"Überall in Europa rumort es", sagt Gottfried Heller am Samstag beim Kostolany-Börsenseminar des Vermögensverwalters Fiduka in München. Großbritannien verlässt die EU, Katalonien will unabhängig werden. 2018 wählt Italien ein neues Parlament. Dazu kommt: "Erstmals in der Nachkriegszeit hat es eine ultrarechte Partei in den Bundestag geschafft", sagt Anlage-Experte Heller. Unruhe gibt es nicht nur auf dem alten Kontinent: Nordkorea entwickle sich immer mehr zum Kriegstreiber.

Das eindeutig größte Risiko für die Börsen sei US-Präsident Donald Trump. "Trump richtet mit seiner narzisstischen Persönlichkeitsstörung Schaden an, in Amerika und in der Welt". Die USA seien unter Trump als Ordnungsmacht der Weltpolitik zunehmend ausgeschieden. Davon profitiere China. "Nicht gerade zu unserem Vorteil", meint Heller.

"Die Welt wird immer labiler und gefährlicher", sagt Heller. Die Finanzwelt scheine sämtliche Konflikte, Krisen, Kriege und Terror aber völlig auszublenden. Die Börsen seien seit der Trump-Wahl weltweit fast ununterbrochen gestiegen - zwischen 20 und fast 30 Prozent. Vor allem die amerikanischen. "Und das nicht trotz Trump, sondern wegen seiner Unfähigkeit, etwas durch den Kongress zu bekommen". Denn das, was die Börsen am liebsten hätten, sei ein Patt in der Regierung.

Dazu komme: Die Volatilitätsindizes VDAX sowie der amerikanische VIX Index stünden extrem niedrig, was völlige Sorglosigkeit andeuten würde. "Das ist natürlich auch gefährlich", sagt der Anlageexperte. Es könne gut sein, dass es in nächster Zeit eine Korrektur gebe. Denn: Trumps großes Steuerreformprogramm werde in der geplanten Form, auf die die Börse bisher spekuliert habe, wohl nicht durchgehen.

Börsianer müssten eine Antwort auf die turbulente Zeit finden. Die Lösung bei der Geldanlage ist laut Heller eine weitsichtige Langfriststrategie, die stabil und wetterfest ist.

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Mehr Rendite



Wie soll diese Strategie konkret aussehen? Heller hat hier eine klare Vorstellung: Er setzt dafür auf kostengünstige ETFs, also börsengehandelte Indexfonds, die einen Index wie den Dax nachbilden. "Sie machen den Kauf eines Börsenindex genauso leicht wie den Kauf einer einzelnen Aktie", erklärt Heller. Mit solchen Indexfonds könnten Anleger auch gezielt Nebenwerte oder Unternehmen, die hohe Dividenden zahlen, kaufen.

Aus solchen ETFs könne man einfach und kostengünstig ein weltweit breit gestreutes und damit weniger risikoanfälliges Portfolio aufbauen - das eine höhere Rendite abwerfe und gleichzeitig weniger schwanke. "Wenn Anleger 20 weltweite ETFs im Portfolio haben, können sie damit zum Beispiel in mehr als 12.000 Einzeltitel investiert sein", rechnet Heller vor.

Wichtig sei vor allem, das Investment weltweit zu streuen und in bestimmte Aktienklassen zu investieren. "Das hilft, die Schwankung deutlich zu reduzieren. Und die Rendite steigt".

Bei den Aktienklassen hat Heller klare Favoriten: Der Anlageprofi schlägt vor, für höhere Renditen vor allem in Value-Aktien sowie in Nebenwerte und Schwellenländer-Aktien zu investieren. Hellers Tipp: Diese drei Gruppen sollten Anleger im Portfolio übergewichten. Damit könne man ein stabileres, risikoärmeres Portfolio gestalten. Valuetitel etwa seien "Mauerblümchen": Niemand würde sie besonders beachten, sie seien günstig und hätten zudem eine meist hohe Dividende. Das Gegenteil davon seien Wachstumspapiere wie Amazon, Google oder Facebook. Sie seien hoch bewertet und würden höchstens eine kleine Dividende oder gar keine ausschütten. Langfristig würden Value-Aktien die Wachstumstitel übertrumpfen. Nebenwerte hätten eine höhere Rendite als die großen Titel, Schwellenländer performten besser als Industrietitel.

