Besonders verlockend sieht der Fisch aus, der frisch und eisgekühlt vorn rechts an der Fischtheke ausliegt. Was ist das für einer? In welchem Meer ist er geschwommen? Im Supermarkt der Zukunft erhält der Kunde Antwort auf diese Fragen nicht mehr von einem Verkäufer - sie erscheint vielmehr auf einem Display, sobald er ein Produkt auswählt oder darauf deutet. Tierart, Herkunft, Fangmethode und Zeitpunkt der Verarbeitung - alles auf einen Blick. Die intelligente Frischetheke ist nur ein Element, das den Einkauf von morgen prägen wird.

Eine wichtige Rolle spielt das Smartphone: Bereits zu Hause erstellt und speichert es den digitalen Einkaufszettel, im Laden weist es anhand der Liste den optimalen Weg durch den Markt. Interaktiv leitet ein Artikelfinder den Kunden geschickt durch die Gänge auf dem schnellsten Weg vom Fisch zum Reis, zu Senf und Zitrone.

Unterwegs kann der Kunde an festen Stationen mittels QR-Code Rezepte mitnehmen. Holt er dann ein Produkt aus dem Regal, erscheint auf seinem Smartphone oder einem Display eine Liste mit Inhaltsstoffen; greift er nach einer weiteren Packung, werden beide verglichen.

Hält der Kunde die Kamera seines Smartphones an ein Produkt, zeigt eine App an, ob dieses zu seinem Diätplan, veganen Lebensstil oder Allergieprofil passt: Ein grüner Haken heißt "ja", ein rotes Kreuz "nein". Und ein gelbes Kreuz zeigt an, ob das Produkt Spuren von Allergenen oder unerwünschten Zusatzstoffen enthält. "Viele Kunden wollen heute genau wissen, welche Inhaltsstoffe in einem bestimmten Produkt enthalten sind", sagt Sven Gehring, Wissenschaftler am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken.

In der Weinabteilung empfängt ein digitaler Sommelier den Einkäufer, wartet mit Informationen zu Wein- und Rebsorten auf und empfiehlt idealerweise gar den passenden Tropfen zum Fisch.

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Elektronische Preisschilder ermöglichen es dem Marktbetreiber, die Preise flexibel anzupassen, sie etwa für Obst und Gemüse kurz vor Ladenschluss zu senken. Für den Supermarkt entfällt das zeit- und personalintensive Umetikettieren bei Preisänderungen, zudem können die Preise unkompliziert mit denen der Online-shops abgestimmt werden. Auch der Einkauf von morgen muss bezahlt werden. Dabei werden die Kunden - wie bereits beim schwedischen Möbelhaus Ikea möglich - zunächst immer häufiger selbst die Barcodes auf den Waren scannen und per Karte zahlen. Entwickelt werden jedoch bereits Systeme, die selbst den Inhalt des Einkaufskorbs scannen.

Eines Tages registriert womöglich der Einkaufswagen, welche Produkte in ihm liegen, summiert die fälligen Preise, schreibt Treuepunkte gut - und akzeptiert die Zahlung per Smartphone, Armbanduhr, Autoschlüssel oder Fingerabdruck. Schnell und ohne Warteschlange an der Supermarktkasse. Ein weiterer Trend ist die zunehmende Verschmelzung von On- und Offline, sagt der Sprecher des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Hertel. So bestellten Kunden heute gern online und holten die Ware dann im Laden ab.

Gleichzeitig entwickelt sich das Angebot der Einkaufslieferungen immer stärker. In London experimentiert der Onlinehändler Amazon bereits mit einem Lebensmittelbringdienst. Um Schritt zu halten, schickt Metro hierzulande in den nächsten Wochen in Düsseldorf den ersten Lieferroboter auf den Weg. Zudem übernimmt der Handelskonzern den französischen Lebensmittellieferanten Pro à Pro, der Großkunden wie Kantinen und Schulen beliefert. Der MDAX-Konzern, der sich an diversen Start-ups beteiligt, treibt nach dem Verkauf der Warenhauskette Kaufhof die Sanierung voran. Geplant ist die Trennung des klassischen Groß- und Lebensmittelhandels von der Elektronikkette Media-Saturn. Die Aufspaltung soll bis Mitte 2017 über die Bühne gehen. Im zweiten Quartal halfen dem Konzern konsumfreudige deutsche Verbraucher und ein frühes Ostergeschäft auf die Sprünge. Vor allem bei der Elektroniktochter Media-Saturn brummte das Geschäft. Aber auch das Sorgenkind, die Real-SB-Warenhäuser, machten operativ Fortschritte. Im Gesamtjahr sollen Umsatz und Vorsteuergewinn leicht steigen.

