Mit einem Kursgewinn von mehr als 145 Prozent entwickelte sich die Aktie der Deutschen Lufthansa in den vergangenen zwölf Monaten zum DAX-Superstar. Viele Belastungsfaktoren der Vergangenheit haben sich zum Besseren gewandelt. Zum einen sorgt die starke Nachfrage nach Flügen in Europa, Amerika und Asien gemeinsam mit den anhaltend niedrigen Ölpreisen für nachlassenden Preisdruck. Zum anderen ist es der Lufthansa gelungen, den jahrelangen Tarifstreit mit ihren Piloten zu lösen. Zu guter Letzt kann der Konzern im Zuge der Insolvenz von Air Berlin seine Marktstellung auf dem Heimatmarkt deutlich ausbauen. Die Pleiten von Alitalia und dem britischen Konkurrenten Monarch sorgen zudem für einen Abbau der Überkapazitäten auf dem europäischen Markt.

Volltreffer der KGV-Analyse



Gut für Leser von BÖRSE ONLINE: Sie waren bei der Rally der Lufthansa-Aktie von Anfang an dabei. Denn unsere große KGV-Analyse vor rund einem Jahr förderte eine massive Unterbewertung des Airline-Titels zutage (siehe Ausgabe 42/2016). Auf Basis der von Analysten für 2017 erwarteten Gewinne wurden die Lufthansa-Papiere damals mit einem KGV von lediglich fünf gehandelt - ein Schleuderpreis. "Mit Blick auf die Bewertung können Anleger kaum etwas falsch machen", lautete vor einem Jahr unser Fazit.

Die Lufthansa-Aktie war noch nicht einmal unsere Top-Empfehlung. Mit fast 150 Prozent Plus legten die Anteilscheine von Cliq Digital, einem Anbieter von mobilen Apps, Software, Spielen und Unterhaltung, sogar noch stärker zu.

Insgesamt konnten Anleger mit sieben der acht im vergangenen Jahr empfohlenen Papiere Gewinne erzielen (siehe Tabelle). Ein gleichgewichtetes Portfolio aus allen acht Aktien hätte einen Zuwachs von 53,8 Prozent gebracht. Dem steht im gleichen Zeitraum ein Plus von knapp 22 Prozent beim DAX gegenüber. Selbst der beste Nebenwerte-Index, der TecDAX, schaffte "nur" gut 39 Prozent.



Der große Erfolg ist für uns Grund genug, auch 2017 wieder auf die Suche nach den "KGV-Wundern" zu gehen. Dazu steht mit der Datenbank Deutsche Aktien von BÖRSE ein ideales Werkzeug zur Verfügung. Dort finden Sie unter anderem die KGV-Angaben zu über 520 Wertpapieren. Die Kennziffer wird errechnet, indem der aktuelle Aktienkurs durch den für 2018 prognostizierten Gewinn je Aktie geteilt wird.

Auf Seite 2: Wachstum voraus





Wachstum voraus



Grundsätzlich gilt: Je niedriger das KGV, desto günstiger ist ein Titel. Bei den Gewinnprognosen greifen wir zum einen auf die Angaben von Analysten zurück, zum anderen stellen wir zusätzlich eigene Berechnungen an. Um ein Bild von der fundamentalen Lage der Firmen zu erhalten, lesen wir Quartals- und Geschäftsberichte, führen persönliche Gespräche mit Vorständen und Branchenspezialisten und besuchen Analysten- und Investorenkonferenzen.

Grundsätzlich sind Gewinnprognosen mit Unsicherheiten behaftet. Wenn sich die Rahmenbedingungen, etwa durch konjunkturelle Umschwünge wie in den Jahren 2008 und 2009, plötzlich ändern, verliert das KGV seine Eigenschaft als verlässlicher Indikator. Eine scharfe Rezession ist aus heutiger Sicht allerdings unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Der Internationale Währungsfonds (IWF) sagt für das laufende Jahr ein globales Wachstum von 3,6 Prozent und für das kommende Jahr von 3,7 Prozent voraus.