Indexfonds seien dabei wichtig für Anleger: "Sobald sie international, in Nebenwerte und in Schwellenländer gehen, sollten Anleger das nutzen, was ihnen die Finanzwirtschaft heute zur Verfügung stellt". Denn anders als bei Standardwerten kenne man etwa als deutscher Anleger die Unternehmen meist nicht gut. Ein Index liefere hier bereits eine qualifizierte Vorauswahl.

Von Kryptowährungen wie Bitcoin hält der Börsenaltmeister nichts. "Bitcoin ist ein einziger Betrug. Man weiß nicht, wer dahinter steckt." Zudem gebe es keine Sicherheit dahinter. Das sei zwar auch beim Euro der Fall: Hinter der Gemeinschaftswährung stünde aber zumindest die Wirtschaftskraft Europas.

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Weniger Risiko



Gleichzeitig sei die höchste Priorität beim Aufbau eines Portfolios, Verluste zu vermeiden. Mit einer breiten Streuung könnten Anleger schon 60 Prozent des Risikos beseitigen. Ein Restrisiko von 40 Prozent bleibe aber. Um sich hier weiter abzusichern, schlägt Heller vor, risikolose Investments mit ins Portfolio zu nehmen. Das seien derzeit etwa Bundesanleihen mit einer kurzen Laufzeit von ein bis drei Jahren. "Sie haben praktisch keine Rendite, aber auch keine Kursverluste." Gerade bei ETFs könne man aber auch in Unternehmensanleihen unter Investmentgrade investieren. Solche Anleihen brächten zwar mehr Risiko, aber auch mehr Rendite. Die breite Streuung eines ETFs reduziere das Risiko.

Beim Verhältnis von Aktien und Anleihen im Portfolio rät Heller, die Anleger sollten je nach Alter und Risikoaversion Anleihen beimischen. Wer jung sei und einen langen Anlagehorizont habe, brauche davon weniger. Wer in den mittleren Jahren sei, könne 20 bis 30 Prozent davon mit aufnehmen. "Das ist auch psychologisch wichtig: So neigen Anleger nicht so leicht zu Panikverkäufen, wenn eine Börse fällt". Sie brächten zwar höchstens einen kleinen Beitrag zur Rendite, würden aber als eine Art Sicherheitsnetz fürs Portfolio dienen. "Der Aktienanteil liefert eine langfristig überdurchschnittliche Rendite, der Anleiheteil sorgt für die Stabilität."

Zusammenfassend hänge der langfristige Erfolg eines Portfolios vor allem von der Struktur ab und weniger von der Auswahl der Einzelaktien oder vom Timing. Die Strategie hat Heller im neuen Fiduka Pro Select Weltfonds umgesetzt, der voraussichtlich Anfang Dezember aufgelegt wird. Der Aktienanteil liegt bei 70 Prozent, Anleihen machen 30 Prozent aus. Der Fonds besteht dabei nur aus ETFs. Value- beziehungsweise Dividendenaktien, Nebenwerte und Emerging Markets machen insgesamt 55 Prozent der Titel aus. 20 Prozent hält der Fonds in europäischen Unternehmensanleihen. Der Rest verteilt sich auf europäische Anleihen, Standardwerte und Spezial-ETFs.

Bei den Regionen sind Europa und die USA mit jeweils 28,6 Prozent gleich gewichtet. Asiatische Investments kommen auf einen rund 14-prozentigen Anteil, Schwellenländer auf etwa 21 Prozent. Je nach Risikotoleranz und Anlagehorizont können Anleger laut Heller dann das Verhältnis von Aktien und Anleihen an die eigenen Wünsche anpassen. Für mehr Aktien könnten Anleger etwa einen ETF kaufen, der den MSCI ACWI (All Country World Index) abbildet und einen weltweiten Small Cap ETF dazukaufen. Umgekehrt, wenn mehr Sicherheit gewünscht wird, lasse sich das mit einem ETF mit kurzlaufenden Anleihen machen.

Geldpolitik



Insgesamt geht Heller für 2018 von einem weiter günstigen Umfeld für Aktieninvestitionen aus. In Europa ist die Geldpolitik ultralocker, in den USA zwar etwas straffer, aber immer noch locker", sagt Heller. Interessant könne es werden, wenn die Leitzinsen der EZB und der US-Notenbank Fed künftig womöglich weiter auseinanderklaffen. Das würde den Euro schwächen und Exporte für deutsche Unternehmen günstiger machen. Im Gegenzug würde Deutschland dann aber Inflation importieren. Besonders wenn der Ölpreis steige. Die Frage sei dann, was passiere, wenn die EZB eine Inflation von mehr als zwei Prozent zulasse - und wie deutsche Anleger darauf reagieren würden.