Annan sprach am Donnerstagabend bei den von den Studenten der Technischen Universität München organisierten Speaker Series. "Ein Tweet kann mächtig sein, viel mächtiger als manche autokratische Regierung sich das vorstellen kann", so der Ghanaer, der aus Anlass der Münchner Sicherheitskonferenz in die bayerische Landeshauptstadt gekommen war. Dort besprechen Staatenlenker und Verteidigungsexperten Themen wie Krieg, Terrorismus und die Flüchtlingskrise.

Am Vorabend der Konferenz warnte Annan vor allem vor den Gefahren, die Social Media und neue Technologien für die Freiheit und Demokratie mit sich bringen. Nach Ansicht des Friedensnobelpreisträgers und ehemaligen Generalsekretärs der Vereinten Nationen beginnen nun Regierungen, die Freiheit des Internets zu blockieren und gleichzeitig, sich der sozialen Medien für ihre eigenen Interessen zu bedienen. "Es ist ein neues Schlachtfeld für die öffentliche Meinung entstanden", so Annan.

Für die Menschen sei es gerade wegen der Verbreitung der sozialen Medien immer schwieriger, die Lügen von den Wahrheiten auseinander zu halten. Doch besonders der über die neuen Technologien einfach verbreitete Rassismus oder die Aufrufe zu Gewalt könnten die Demokratien zerstören.

Annan fordert deshalb Transparenz und Regeln, wie sie bereits jetzt schon für Printmedien oder das Fernsehen in vielen Ländern gelten. Ein schlichtes Gesetz, wie es etwa Deutschlands Justizminister Maas mit den Netzwerkdurchsetzungsgesetz versucht habe, könne das wohl nicht lösen. "Ich glaube nicht, dass Gesetze die Online-Welt regulieren können." Vielmehr müssten die Technologie-Giganten wie Facebook oder Google Algorithmen entwickeln, die Fake-News oder Aufrufe zur Gewalt schnell und zuverlässig identifizieren und dann löschen können. Dazu brauche es aber internationale Grundlagen, nach denen das passieren müsse. Denn gleichzeitig gelte es ja auch, die Freiheit der Meinung im Netz zu garantieren.

Angesichts von Entwicklungen wie in Russland oder autokratischen Staaten zeige die Anwendung von Big Data, dass die Orwellsche Vision im Roman "1984" längst keine Fiktion mehr sei. Auch hier sieht Annan die großen Technologie-Konzerne in der Pflicht: "Wem kann man trauen? Wir kann ich Dinge versifizieren? Wie kann ich mich vor Missbrauch durch autokratische Regime schützen?" Ohne eine klare Nennung der Quellen sei das nicht zu lösen.

Annan kritisierte auch die geringe Verantwortung, die große Technologiekonzerne bei der Einführung von neue Produkten für die Gesellschaften und vor allem den Arbeitsmarkt zeigten: "Allein bei der Einführung des selbstfahrenden Autos würden in den USA zwei Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Wer übernimmt die Verantwortung, dass dafür neue Jobs geschaffen werden?, so Annan. Ohne solche Alternativen würden die demokratischen Gesellschaften durch neue Technologien zerstört.

Auch auf die Themen Blockchain und Kryptowährungen ging Annan in seiner einstündigen Rede vor den rund 1500 Studenten und Professoren ein. Weil es etwa keine Regulierungen beim Bitcoin gebe, sei alles eine Sache des Vertrauens und Spekulanten würden Gewinne gerne akzeptieren. "Aber wenn die Leute massiv Geld mit Bitcoins verlieren, werden sie zu den Regierungen kommen und sagen ,warum habt Ihr uns nicht geschützt und das reguliert‘?"

Schließlich erteilte Annan noch politischen Trends wie nationalen Egoismen eine Absage: "Die Welt ist global geworden und kein Land kann die aktuellen Probleme für sich allein lösen." Und besonders mit Blick auf die Versuche von Einflussnahmen von Regierungen per Social Media mahnte Annan: "Wir können nicht zurück in die Zeiten des Kalten Krieges." Ohne Sicherheit - auch in den sozialen Medien - gebe es keine Entwicklung, keinen Rechtsstaat und auch keine Menschenrechte.