An der Börse haben sich die guten Wachstumsaussichten in Form von stattlichen Kursanstiegen ja bereits niedergeschlagen. Die Folge: Während im Vorjahr noch 80 Einzeltitel ein einstelliges KGV aufgewiesen hatten - was unter Börsianern als moderate Bewertung gilt -, hat sich die Anzahl dieser "Super-Schnäppchen" dieses Jahr auf nur noch 35 reduziert. Unter diesen Titeln wiederum haben wir die zehn aussichtsreichsten ausfindig gemacht und stellen sie Ihnen ausführlich vor.

Auf Seite 3: Die 10 KGV-Schnäppchen: AAP Implantate und Accentro Real Estate





AAP Implantate: Mögliche Übernahme sorgt für Fantasie



Eine gehörige Portion Vorschusslorbeeren räumten Börsianer AAP Implantate ein, seit das Medizintechnikunternehmen Mitte August dieses Jahres bekannt gegeben hat, verschiedene strategische Alternativen zur Wertsteigerung zu evaluieren. Dazu gehören unter anderem Entwicklungspartnerschaften und Lizenzabkommen sowie Joint-Venture-Vereinbarungen bis hin zu Unternehmenstransaktionen wie zum Beispiel Fusionen, Share- oder Asset-Deals sowie Carve-outs. Die Aktie ist seitdem um mehr als 20 Prozent gestiegen. Anleger spekulieren darauf, dass es AAP Implantate gelingen wird, den Wert des Trauma-Produktportfolios zu heben. Nach dem Verkauf des Biomaterialienbereichs im Jahr 2015 haben sich die Berliner auf diesen zukunftsträchtigen Bereich spezialisiert. Dort soll neben etablierten Produkten wie Schrauben und Platten vor allem durch neue Beschichtungsformen Wachstum erzielt werden.

Auf Basis der Halbjahreszahlen hat sich der Trauma-Umsatz um 14 Prozent auf 5,2 Millionen Euro erhöht. Im Best Case münden die strategischen Überlegungen des Managements in eine Komplettübernahme. Allerdings ist kein fester Zeitplan vorgesehen. Darüber hinaus besteht keine Gewähr, "dass die Evaluation der verschiedenen strategischen Alternativen durch den Vorstand zum Abschluss oder Vollzug einer Transaktion führen wird", teilte das Unternehmen mit. Eine Wette können risikobereite Anleger aber allemal wagen. Denn die AAP-Aktie ist alles andere als teuer. Auf Basis des für 2018 erwarteten Gewinns je Anteilschein errechnet sich ein attraktives KGV von lediglich rund sieben. Ein potenzieller Käufer müsste da auf jeden Fall noch eine Schippe drauflegen.



Accentro Real Estate: Aufholjagd läuft auf vollen Touren



Keine Frage: Der Berliner Wohnungsmarkt boomt. Die Preise für Eigentumswohnungen in der deutschen Hauptstadt haben sich allein seit 2010 verdoppelt. Ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht. Nach Bevölkerungsprognosen wird Berlin bis 2030 um gut 180 000 Einwohner wachsen. Das entspricht etwa der Größe einer Stadt wie Saarbrücken. In diesem Umfeld haben sich mehrere börsennotierte Immobilienunternehmen bestens positioniert. Eines davon ist Accentro Real Estate. Kerngeschäft des Konzerns ist die sozialverträgliche und mieternahe Wohnungsprivatisierung. Dazu werden zum einen Einzelwohnungen aus eigenen, zu diesem Zweck erworbenen Beständen verkauft sowie Privatisierungsdienstleistungen im Auftrag Dritter angeboten.

