Alteingesessene Traditionsunternehmen sind in letzter Zeit wieder in Mode gekommen. Ablesen lässt sich das an Gesellschaften wie dem Softwarekonzern Microsoft, dem Halbleiter-Hersteller Intel oder dem Computer- und Drucker-Produzenten Hewlett-Packard. Nachdem diese Titel teilweise länger als ein Jahrzehnt links liegen gelassen wurden, sind sie jetzt wieder angesagt.

Erklären lässt sich das mit der Hoffnung auf neuen unternehmerischen Schwung bei den phasenweise etwas verstaubt dahergekommenen Dinosauriern. Außerdem waren nach diesem Muster gestrickte Gesellschaften nach der langen Vernachlässigung im Vergleich zum Gesamtmarkt günstig geworden. Für Schnäppchenjäger wird das spätestens dann zu einem überzeugenden Kaufargument, wenn wie in den USA der Fall, der Gesamtmarkt relativ teuer geworden ist und bei den Nachzüglern die Aussicht auf eine wieder etwas bessere Ergebnisdynamik besteht.

Bei der ebenfalls alteingesessenen General Electric Co. (WKN: 851144, 25,95 Dollar, 19,638 Euro) haben diese Argumente zuletzt allerdings nicht verfangen. Dabei hat der Siemens-Konkurrent im zweiten Quartal deutlich mehr verdient. Aber obwohl der Umsatz da um drei Prozent auf 36,2 Milliarden Dollar und der Gewinn um 13 Prozent auf 3,55 Milliarden Dollar gesteigert wurden, ging es anschließend erst einmal etwas deutlicher bergab mit den Notierungen. Auch dadurch bedingt tritt der Kurs nun schon seit Oktober 2013 per Saldo nur auf der Stelle.

Mittelfristig könnte sich die darin zum Ausdruck kommende Zurückhaltung der Anleger aber noch als ein Fehler erweisen. Denn der global agierende Mischkonzern, der operativ in den Bereichen Energieinfrastruktur, Transport, Medizintechnik, Flugzeugmotoren, Home & Business Solutions und Finanzdienstleistungen tätig ist, hat durchaus einiges zu bieten.

Auf Seite 2: Konzernumbau birgt Potenzial

Konzernumbau birgt Potenzial

Allerdings muss man teilweise etwas genauer hinschauen, um diese Vorteile zu erkennen und auch etwas Optimismus mitbringen, um den unternehmerischen Plänen etwas Positives abzugewinnen. Zum Vorteil gereicht dem Unternehmen derzeit ein Umsatzschwerpunkt, der mit rund 50 Prozent in den USA liegt. Weil dort die Konjunktur im Vergleich mit anderen Industrienationen mit am besten läuft, ist das ein Pluspunkt: Wie gut es im Grunde genommen läuft, zeigt sich übrigens auch an einem zum Halbjahr um zehn Prozent auf 246 Milliarden Dollar gestiegenen Auftragseingang.

Doch das wurde bisher ebenso wenig honoriert wie der laufende Konzernumbau. So ist der Vorstand dabei, dem Industriebereich verglichen mit dem Finanzdienstleistungsgeschäft mehr Bedeutung beizumessen. Den Planungen zufolge sollen bis 2016 rund 75 Prozent des Gewinns aus dem Industriegeschäft kommen und die Marge in diesem Bereich auf 17 Prozent erhöht werden. Bereits zum Ausdruck kommt dieses Vorhaben unter anderem im jüngst erfolgten Börsengang des US-Konsumkredit-Spezialisten Synchrony Financial und der Übernahme des Energiegeschäftes von Alstom.

Bei Synchrony Financial wurde dabei in einem ersten Schritt eine fünfzehnprozentige Beteiligung an die Börse gebracht, ehe dann bis Ende 2015 ein endgültiger Ausstieg geplant ist. Ebenso bis Ende nächsten Jahres abgeschlossen sein soll die zum Preis von 12,35 Milliarden Dollar erfolgende Übernahme der Alstom Energiesparte, wobei gleichzeitig Alstom GE Signaling übernimmt. Ab 2016 soll daraus ein positiver Ergebnisbeitrag resultieren und die Verantwortlichen taxieren ab dem fünften Jahr das Einsparungspotenzial auf rund 1,2 Milliarden Dollar.

