Trotz der mauen Weltwirtschaft verbesserte sich die Stimmung in den Chefetagen im September viel stärker als erwartet. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg auf den höchsten Stand seit Mai 2014 - auf 109,5 Punkte von 106,3 Zählern im Vormonat. "Die deutsche Wirtschaft erwartet einen goldenen Herbst", ergänzte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Nach zwei Rückgängen in Folge kamen die Daten für die Fachwelt völlig überraschend. Keiner der 39 von Reuters befragten Ökonomen hat auch nur annähernd mit einem solchen Anstieg gerechnet - es war das größte Plus seit Juli 2010. Im Mittel hatten die Experten nur einen Mini-Anstieg erwartet und reagierten dementsprechend erstaunt. "Wow! Das war ein wichtiger Pflock, den die Unternehmen gegen den zunehmenden Pessimismus eingeschlagen haben", sagte DekaBank-Analyst Andreas Scheuerle. "In einem Schwung wurde das Tal der Tränen überwunden."

Nach dem Brexit-Votum vor drei Monaten hatten viele Konjunkturforscher ihre Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft für 2017 gesenkt. Denn Großbritannien ist nach den USA und Frankreich der drittgrößte Absatzmarkt für Waren "Made in Germany". Die deutschen Exporte brachen im Juli wegen der schwachen Weltkonjunktur auch so stark ein wie seit dem Krisenjahr 2009 nicht mehr. Zuletzt senkte die Weltbank ihre Prognose für die globale Wirtschaft, auch die OECD sieht die Weltwirtschaft in einer "Falle niedrigen Wachstums".

Für Impulse sorgt derzeit aber vor allem die Inlandskonjunktur - also die Verbraucher mit ihrem Konsum oder die Bauwirtschaft, die angesichts der seit Jahren niedrigen Zinsen vom Boom im Wohnungsbau profitiert. Sowohl Einzelhandel als auch Baubranche erhöhten jüngst ihre Geschäftsziele für 2016. "Das Bauhauptgewerbe setzt seinen Höhenflug fort, der Geschäftsklimaindex erreichte ein neues Rekordniveau", erklärte das Ifo-Institut. Insgesamt beurteilten die rund 7000 befragten Manager sowohl die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate als auch die gegenwärtige Lage günstiger als zuletzt. Die Industrie blickte vor allem dank besserer Aussichten deutlich zuversichtlicher in die Zukunft. Im Groß- und Einzelhandel ging die Stimmung ebenso nach oben.

KONJUNKTURRISIKO TRUMP?



Einige Ökonomen warnten jedoch vor Euphorie. "Es bleiben viele Unsicherheiten für die Weltwirtschaft bestehen und lassen befürchten, dass das nun vermeldete Stimmungshoch in Deutschland nur von kurzer Dauer sein könnte", sagte Michael Holstein von der DZ Bank. Auch Thomas Gitzel von der VP Bank aus Vaduz wundert sich über den Optimismus der Firmen und verweist auf die US-Präsidentschaftswahlen: "Mit Donald Trump steht immerhin ein Kandidat in den Startlöchern, der den außenwirtschaftlichen Kurs der größten Volkswirtschaft der Welt infragestellt."

Die deutsche Wirtschaft hatte zu Jahresanfang um 0,7 Prozent zugelegt und im Frühjahr um 0,4 Prozent. Für das jetzt zu Ende gehende dritte Quartal rechnet die Bundesbank mit einem etwas langsameren Wachstum.

rtr