Rainer Hundsdörfer ist sich sicher: "Heidelberg wird wieder ein Leuchtturm des Maschinenbaus werden." Damit nicht genug, der Vorstandschef des Druckmaschinenherstellers Heidelberger Druck setzt sogar noch einen drauf: Das im Kleinstwerteindex SDAX notierte Unternehmen soll das "Amazon der Druckbranche" werden, versprach er jüngst vor Journalisten auf einer Pressekonferenz in Frankfurt. Auch BÖRSE ONLINE war vor Ort und staunte nicht schlecht. Mit dem Ausbau des Digitalgeschäfts werde er den Konzern in eine "neue Wachstumsära" führen, sagte Hundsdörfer und peilt für das Jahr 2022 einen Nettogewinn von "mehr als 100 Millionen Euro" an. Der Umsatz soll von zuletzt 2,5 Milliarden Euro auf drei Milliarden Euro steigen, der operative Gewinn (Ebitda) von 250 bis 300 Millionen Euro zulegen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/17 war das Ergebnis nach Steuern von 28 auf 36 Millionen Euro gestiegen. Hundsdörfer hat sich also viel vorgenommen - das Geschäftsjahr 2017/18 hat er als "Jahr der Wegbereitung" deklariert.

Der Konzern war wegen der Pleite vieler Druckereien in der Finanzkrise und des Umbruchs in der Druckindustrie durch das Internet in die Krise geraten. Zuvor hatte Hundsdörfers Vorgänger Gerold Linzbach das Unternehmen mit einem jahrelangen harten Sanierungskurs zurück in die schwarzen Zahlen geführt. Bereits jetzt liege der Konzern bei der Digitalisierung "deutlich" vor seinen Wettbewerbern, sagte Hundsdörfer.

In Zukunft soll der Konzern nun wie das Onlinekaufhaus Amazon als Serviceplattform agieren. Den Kunden wird außer Druckmaschinen und deren Wartung auch die entsprechende Produktpalette wie Farben und Software angeboten. Das Portfolio soll in wachsenden Märkten wie dem Verpackungs- und Etikettendruck, dem Digitaldruck, bei Verbrauchsmaterialien und Software erweitert werden.

Ein wichtiger Baustein der Wachstumsstrategie sind Zukäufe: Zum 1. Juli kauft Heidelberger von Fujifilm das Geschäft mit Lacken und Drucksaal-Chemikalien in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. Bereits Anfang Juni hatte der Konzern den Kauf des oberfränkischen Softwareanbieters Docufy bekannt gegeben, der sich auf technische Dokumentationen spezialisiert hat. Zusammen kosten die beiden Zukäufe rund 20 Millionen Euro, sie sollen zusätzlichen Umsatz von gut 30 Millionen Euro bringen. Auch für weitere Übernahmen sei ausreichend Spielraum vorhanden, sagte Finanzchef Dirk Kaliebe. Zudem soll die Produktion in China ausgebaut werden - ohne das Stammwerk in Wiesloch zu belasten.

Im laufenden Geschäftsjahr wird das Streben des Konzerns noch nicht sichtbar werden: Der Umsatz dürfte das Vorjahresniveau erreichen und erst ab dem nächsten Jahr kontinuierlich steigen. Die Ebitda-Marge soll durch weitere Effizienzsteigerungen bei sieben bis 7,5 Prozent liegen.

Charttechnisch vor dem Durchbruch



Wann Aktionäre, die seit Jahren auf eine Dividende verzichten müssen, von den Früchten des Umbaus etwas abbekommen, ließ Kaliebe offen. Eine Ausschüttung sei "kurzfristig noch kein Thema". Zuvor solle die Eigenkapitalquote, die sich zuletzt von sieben auf 15 Prozent erhöhte, stabil über 20 Prozent liegen. An der Börse kamen die Worte des Vorstands gut an: Die Aktie stieg jüngst auf den höchsten Stand seit November 2015 und steht nun auch charttechnisch vor dem großen Durchbruch.