Die Herbstsonne strahlt über dem italienischen Aktienhimmel. Ob Bluechips oder Nebenwerte, die Anleger haben in diesem Jahr bei Wertpapieren italienischer Unternehmen zugegriffen. Ihren Ausgangspunkt nahm die Rally nach den kurzzeitigen Turbulenzen im Dezember 2016. Ex-Premier Matteo Renzi war damals als Reaktion auf das verloren gegangene Verfassungsreferendum zurückgetreten.

Seitdem hat sich die konjunkturelle Situation im Vergleich zu anderen europäischen Kernstaaten kaum verbessert (siehe Infografik rechte Seite oben). Zudem könnten aus den Parlamentswahlen, die bis zum Frühjahr 2018 ausgerufen werden müssen, populistische europakritische Parteien als stärkste Kräfte hervorgehen. Dennoch sind die Aktienbewertungen deutlich gestiegen.

"Gerade in den Industriesektoren sind etliche Unternehmen inzwischen anspruchsvoll bewertet. Es ist schwieriger geworden, günstige Aktien zu finden. Um höhere Kurse zu rechtfertigen, müssen diese Firmen in den nächsten Quartalen ihre Prognose anheben", meint deswegen Franz Führer, Portfoliomanager bei der auf Nebenwerte spezialisierten Fondsgesellschaft Lupus alpha. Deutlich optimistischer daher kommt die jüngste Marktanalyse der italienischen Investmentgesellschaft Intermonte. Vor allem in der Banken-, Telekom- und Industriebranche sieht sie attraktive Bewertungen.

Der Bewertungsabschlag in der Breite, wie er Italien vor einem Jahr wegen der politischen und ökonomischen Unsicherheitsfaktoren zugebilligt wurde, ist verschwunden. Auch bei einigen unserer Dauerempfehlungen wird die Luft langsam dünn. Das gilt etwa für die auf hochpreisige Wintermode spezialisierte Firma Moncler - ungeachtet der weiterhin starken Zahlen bei Umsatz und Margen. Beim Onlineportal Yoox Net-A-Porter sind Wachstum und Übernahmefantasie inzwischen weitgehend im Kurs enthalten. Begrenzt ist das Potenzial auch beim Autozulieferer De’Longhi.

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Wo Anleger noch zugreifen



Ein klarer Kauf bleibt Prysmian, die weltweite Nummer 1 unter den Herstellern von Glasfaser- und Unterseekabeln. Vor allem eine starke Auftragslage im Telekomsektor hält Umsatz und Margen stabil. Für Hochspannung sorgt in den kommenden Monaten der Übernahmepoker um die US-Firma General Cable. Kommt Prysmian hier zum Zuge, würde das zu einer deutlich steigenden Verschuldung führen, zugleich aber die Top-Position gegenüber dem Erzrivalen, der französischen Nexans, stärken.

Eine starke Kapitalausstattung und eine hohe Dividendenrendite von zuletzt über sieben Prozent sind klare Pluspunkte für die Großbank Intesa Sanpaolo. Unter Vorstandschef Carlo Messina hat sich das Geldhaus auf Vermögensverwaltung, Private Banking und Versicherungswesen ausgerichtet. Damit verdient es gut und ist auch großzügig bei den Ausschüttungen an die Aktionäre.

Der Hörgerätehersteller Amplifon wiederum ist mit neun Prozent Anteil top positioniert in einem globalen Markt mit strukturellem Wachstum. Das Ergebnis je Aktie hat sich zwischen 2013 und 2016 auf 0,28 Euro nahezu verfünffacht. Rückläufige Erlöse und Margen sorgen in einzelnen Quartalen zwar für schwächeres Wachstum, bieten jedoch für langfristig orientierte Anleger derzeit attraktive Einstiegskurse.



Richtig durchstarten dürfte noch OVS, der größte Modehändler Italiens. Seit 2015, dem Jahr des Börsengangs, hat der operative Gewinn um mehr als 60 Prozent zugelegt. Der Konzern ist mit Kinderbekleidung groß geworden, verkauft mittlerweile aber auch Kleidung für Erwachsene im mittleren Preissegment und konkurriert hier mit H & M oder C &A. Zukäufe wie 2016 die Schweizer Modekette Charles Vögele ergänzen das organische Wachstum. Dazu befindet sich OVS derzeit in Verhandlungen mit Zalando, um eine Kinder-Eigenmarke zu entwickeln, die selbst gemanagt wird.



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Italien auf einen Blick











Börse Mailand



Der seit 2007 mit der London Stock Exchange fusionierte Handelsplatz ist gemessen am durchschnittlichen täglichen Wertpapierhandelsvolumen von 2,49 Milliarden Euro im Zeitraum Januar bis September 2017 der aktuell fünftgrößte in Europa. Insgesamt 399 Unternehmen waren Stand Ende September 2017 in Mailand gelistet. Im Leitindex FTSE MIB bilden Banken, Versorger sowie der Ölkonzern ENI mehr als die Hälfte der Marktkapitalisierung. Weitere Börsensegmente sind der FTSE Italia Star sowie der AIM Italia für Nebenwerte.