Zielgruppen sind nicht nur Kapitalanleger, sondern auch am Kauf ihrer Wohnung interessierte Mieter sowie Erwerber von Wohneigentum zur Selbstnutzung. Außerdem kauft Accentro Real Estate Wohnungsbestände, die anschließend im Eigenhandel privatisiert werden. Nach einem deutlichen Rückgang bei Umsatz und Gewinn im ersten Halbjahr läuft eine Aufholjagd. Nach mehreren erfolgreichen Immobilientransaktionen wurde Anfang Oktober die Jahresprognose bestätigt. Demnach will Accentro Real Estate das herausragende Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 34 Millionen Euro aus dem Vorjahr halten. Auf dieser Basis ist die Aktie deutlich zu niedrig bewertet. Zudem schwingt ein Schuss Extrafantasie mit: Da seit Juni 2014 mehr als 86 Prozent des Unternehmens dem Konkurrenten Adler Real Estate gehören, ist eine Komplettübernahme - mit entsprechender Prämie auf den aktuellen Aktienkurs - jederzeit denkbar (siehe auch Seite 4).



Auf Seite 4: Adler Real Estate und ElringKlinger





Adler Real Estate: Immobilieninvestor mit glücklichem Händchen



Schon mehrfach in der Vergangenheit hat das Management von Adler Real Estate sein gutes Näschen bei größeren Investments bewiesen. Die Übernahmen von Accentro Real Estate Mitte Juni 2014 und Westgrund ein Jahr später entwickelten sich zum Wachstumstreiber des Wohnimmobilienkonzerns (siehe auch Seite 3). Im August 2015 erfolgte mit dem 24,8-prozentigen Einstieg bei Conwert Immobilien Invest der bislang größte Coup. Denn wenig später lancierte Deutschlands Wohnungskonzern Nummer 1, Vonovia, ein Übernahmeangebot für die Österreicher. Adler diente seine Aktien im September 2016 an und erzielte dabei einen Buchgewinn von 34 Millionen Euro. Experten gehen davon aus, dass sich das Übernahmekarussell in der deutschen Immobilienbranche weiter drehen wird.

Denn nach dem Vonovia-Conwert-Deal steht die Nummer 2 der Branche, Deutsche Wohnen, unter Zugzwang. Spekulationen zufolge hat der Konzern Adler Real Estate im Visier. Da die Großaktionäre des potenziellen Übernahmeziels fast allesamt Finanzinvestoren sind, ist ein Deal durchaus denkbar. Um diese aus der Reserve zu locken, ist aber ein kräftiger Aufschlag auf den aktuellen Aktienkurs nötig. Derweil legt Adler Real Estate den Fokus auf die Verbesserung der Finanzierungsstruktur. Allein im ersten Halbjahr 2017 hat das Unternehmen rund 380 Millionen Euro an Verbindlichkeiten zurückgezahlt. Diese Maßnahme trägt erheblich dazu bei, den Zinsaufwand zu verringern und den freien Cashflow zu erhöhen - mit entsprechend positiven Effekten in Bezug auf die Bewertungsrelationen der ohnehin schon günstigen Aktie. Der innere Wert (NAV) lag zur Jahresmitte mit 15,87 Euro je Aktie deutlich über der aktuellen Notiz.



ElringKlinger: Autozulieferer löst seine Probleme



Mit Schwierigkeiten der ganz besonderen Art sah sich ElringKlinger in den vergangenen beiden Jahren konfrontiert. Übervolle Auftragsbücher machten bei dem Zulieferer der Automobilindustrie Sonderfrachten nötig, was trotz steigender Umsätze auf den Gewinn drückte. Mit der Produktionsverlagerung nach Ungarn und der Reduzierung des Personalbestands bei der problembehafteten Schweizer Tochter versuchte der Autozulieferer, das Ruder herumzureißen. Mit Erfolg: Bereits Ende 2016 zeichnete sich eine Stabilisierung ab. Zum einen hatte ElringKlinger ein starkes Schlussquartal hingelegt. Zum anderen sorgte an der Börse für Erleichterung, dass das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2016 am Ende mit 140,4 Millionen Euro ungefähr auf dem Vorjahresniveau - und damit wie geplant am unteren Ende der Prognosebandbreite - landete. Im laufenden Geschäftsjahr setzte sich der Aufwärtstrend fort. Dank einer guten Auftragslage besonders in Nordamerika und Asien hat der Konzern im zweiten Quartal 2017 einen Umsatz von 407,8 Millionen Euro verbucht - 4,3 Prozent mehr als im Vorjahresquartal.

