Als Puffer und Ruhepol in stürmischeren Zeiten sollten Anleger ihr Depot auch um Aktien ergänzen, deren Geschäft nicht so starken Schwankungen unterworfen ist. Auf den ersten Blick trifft dies auf MTU Aero Engines nicht zu. Der mit einem Börsenwert von 4,4 Mrd. Euro im MDAX gelistete Nebenwert ist als Hersteller von Triebwerken und Turbinen eigentlich stark von der Entwicklung in der Luftfahrt abhängig. Die höchsten Margen erzielen die Bayern aber mit der Instandhaltung. Und hier liegt der Schlüssel zum Erfolg bei MTU, und damit auch für die Aktie.

Wie bei vielen Unternehmen aus dem MDAX hat sich auch MTU in den vergangenen Jahren eine starke Stellung erarbeitet und so hohe Markteintrittsbarrieren aufgebaut. Im zivilen und militärischen Triebwerksgeschäft werden Produktions-, Entwicklungs- und sonstige Kapazitäten gemeinsam genutzt. Hier besetzt MTU eine technologische Spitzenstellung bei Niederdruckturbinen und Hochdruckverdichtern. In geschätzten 30 Prozent der weltweit zivilen Flugzeugflotte sind Komponenten von MTU enthalten. Forschung und Entwicklung im Militärgeschäft sind in der Regel kundenfinanziert, was weniger Risiko bedeutet. Hohe Anteile an allen wichtigen europäischen Militärprogrammen sorgen für eine breite Aufstellung.

Besonders das zivile Triebwerksgeschäft entwickelte sich in den vergangenen Monaten sehr erfreulich und profitierte vom guten Branchenumfeld. Sowohl die niedrigen Treibstoffkosten als auch global steigende Passagierzahlen von 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sorgen für Auftrieb. Daran dürfte sich vorerst auch nichts ändern. Neben dem anhaltenden Wirtschaftswachstum vergrößern auch die global zunehmende Mittelschicht und der aufgrund des weltweiten Überangebots wohl noch länger niedrige Ölpreis das Potenzial. Entsprechend positiv verläuft die Nachfrage, Airbus und Boeing lieferten in den ersten drei Quartalen 1025 Flugzeuge aus, was einem Anstieg von 5,7 Prozent entspricht. Auch der Auftragsbestand erhöhte sich zuletzt gegenüber dem zweiten Quartal und deutet auf gute Geschäfte in der Zukunft.

Auf Seite 2: Clevere Strategie





Clevere Strategie



Entsprechend erfreulich laufen daher auch die Geschäfte bei MTU. Während die Berichtssaison in Deutschland noch einige Enttäuschungen bereithalten wird, lieferte MTU bereits Fakten. Besonders die EUR/USD-Wechselkursentwicklung spielte dem Konzern in die Karten. In den ersten neun Monaten kletterten die Umsätze um 15,8 Prozent auf 3,26 Mrd. Euro - Rekord. Zwar lagen die Erlöse im dritten Quartal mit einem Anstieg von knapp sechs Prozent auf 1,06 Mrd. Euro leicht unter den Erwartungen. Grund waren aber nur Auftragsverzögerungen, die sich in das vierte Quartal verschoben haben. Wichtig ist ein anderer Aspekt: Aufgeteilt auf die einzelnen Bereiche kletterten die Umsätze im zivilen und militärischen Triebwerksgeschäft um 11,6 Prozent auf 2,14 Mrd. Euro, während die zivile Triebwerkinstandhaltung um knapp 25 Prozent auf 1,15 Mrd. Euro überdurchschnittliche hohe Wachstumsraten aufwies.

Besonders die hohe Bedeutung des Instandhaltungsgeschäfts ist einer der Hauptgründe für die langfristig guten Perspektiven der Aktie. Rund fünf Jahre nach der Auslieferung beginnen meistens die geplanten sowie fallbezogenen Wartungsarbeiten. Anders formuliert: Mit den heute eingebauten Teilen legt MTU die Grundlage für das in den nächsten Jahren notwendige und lukrative Wartungs- und Ersatzteilgeschäft. Nach Angaben vom Bankhaus Lampe ist der Umsatzanteil am zivilen Aftermarket-Geschäft von 49 Prozent wesentlich höher als bei den börsennotierten Konkurrenten wie Safran mit 35 Prozent oder Meggitt mit 28 Prozent. Mit acht Prozent am zivilen Instandhaltungsmarkt sind die Bayern der drittgrößte Anbieter weltweit und der größte unabhängige Anbieter von Instandhaltungsdienstleistungen für zivile Flugzeugtriebwerke. Rund ein Drittel im Aftermarket-Geschäft entfallen auf hochmargigen Ersatzteilverkäufe, der Rest auf die margenschwächeren Instandhaltungsdienstleistungen. Dabei ist MTU sowohl gefragt bei Flugzeugtriebwerken als auch für die Instandhaltung von industriellen Gasturbinen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen.

Richtig Geld verdient MTU also mit der Wartung. Nach Berechnungen vom Bankhaus Lampe entfallen rund 70 Prozent der Ersatzteilumsätze auf drei Triebwerke: V2500, CF6 und PW2000. Letzteres dürfte bis 2020 leichte Rückgänge aufweisen, beim CF6-Triebwerk ist mit stabilen Erlösen zu rechnen. Die Auslieferungen des V2500 haben hingegen erst 2014 ihren wahrscheinlichen Höhepunkt erreicht. In den nächsten Jahren werden hier somit immer mehr Triebwerke in die notwendige Wartungsphase eintreten und so das Wachstum im Ersatzteilgeschäft anschieben. Zwar senkte MTU im Juli wegen einer höheren Zuverlässigkeit und damit längeren Wartungsintervallen seinen Ausblick für das Geschäft. Im Gegenzug profitiert das Unternehmen aber über "Fly-by-Hour"-Verträge, bei dem der Kunde eine festgelegte Gebühr pro Flugstunde zahlt, die ein Triebwerk geleistet hat. Genauere Details könnte das Management auf dem Capital Markets Day am 25. November liefern. Ab 2018 dürfte sich die derzeitige Investitionsphase deutlich in der Profitabilität niederschlagen, schreibt die NordLB in einer Studie.

Auf Seite 3: Dreistellige Kurse in Sicht





Dreistellige Kurse in Sicht



Nicht unterschätzt werden sollten aber auch die Aussichten für das zivile Triebwerkgeschäft, welches in einigen Jahren wiederum das Aftermarket-Wachstum sichert. Airbus und Boeing haben in ihren Büchern Aufträge von über 12.000 Flugzeugen, was einem Produktionszeitraum von acht bis neun Jahren entspricht. Im militärischen Bereich spielen die Triebwerke für den Eurofighter eine große Rolle. Der aktuelle Auftragsbestand von 250 Triebwerken bietet einen Puffer von drei Jahren. Sollte der Export des Flugzeugs in andere Länder ausgeweitet werden, füllt sich auch bei MTU das Auftragsbuch, was sich wiederum positiv in der langfristigen Planung niederschlägt. Das Bankhaus Lampe siedelt den fairen Wert bei 98 Euro an, die NordLB sogar 107 Euro, was einem Potenzial von rund 27 Prozent entspricht. Seit Jahresbeginn stehen Kursgewinne von rund 17 Prozent in den Büchern - eine gute Bilanz. Im DAX weisen nur rund ein Drittel der Papiere eine bessere Performance auf, der Index selbst entwickelte sich deutlich schwächer.



Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de