Auf Seite 3: Credit Suisse sieht Kurs auf 32 Dollar steigen

Credit Suisse sieht Kurs auf 32 Dollar steigen

Geht es Credit Suisse-Analyst Reto Hess, dann passt diese Akquisition gut zur Langfriststrategie von General Electric. Zudem glaubt er daran, "dass GE auf dem richtigen Weg ist, um das Ziel zu erreichen, bis 2016 rund 75 Prozent seines Gewinns in seinen industriellen Sparten zu erwirtschaften." Er denkt somit ähnlich wie Vorstandschef Jeff Immelt der zu den beiden erwähnten Umbaumaßnahmen folgendes sagt: "Mit der Herauslösung des Konsumentenkredit-Geschäfts und dem Alstom-Zukauf stellen wir das Unternehmen in einem mutigen Schritt neu auf für die Zukunft."

Als nächstes könnten diese Maßnahmen noch durch einen Verkauf der Haushaltsgerätesparte ergänzt werden. Jüngst jedenfalls schon der schwedische Hersteller von Haushaltsgeräten Elektrolux eingestanden, sich für diesen Bereich zu interessieren. Kommt es zu einem Deal, an dem offenbar auch das US-Unternehmen Quirky dem Vernehmen nach Interesse hat, dann werden am Markt daraus resultierende Erlöse von rund zwei Milliarden Dollar erwartet. Ausgebaut werden sollen dagegen die Aktivitäten in den wachstumsstarken Schwellenländern. Ganz mit oben als Zielregion steht dabei Afrika, wo deshalb bis 2018 rund zwei Milliarden Dollar investiert werden sollen.

Die Analysten der Credit Suisse waren vor diesem Hintergrund nicht die einzigen, die sich zuletzt konstruktiv zustimmend zu den weiteren Aussichten von General Electric zu Wort gemeldet haben. Mit der Vorgabe eines Kursziels von 32 Dollar zählen die Schweizer aber mit zu den optimistischsten. Ebenfalls auf diesem Niveau setzt aber auch Independent Research das Kursziel an. Geht diese Vorgabe auf, wären immerhin noch gut 23 Prozent Luft nach oben beim Aktienkurs. Und selbst wenn die von Analysten im Schnitt erwarteten 29,80 Dollar herangezogen werden, errechnet sich immer noch ein Kurspotenzial von fast 15 Prozent. Wobei dazu für längerfristig agierende Anleger auch noch eine geschätzte Dividendenrendite von knapp 3,4 Prozent hinzukommt.

Auf Seite 4: Relativ günstige Bewertung im Branchenvergleich

Relativ günstige Bewertung im Branchenvergleich

Was die Bewertung angeht, kommt General Electric auf Basis des für 2014 erwarteten Gewinns je Aktie von 1,68 Dollar auf ein KGV von 15,45. Das ist auf den ersten Blick nicht außergewöhnlich attraktiv. Doch der Eindruck bessert sich bereits, wenn die Gewinnerwartungen von 1,83 Dollar für 2015 herangezogen werden. Denn auf dieser Basis beträgt das KGV 14,2. Das ist günstiger als das, was andere Industriekonzerne wie Danaher (18,6) oder 3M (17,4) beim KGV für 2015 auf die Waagschale bringen. Das ist ein Abschlag, welcher der Stellung von General Electric als weltgrößter Industriekonzern nicht gerecht wird.

Das gilt natürlich erst Recht dann, wenn die vorhandenen Potenziale vom Management gehoben werden. Hess von der Credit Suisse wittert jedenfalls über Zukäufe und Abspaltungen weitere Möglichkeiten für eine Verbesserung des Portfolios. Doch nicht nur das: In Anbetracht des starken Exposure zu spätzyklischen Geschäften und eines hohen Auftragsbestands erwartet er in einem wachstumsschwachen Umfeld eine vergleichsweise gute Performance. Zudem vertritt er die Ansicht, dass General Electric dank der guten Aufstellung in der Lage sein dürfte, um von langfristigen Wachstumsthemen wie Infrastruktur oder Demographie zu profitieren.

Mit Blick auf den Börsenwert von knapp 2320 Milliarden Dollar sind noch die hohen Barreserven von gut 87 Milliarden Dollar erwähnenswert. Das ist weltweit ein Spitzenwert und richtig eingesetzt kann dies sehr wertvolle Munition sein für den weiteren Ausbau der bereits sehr guten Marktstellung. Alles das verspricht Aufholpotenzial für den Aktienkurs. Einschränkend muss aus charttechnischer Sicht allerdings ergänzt werden, dass der zuletzt gültige Seitwärtstrend erst bei einer erfolgreichen Überwindung des Vorjahreshochs von gut 28 Dollar als geglückt bezeichnet werden kann.