Das Ebit legte trotz der Einführung einer konzernweiten Organisationssoftware am Standort in der Schweiz sowie durch höhere Vertriebskosten in Nordamerika um 1,7 Prozent auf 35,8 Millionen Euro zu. Im Gesamtjahr sollen die Erlöse um zwei bis vier Prozentpunkte stärker wachsen als der Markt, für den das Management ein Plus von ein bis zwei Prozent sieht. Die operative Marge soll bei neun bis zehn Prozent landen. Kehrt ElringKlinger in die Erfolgsspur zurück, sind bei den mit einem KGV von knapp neun bewerteten Anteilscheinen langfristig deutlich höhere Kurse drin.



Auf Seite 5: Eyemaxx Real Estate und Ifa Systems





Eyemaxx Real Estate: Kursdelle bietet erneute Einstiegschance



Ein rasantes Wachstum hat der auf Gewerbe- und Wohnimmobilien spezialisierte Projektentwickler Eyemaxx Real Estate in den vergangenen Jahren an den Tag gelegt. Der Konzern erwirbt, entwickelt und realisiert Objekte, die meist noch während der Projektentwicklung an Investoren verkauft werden. Im ersten Halbjahr 2016/17 hat Eyemaxx Real Estate das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 30 Prozent auf 4,47 Millionen Euro ausgeweitet. Gleichzeitig kletterte der Umsatz um 48 Prozent auf 2,07 Millionen Euro. Im Berichtszeitraum wurde unter anderem beim bislang größten Projekt der Eyemaxx-Unternehmensgeschichte, dem "Postquadrat" in Mannheim mit über 170 Millionen Euro Projektvolumen, eine mündliche Einigung über den mittlerweile vertraglich fixierten Verkauf des Hotel-Teilprojekts an AccorInvest Germany erzielt. Kehrseite der Medaille ist der wachsende Kapitalbedarf.

Nach einem Aktienverkauf im September 2017, bei dem Eyemaxx Real Estate brutto knapp fünf Millionen Euro zugeflossen waren, soll eine außerordentliche Hauptversammlung am 28. November eine weitere Kapitalerhöhung von bis zu circa zehn Prozent des Grundkapitals beschließen. Mit den frischen Mitteln sollen neue Projekte in den Kernmärkten Deutschland und Österreich realisiert und die Projektpipeline von mittlerweile über 740 Millionen Euro noch erweitert werden. Da solche Maßnahmen die Aktie in der Vergangenheit stets nur kurzfristig belastet haben, sollte auch die aktuelle Kursdelle wieder eine Einstiegsgelegenheit sein. Wir passen Ziel und Stopp nach unten an.



Ifa Systems: Attraktiver Nischenplayer mit Aufholpotenzial



Zwischen 2007 bis 2014 hat Ifa Systems den Gewinn um durchschnittlich 15,7 Prozent pro Jahr gesteigert. Damit landete der Anbieter für Software, IT-Dienstleistungen und medizinische Informationssysteme für die Augenheilkunde nach einer Auswertung von BÖRSE ONLINE auf Platz 7 der wachstumsstärksten deutschen Unternehmen. Mit einer operativen Marge (Ebit) von 21,4 Prozent gehörte Ifa Systems zudem zu den profitabelsten Gesellschaften hierzulande. Aufgrund der eindrucksvollen Zahlen rückte die Gesellschaft bei der Medizintechnikfirma Topcon in den Fokus: Die Japaner legten ein Übernahmeangebot von 15,20 Euro je Ifa-Systems-Aktie vor. Davon hat sich der Titel inzwischen deutlich nach unten entfernt. Der Grund: Topcon hat veranlasst, dass die Deutschen aktivierte Entwicklungsaufwendungen für neue Projekte abschreiben müssen. Dies belastet das Ifa-Ergebnis und führte 2016 zu einem Verlust. Doch nun zeichnet sich allmählich eine Stabilisierung des Aktienkurses ab, wozu auch die stetigen Insiderkäufe von Ifa-Systems-Vorstand Jörg Polis beigetragen haben dürften (siehe auch Ausgabe 42/17) - ein starkes Vertrauenssignal.

