Die Lufthansa gewinnt nach dem Germanwings-Absturz und den Pilotenstreiks wieder an Flughöhe: Dank eines boomenden Sommergeschäfts und einer niedrigeren Tankrechnung poliert die Kranich-Fluglinie ihre Jahresprognose auf. Das operative Ergebnis soll dieses Jahr nun auf 1,75 bis 1,95 Milliarden Euro steigen, wie die Lufthansa am Donnerstag mitteilte. Bislang ging der größte europäische Luftfahrtkonzern von einem operativen Ergebnis von mehr als 1,5 Milliarden Euro aus, allerdings inklusive der Kosten durch Streiks.

Der neue Schwung zeigte sich vor allem in den zurückliegenden Monaten: "Wir blicken auf eines der besten Quartal in der Lufthansa-Geschichte zurück", sagte der vor anderthalb Jahren angetretene Konzernchef Carsten Spohr.

Im Zeitraum von Juli bis Ende September stieg der Betriebsgewinn um 51 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro, der Umsatz legte um sechs Prozent auf 8,9 Milliarden Euro zu. Getragen wurde der Höhenflug durch mehr Passagiere: In den ersten neun Monaten nahm die Zahl der Fluggäste konzernweit um zwei Prozent auf 83 Millionen zu. Insbesondere in den Urlaubs-Monaten waren die Maschinen häufig bis auf den letzten Platz ausgebucht. Auch der Rivale Air France-KLM verbuchte ein starkes Sommergeschäft. Der operative Gewinn vervierfachte sich im abgelaufenen Quartal nahezu auf 898 Millionen Euro, erklärte das französisch-niederländische Unternehmen.

STREIK-COUNTDOWN BEI UFO LÄUFT



Rückenwind erhielt die Lufthansa, zu der die Fluglinien Swiss, Austrian Airlines und ein Teil von Brussels Airlines gehören, auch durch die niedrigeren Ölpreise. In diesem Jahr dürften die Ausgaben für Flugzeugsprit deshalb nur noch bei 5,7 Milliarden Euro liegen - 300 Millionen Euro weniger als bislang erwartet. Der Kostenposten ist bei Airlines traditionell einer der größten. Die Lufthansa befindet sich mitten im Umbau. Ziel ist es, im Langstrecken-Geschäft Konkurrenten wie Emirates oder Turkish Airlines und in Europa Billig-Rivalen wie Ryanair in Schach zu halten.

Kernstück der Strategie ist der Ausbau der Lufthansa-eigenen Günstigfluglinie Eurowings. Teilen der Belegschaft ist der Kurs ein Dorn im Auge. Die Piloten etwa hatten bis zum Germanwings-Absturz Ende März, bei dem 150 Menschen ums Leben kamen, immer wieder gestreikt.

Mit den jeweiligen Gewerkschaften verhandelt der Konzern seit einigen Monaten wieder über neue Tarifverträge - bislang ohne Erfolg. Ärger droht derzeit vor allem von der Arbeitnehmervertretung der Flugbegleiter Ufo, die bis Sonntag ein neues Tarifangebot fordert. Ufo-Chef Nicoley Baublies rief die Lufthansa-Spitze angesichts der rosigeren Geschäftsaussichten dazu auf, die Sanierung nicht mehr auf dem Rücken der Mitarbeiter voranzutreiben. "Gemeinsam, mit diesen Zahlen im Rücken können wir auch gegen die Ryanairs, die Emirate dieser Welt besser bestehen", sagte er in einem Reuters vorliegenden Brief an die Ufo-Mitglieder.

EXPERTEN: LUFTHANSA HAT KOSTEN-PROBLEM



Gleichzeitig steht die Lufthansa noch vor einer Reihe von Problemen. Die durchschnittlichen Ticketerlöse sanken seit Jahresanfang - positive Währungseffekte herausgerechnet - um vier Prozent. Im vierten Quartal zeichne sich keine Besserung ab, sagte Finanzchefin Simone Menne. Analysten zeigten sich vorsichtig. "Trotz der höheren Prognose bleiben wir skeptisch, ob es der Lufthansa wirklich gelingt, die Kosten nachhaltig in den Griff zu kriegen", sagte Gerald Khoo von der Bank Liberium. Die Ausgaben der Lufthansa stiegen im Kern seit Jahresanfang um ein Prozent.

Auch Anleger hielten sich zurück: Die Aktien der Fluggesellschaft drehten nach einer positiven Handelseröffnung ins Minus und verloren am Donnerstag 4,1 Prozent auf 13,70 Euro. Sie waren damit einer der schwächsten Dax-Werte. Die guten Zahlen für das dritte Quartal dürften zu einem gewissen Maß bereits im Aktienkurs enthalten sein, schreibt DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp in einem Kommentar.