Der französische Einzelhandelskonzern Carrefour gilt als Erfinder der sogenannten Hypermärkte. 1963 eröffneten die Franzosen den ersten dieser riesigen Supermärkte mit Verkaufsflächen von oft mehreren zehntausend Quadratmetern und enormer Produktpalette. Heute gehören über 12 000 Supermärkte in über 30 Ländern zu der Kette, viele davon in Asien und Lateinamerika. Der Umsatz des weltgrößten Einzelhandelskonzern wuchs 2015 um drei Prozent auf 76,95 Milliarden Euro.



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Fusionen und Discounter



Überraschend viel verdiente der niederländische Einzelhändler Ahold im ersten Quartal dank strikter Sparmaßnahmen. Vor allem im Onlinegeschäft verbuchte Vorstandschef Dick Boer ein kräftiges Wachstum, hier stiegen die Erlöse um mehr als ein Viertel. In den USA und den Niederlanden, den beiden wichtigsten Märkten, kam Ahold insgesamt voran. Im laufenden Jahr will der Konzern 350 Millionen Euro sparen. Mitte des Jahres soll die Fusion mit dem belgischen Einzelhändler Delhaize abschlossen sein. Die Aktionäre hatten den Zusammenschluss im März gebilligt, auch die Aufseher stimmten zu.

Europaweit jagen die deutschen Discounter Aldi und Lidl den traditionellen Supermärkten Kunden und Marktanteile ab und befeuern erbitterte Preiskämpfe. In Großbritannien verlangsamte sich der Vormarsch der Discounter zwar, setzt sich aber weiter fort. J Sainsbury, zweitgrößter britischer Einzelhändler, gab in der vergangenen Woche bekannt, dass die Kooperation mit dem dänischen Discounter Netto bereits nach zwei Jahren beendet werde - die nötigen Investitionen lohnten sich nicht.

Branchenprimus Tesco stemmt sich gegen die harte Konkurrenz und erzielte im vergangenen Quartal zum zweiten Mal in Folge ein Umsatzplus. Das war zuletzt vor über fünf Jahren gelungen. "Die Fortschritte, die wir machen, ermutigen uns", sagte Konzernchef Dave Lewis. Dennoch bleibe das Marktumfeld schwierig und von Deflation geprägt. Einen konkreten Ausblick fürs Geschäftsjahr 2016/17 gab "Drastic Dave" - wie er wegen des harten Sanierungskurses genannt wird - nicht, rechnet aber weiterhin mit verbesserter Profitabilität. Positiv hob er die Entwicklung in der Slowakei und in Ungarn hervor. Lewis vereinfacht die Konzernstruktur weiter und verkauft nach Restaurants, Gartencentern und der türkischen Supermarktkette nun auch die Kaffeehäuser Harris + Hoole. Im Vorjahr hatte er bereits 53 britische Filialen geschlossen und die Zahl der Produkte um knapp ein Fünftel reduziert.

Chancen nutzen, die der Brexit birgt



Tesco-Aktien zählten in den vergangenen Monaten zu den schlechtesten Titeln im britischen Leitindex. Anleger plagte die Sorge, die Profitabilität könne unter den Preisnachlässen leiden. Auch das Votum für den EU-Austritt hinterließ eine Delle im Chart. Gerade das verstärkte Osteuropa-Engagement könnte sich aber als Versicherung gegen drohende Brexit-Einbußen erweisen, macht doch die starke Abwertung der britischen Währung den Export von Produkten in diese Länder auch für die Supermärkte interessant und birgt damit Chancen für Tesco und Co.