Derweil laufen die Geschäfte des Unternehmens auf Hochtouren weiter: Der Umsatz stieg im ersten Semester um 15,4 Prozent auf 3,3 Millionen Euro. Im Gesamtjahr will Ifa Systems bei Erlösen von 8,5 bis neun Millionen Euro beim Ebit eine schwarze Null erreichen. Gelingt das Unterfangen, sollte der Aktienkurs wieder in zweistellige Regionen vordringen können.





Auf Seite 6: RWE Vz. und Schaeffler





RWE Vz.: Einstiger Börsenschwächling ist wieder gefragt



Etwa acht Jahre lang - von Ende 2008 bis Ende 2015 - hielt der Abwärtstrend der RWE-Aktie an. In diesem Zeitraum mussten die Aktionäre einen Kursverlust von rund 90 Prozent über sich ergehen lassen. Nachdem sich im vergangenen Jahr bereits eine gewisse Stabilisierung abgezeichnet hatte, könnte 2017 als Jahr der Wiederauferstehung in die RWE-Börsengeschichte eingehen. Mit einem Plus von 80 Prozent ist der Titel bis dato der zweitstärkste DAX-Wert hinter der Lufthansa. Börsianer würdigen die Auslagerung der Netze und der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen in die Tochter Innogy, die vor etwas mehr als einem Jahr umgesetzt wurde. Zudem scheint die lange Talfahrt bei den Großhandelspreisen für Strom zu Ende zu gehen, weshalb RWE die Gewinnprognose für 2017 bereits angehoben hat. Die Einigung, was die Entsorgung des Atommülls angeht, und die 1,7 Milliarden Euro schwere Erstattung der Brennelementesteuer heizten die Rally zusätzlich an. Der Aufwärtstrend könnte anhalten, da der jederzeit mögliche Verkauf des restlichen Innogy-Anteils Milliarden in die Konzernkasse spülen würde.

Aktuell sind die im DAX notierten RWE-Stammaktien mit dem 12,9-Fachen der für 2018 von Analysten geschätzten Gewinne bewertet. Noch um einiges günstiger zu haben sind die RWE-Vorzüge. Gemessen am KGV von 9,8 notiert der Titel mit einem Abschlag von fast 25 Prozent gegenüber den Stämmen. Der Bewertungsabschlag geht auf das fehlende Stimmrecht bei Hauptversammlungen zurück. Doch für Kleinanleger dürfte dieser Aspekt kaum eine Rolle spielen.



Schaeffler: Die Elektro-Aufholjagd hat begonnen



Die Gewinnwarnung von Schaeffler im Sommer hat die Diskussion über die Wachstumsaussichten und die Widerstandsfähigkeit der Margen im Autozulieferergeschäft wieder angefacht. Während einige Analysten die komplette Branche in Zweifel zogen, sehen andere die Probleme vor allem bei Schaeffler selbst. In der Tat ist die Gesellschaft in besonderem Maße vom Geschäft mit Verbrennungsmotoren abhängig und daher stark vom wachsenden Preisdruck betroffen. Hinzu kommen temporäre Lieferengpässe, die ebenfalls auf die Marge drückten. Damit noch nicht genug: Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld führte auch höhere Entwicklungskosten im Bereich der Elektromobilität an. Die Investitionen sind dringend notwendig, will der Konzern den Anschluss in dem wachstumsträchtigen Bereich nicht verpassen. "Wir haben mit der Aufholjagd begonnen", sagte Rosenfeld in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Das trifft auch auf den Aktienkurs zu, der deutlich aufholen konnte.

