Das Jahr 2016 geht als das bisher wärmste Jahr in die Geschichte ein. Immer häufiger auftretende Wetterkapriolen erinnern uns an den Klimawandel. Weil daran der Mensch mitschuldig sein dürfte, mahnt uns das zu einem sorgsamen Umgang mit den Ressourcen. Laut dem "Living Planet Report 2016" der Umweltstiftung WWF verbrauchen wir jährlich rechnerisch die Ressourcen von 1,6 Erden.

Weniger Müll zu produzieren wäre hilfreich. Aber selbst Deutschland, das sich gern als Umweltschutzweltmeister sieht, schafft das nicht, obwohl die Bundesrepublik mit gut 70 Prozent eine der höchsten Recyclingquoten in Europa hat. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) war Deutschland 2014 mit 220 Kilogramm an gewerblichem und privatem Müll je Einwohner Europameister. 1995 waren es nur 170 Kilogramm. Veränderte Konsum- und Einkaufsgewohnheiten wie Onlineshopping sowie mehr Single- und Zweipersonenhaushalte sorgen laut IW dafür, dass der Berg aus Verpackungsmüll wächst.

Hinzu kommen der Urbanisierungstrend, eine wachsende Weltbevölkerung sowie ein global zunehmender Wohlstand. Letzteres bedeutete bisher stets ein steigendes Müllaufkommen pro Kopf. Die Bank of America Merrill Lynch rechnet damit, dass sich das Abfallvolumen von 2005 bis 2025 sowie von 2025 bis 2050 jeweils verdoppeln wird. Der Bank zufolge wird erst rund ein Viertel des gesammelten Mülls wiederverwertet, rund 3,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Basisdienstleistungen der Abfallwirtschaft.

Dieses Umfeld verhilft Branchenvertretern zu einer günstigen Ausgangslage. Doch nicht allen börsennotierten Müllunternehmen gelingt es, die vorteilhaften Rahmendaten in nachhaltig steigende Umsätze und Gewinne umzumünzen: Sie kämpfen mit finanziellen Problemen, Missmanagement, den Wettbewerbern und immer strikteren und damit kostentreibenden Umweltvorschriften.

Vorbildliche Amerikaner



Ganz anders sieht es bei den US-Marktführern im Abfallsektor aus: Dauerhaft steigende Aktienkurse zeigen, dass ihre Geschäftsmodelle funktionieren. Die Analysten von CFRA Research loben diese Dauerläufer für ihre robusten Cashflows, die sie für Aktienrückkäufe, steigende Dividendenzahlungen, Schuldenreduzierung sowie strategische Zukäufe einsetzen.

Dazu gehört auch Waste Management. Die Texaner, die rund 22 Millionen Kunden bedienen, betreiben 293 aktive Mülldeponien, so viel wie kein anderes Unternehmen. Robuste Cashflow-Aussichten versprechen in den kommenden Jahren moderat steigende Dividenden. Die Börse belohnt das mit Kursrekorden.





Damit kann nach angehobener Jahresprognose auch Republic Services aufwarten. Das dürfte Microsoft-Gründer Bill Gates freuen, schließlich ist seine Anlagegesellschaft Cascade Investments der größte Investor. Wie Waste Management ist der Spezialist für Haus- und Industriemüll landesweit aktiv. Zusammen kommen beide Firmen in einer ansonsten sehr zersplitterten Branche auf einen Marktanteil von rund 40 Prozent.

Ein Dauerläufer-Urgestein ist Waste Connections: Von 2000 bis 2016 stieg der Kurs von 4,22 Dollar auf 79,44 Dollar. Die Chancen für einen weiteren Anstieg sind gut. Denn mit dem Kauf des kanadischen Wettbewerbers Progressive Waste Solutions haben sich in Nordamerika die Nummern 3 und 4 zusammengeschlossen, die strategisch gut zusammenpassen.

Einen anderen Fokus hat LKQ. Das US-Recycling-Unternehmen ist auf Autos und Autoteile spezialisiert und auch in Großbritannien sowie Kontinentaleuropa aktiv. Etwas anders sieht voraussichtlich auch das Wachstumsprofil aus. Während den klassischen Abfalldienstleistern Gewinn-zuwächse von rund zehn Prozent per annum zuzutrauen sind, kalkulieren Analysten bei LPQ mit einem Ergebnisplus von jährlich fast 27 Prozent. Geht diese Rechnung auf, birgt das Kurspotenzial.

Umicore ist als Anbieter von Autoabgaskatalysatoren und Werkstoffen für wiederaufladbare Batterien und Brennstoffzellen in vielen interessanten Bereichen tätig. Besonders margenstark ist aber das Recyclinggeschäft. Steigende Kapazitäten in diesem Segment dürften sich positiv auf das Ergebnis der Belgier auswirken.

Zu den Geschäftsfeldern von China Everbright International in Hongkong gehört die Gewinnung von Energie aus Abfall. Laut den Analysten der Bank DBS verhilft der Auftragsbestand auf Sicht von 18 bis 24 Monaten zu einer hohen Ergebnisvisibilität. Der auch in Deutschland aktive Konzern hat unlängst in Polen zugekauft, sollte aber vor allem auf dem Heimatmarkt in China noch viel zu tun haben. Denn wenn die Chinesen keine Vorreiterrolle beim Umweltschutz und damit bei der Müllvermeidung und wiederverwertung übernehmen, ist der Kampf gegen den Klimawandel kaum zu gewinnen.



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