll operativ unabhängig bleiben, Facebook und WhatsApp dürften aber gleichwohl hinter den Kulissen verknüpft werden.

Der Fokus liege in den kommenden Jahren auf dem Wachstum der Nutzerbasis, verkündeten Zuckerberg und Koum. Das Wachstumspotenzial ist noch groß. Der Netzwerkausrüster Ericsson schätzt etwa, dass die weltweite Zahl der Smartphone-Verträge von 1,9 Milliarden Ende 2013 auf 5,6 Milliarden im Jahr 2019 steigt. WhatsApp hat insbesondere in den Emerging Markets noch Luft nach oben. Das Umsatzwachstum sei zunächst zweitrangig, sagen Zuckerberg und Koum einhellig.

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Drei Gewinner stehen schon fest

Neben Koum und Partner Acton steht ein weiterer Gewinner des Deals jetzt schon fest: Die Wagniskapitalgesellschaft Sequoia, die in einem frühen Stadium mit etwa 60 Millionen eingestiegen war. Der Wert der Beteiligung wird jetzt auf rund drei Milliarden Dollar geschätzt. Koum bleibt übrigens steinreich - selbst wenn der Deal platzen sollte. In dem Fall zahlt Zuckerberg zwei Milliarden Dollar als Abbruchgebühr.