Ausgehend vom Jahrestief ging es bis dato um knapp 20 Prozent nach oben. Da die Analysten des Bankhauses Metzler weitere Negativmeldungen für sehr unwahrscheinlich halten, könnte der Trend durchaus noch anhalten - zumal die Aktie nicht teuer ist. Im Gegenteil: Mit einem 2018er-KGV von 8,4 zählt der Titel zu den günstigsten deutschen Aktien.



Auf Seite 7: Talanx und Wüstenrot & Württembergische





Talanx: Konservative Ziele lassen Luft nach oben



Das Niedrigzinsumfeld macht den Versicherungskonzernen zu schaffen. Einerseits verlieren viele klassische Produkte mit lebenslanger Garantie für Neukunden an Attraktivität. Zugleich haben die Versicherer Probleme, die Renditen zu erwirtschaften, die sie ihren Kunden einst versprochen haben. Doch im Lauf der Zeit haben sich die Versicherungen an die neuen Rahmenbedingungen angepasst. Zum Beispiel Talanx: "Die ersten sechs Monate sind trotz eines weiter herausfordernden Marktumfelds gut verlaufen", erklärte Vorstandschef Herbert Haas anlässlich der Vorlage der Halbjahreszahlen. Gut lief es für den Konzern insbesondere im deutschen Privat- und Firmenkundengeschäft sowie in der Industrieversicherung.

Zudem profitierte Talanx von geringeren Belastungen durch Naturkatastrophen und Großschäden. Entsprechend stieg das operative Ergebnis (Ebit) um mehr als fünf Prozent auf 1,12 Milliarden Euro. Der Gewinn kletterte um fast 15 Prozent auf 463 Millionen Euro. Damit noch nicht genug: Für das Gesamtjahr stellte Haas ein Konzernergebnis von 850 Millionen Euro in Aussicht - 50 Millionen Euro mehr als bisher. Die Deutsche Bank hält den angehobenen Ausblick noch immer für zu konservativ. Der zuständige Analyst weist zudem darauf hin, dass Talanx seine Jahresziele in der Vergangenheit stets erst nach dem dritten Quartal angepasst habe. Der frühere Zeitpunkt zeuge daher von der Zuversicht des Managements. Insofern ist bei der nächsten Zahlenvorlage am 13. November für Spannung gesorgt.





W & W: Aktie wird von Anlegern endlich entdeckt



Manchmal zahlt sich an der Börse Geduld aus. Beispiel Wüstenrot & Württembergische (W & W): Die Aktie des Versicherungskonzerns zählte schon im vergangenen Jahr zu unseren "KGV-Wundern". Damals hatten die Anteilscheine gerade eine fast dreijährige Seitwärtsphase durchlaufen. Dieser Trend hielt bis weit in das Jahr 2017 hinein an. Doch vor etwas mehr als drei Monaten setzten die Papiere urplötzlich zum Sprung nach oben an. Auslöser war die Anhebung der Gewinnprognose.

Demnach wird der 2017er-Jahresüberschuss "das Vorjahresergebnis von 235 Millionen Euro erkennbar übersteigen", so das Unternehmen. Bislang hatte W & W lediglich einen Gewinn in der Größenordnung des Jahres 2016 prognostiziert. Die Anhebung der Prognose beruht auf Zuwächsen im Neugeschäft, den Effekten von Maßnahmen in Vertrieb und Kundenbetreuung sowie einem bislang sehr günstigen Schadensverlauf im Bereich der Sachversicherung. Zusätzlich wird sich ein erwarteter Einmaleffekt aus einem Portfolioverkauf positiv auswirken. Angesichts des anhaltenden Immobilienbooms in Deutschland rechnet der W & W-Konzern für die zweite Jahreshälfte mit Wachstumsimpulsen beim Bausparen und der Baufinanzierung. Auch für die weitere Entwicklung des Versicherungsgeschäfts, insbesondere die Sparte Schaden/Unfall, bleibt der Konzern optimistisch. Somit zahlen sich die hohen Investitionen in die Digitalisierung, aber auch in den klassischen Vor-Ort-Vertrieb aus. Bleiben wesentliche Schadenereignisse aus, rechnen wir mit weiteren Prognoseanhebungen.