von Dirk Müller, cashkurs.com

Das Thema Bargeldabschaffung macht in den letzten Monaten immer öfter die Runde. Einmal geht es darum, die großen Geldscheine abzuschaffen, ein anderes Mal sollen Bargeldzahlungen mit großen Summen reduziert werden. Und es wird sogar darüber diskutiert, Bargeld über die nächsten Jahre komplett aus dem Verkehr zu nehmen und vollständig auf elektronische Zahlungsmittel umzusteigen.

Die Diskussionen werden teilweise emotional, teilweise sachlich geführt, aber nicht immer unbedingt an den wahren Ursachen und Argumenten aufgehängt. Was sind denn die eigentlichen Gründe für eine Bargeldabschaffung?

Es wird erzählt, dass damit die Verbrechensbekämpfung vereinfacht und Geldwäsche verhindert werden solle. Das diene der Sicherheit, der Allgemeinheit und damit unser aller Wohlergehen. Ein Politiker sagte einmal: "Wenn man Ihnen sagt, es gehe um Ihre Sicherheit, dann kostet Sie das entweder Ihre Freiheit oder Ihr Geld, im Zweifel auch beides." Ich glaube, auch hier trifft das zu.

Geldwäsche findet schon längst auf elektronischem Wege statt, wie zahlreiche Untersuchungen belegen. In der Terrorfinanzierung geht es nicht um Beträge etwa im Wert eines Kleinwagens, sondern um Millionen. Diese Transaktionen finden längst schon elektronisch statt. Die Bedeutung von Bargeld in diesem Bereich ist dagegen überschaubar. Also worum geht es wirklich? Wer hat ein Interesse daran, das Bargeld aus dem Verkehr zu ziehen? Einerseits freuen sich Industrie und Wirtschaft über jeden elektronischen Zahlungsvorgang. Schließlich gewinnt man dadurch noch mehr Daten über die eigenen Kunden, um diese dann genauer filtern und bewerben zu können.

Auch die Finanzindustrie freut sich, kann sie doch jede elektronische Zahlung mit schönen Gebühren belegen. Die Sichtweise der Wirtschaft ist also vollkommen nachvollziehbar. Andererseits ist die Abschaffung des Bargelds aus Sicht der Politik ebenfalls wünschenswert. So hat man die Möglichkeit, leicht auf das Geld der Bürger zuzugreifen. Wir diskutieren momentan über Niedrigst- bis Minuszinsen. Negative Zinsen sind aber naturgemäß nur begrenzt durchzusetzen. Mit minus 0,1 Prozent Zinsen mag der ein oder andere vielleicht noch leben können. Aber wenn man rein theoretisch über zwei, drei oder fünf Prozent negativen Zins nachdenken würde, um die Schulden und Geldvermögen wieder zu nivellieren? Da würde doch jeder zur Bank laufen, sich seine Banknoten holen, diese unters Kopfkissen legen und sich freuen, dass es zumindest nicht weniger wird.

Doch wenn es kein Bargeld mehr gibt, kann man auch kein Bargeld mehr horten. Damit ist man einem negativen Zins hilflos ausgeliefert. Es sei denn, man investiert sein Geld in andere, möglicherweise riskantere Anlageformen, bei denen man am Ende nicht weiß, was dabei herumkommt. Das Geld einfach liegen lassen wird dann jedenfalls aber nicht mehr möglich sein, und ohne Bargeld gibt es keinen Ausweg aus dieser Situation. Die mögliche Repression ist also durchaus ein Hintergedanke der Politik, der zum Tragen kommt.

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Wenn der Sparer die Zeche zahlt



Dazu kommt das Thema "Bail-in". Gerät eine Bank in Schwierigkeiten, greift sie auf das Geld derer zu, die ihr Geld geliehen haben - und das sind auch die Sparer, also diejenigen, die Geld auf dem Konto der jeweiligen Bank haben. Denn sie machen im Grunde genommen nichts anderes, als dem Institut Geld zu leihen, indem sie es aufs Konto legen.

Das Geld auf dem Konto ist eben kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern lediglich der Anspruch auf gesetzliches Zahlungsmittel und damit Anspruch auf die einzig legitimen Zahlungsmittel, nämlich Bargeld in Form von Münzen und Scheinen. Und genau dieses einzig legitime Zahlungsmittel wollen wir nun für illegal erklären und nur noch elektronische Zahlungsmittel zulassen. Damit kann man kein Geld von der Bank holen, also keinen Bank Run verursachen. Das heißt aber auch, dass es kein Entrinnen gibt, sollte die Bank, bei der man ein Konto hat, in Schwierigkeiten geraten.

Der Sparer kann kalt enteignet werden, indem man ihn zur Kasse bittet, denn er kann die Kasse nicht verlassen. Die einzige Möglichkeit wäre, die Bank kurzfristig zu wechseln, wenn man denn schnell genug sein sollte. Das würde allerdings wenig helfen, wenn es mehrere Banken gleichzeitig trifft. Hier liegen große Gefahren für Sparer und Anleger. Setzt man diese Risiken ins Verhältnis zu dem Argument, dass man nicht mehr so lange beim Bäcker an der Kasse stehen müsse, weil vor einem der Rentner nicht mehr "die Roten" zählen könne, wirkt das Ganze doch sehr unausgewogen.

Der Bürger hat das Nachsehen



Am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden, wie er zu dem Thema steht. Wir werden die Entwicklung ohnehin nicht aufhalten können. Wenn die Interessen aus Politik und Wirtschaft in die gleiche Richtung laufen, dann steht das Bürgerinteresse in der Regel hintenan.

Wenn er sie schon nicht verhindern kann, kann der Anleger von dieser nahezu unausweichlichen Entwicklung profitieren, indem er sich an den Gewinnern dieser schönen neuen bargeldlosen Welt beteiligt. Das sind etwa Zahlungsabwickler wie Mastercard, Wirecard oder Ingenico, auf die wir in diesem Zusammenhang im Dirk Müller Premium Aktien Fonds setzen. Wenn man die Nachteile schon hinnehmen muss, sollte man sich wenigstens die Vorteile zunutze machen.

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