Gerade im letzten Jahresdrittel sollten Anleger verstärkt auf Aktien setzen, die sich im bisherigen Jahresverlauf überdurchschnittlich gut entwickelt haben. Nach diesem einfachen Konzept der Relativen Stärke agieren auch viele professionelle Marktteilnehmer. Oft kaufen die Experten in den letzten drei Monaten des Jahres verstärkt die Gewinner seit Januar, um diese dann auch in den Verkaufsprospekten der Fonds ausweisen zu können. Anleger können das Verhaltensmuster geschickt nutzen und bereits etwas frühzeitiger bei den Favoriten einsteigen.

Besonders der TecDAX sticht hier positiv hervor und zeigt seit Monaten eine hohe Outperformance gegenüber dem DAX. Unter den Top 6-Aktien seit Jahresbeginn liegt auch Nordex mit Zuwächsen von 60 Prozent. Anders als viele Blue Chips und der DAX notiert der Wert deutlich über seiner steigenden 200-Tage-Linie, der langfristige Trend ist somit noch aufwärts gerichtet. Bis zum Jahreshoch fehlen nur 15 Prozent, beim DAX sind es mehr als 30 Prozent. Vom Mini-Crash im August erholte sich der TecDAX-Wert wesentlich dynamischer als sehr viele andere Papiere auf dem deutschen Kurszettel. Rücksetzer werden somit zügig zum Einstieg genutzt, weil Anleger die Perspektiven offenbar als sehr gut einschätzen. Sollten dennoch kräftige Herbststürme über das Börsenparkett fegen, begrenzt die zuletzt bestätigte Nachfragezone um 20,50 Euro das Risiko auf der Unterseite.

Ohnehin sind bereits viele "starke" Hände bei den Norddeutschen investiert, was ebenfalls gegen eine größere Abwärtsbewegung spricht. Vor wenigen Wochen kaufte sich die Deutsche Asset & Wealth Management Investment GmbH, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank, mit rund fünf Prozent ein. Vor wenigen Tagen wurde der nächste Deal bekannt, mit dem britischen Versicherungskonzern Old Mutual, der gut drei Prozent an Nordex hält, ist ein weiterer Großaktionär an Bord. Damit fällt die Aktionärsstruktur des Windkraftanalagenbauers sehr überzeugend aus und strahlt Sicherheit aus. Mit knapp 23 Prozent profitiert Skion, die Beteiligungsfirma der Milliardärin Susanne Klatten, besonders kräftig von der starken Geschäftsentwicklung. Etwas mehr als fünf Prozent werden zudem JPMorgan zugerechnet, der Streubesitz beläuft sich somit auf 64 Prozent.

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500 Mio. Euro in Sicht



Die Begeisterung der Profis für den Konzern ist nicht überraschend, denn im Vergleich zu anderen Branchen brummt das Geschäft mit Windkraftanlagen. Zuletzt zeigte sich dies auf der "Husum Wind 2015". Aus Sicht der Veranstalter hat die Messe die Prognosen und Erwartungen mehr als erfüllt, auch Nordex zeigte sich sehr zufrieden. Die Norddeutschen nutzten die Chance vor allem für die Einführung der speziell für den deutschen Markt entwickelten Schwachwindturbine N131/3300. Mit der Anlage können auch an weniger attraktiven Standorten hohe Erträge erwirtschaftet werden. Angst vor der Konkurrenz muss der TecDAX-Konzern vorerst nicht haben, erst zwischen Mitte 2017 bis 2018 werden Senvion und Vestas mit Anlagen für windarme Regionen an den Start gehen.

Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis Nordex ähnlich wie am 10. September erneut mit positiven Nachrichten überrascht. Nach dem glänzenden Geschäftsverlauf in den ersten sechs Monaten haben die Norddeutschen allein im Juli und August in Deutschland Aufträge für 102 Windenergieanalagen mit einer Kapazität von mehr als 260 Megawatt an Land gezogen. Dabei erfreuten sich die Schwachwindanlagen besonderer Beliebtheit. Vor allem in Baden-Württemberg zieht die Nachfrage stark an, hier erhöhte Nordex den Absatz auf das Siebenfache seiner zuletzt dort gestellten Anlagen. Neben Lieferung und Errichtung umfassen die Aufträge zudem einen Premium-Service-Vertrag mit einer Laufzeit von mindestens 15 Jahren. "Der Schwung nach der Sommerpause kann uns auch in den kommenden Monaten weiter anschieben, denn die Bundesregierung hält an ihrem Ausbauplan für Onshore-Wind fest", ließ Siegbert Pump, Vertriebsleiter Nordex Deutschland durchblicken. Berlin plant einen jährlichen Netto-Zubau von 2500 Megawatt.

Der Auftakt in das zweite Halbjahr unterstreicht die Vermutung, dass bei Nordex die Auftragsdynamik noch einmal spürbar anzieht. Bereits das zweite Quartal war gemessen am Auftragseingang mit 711 Mio. Euro und einem Anstieg von gut 100 Prozent gegenüber dem Vorjahr das stärkste Semester in der Unternehmensgeschichte. Nach Schätzungen von Warburg Research dürften die Juli/August-Deals einem Auftragseingang von rund 300 Mio. Euro entsprechen. Für das dritte Quartal wären damit 500 Mio. Euro durchaus erreichbar.

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Neue Prognose am 15. Oktober?



Auch in den nächsten Wochen ist mit anhaltend positiven Meldungen zu rechnen. Die Experten verweisen auf die ungünstigen regulatorischen Änderungen in Großbritannien, die zu Vorzieheffekten führen dürften. Unverändert stark bleibt die Nachfrage auch in Kernmärkten wie Frankreich und der Türkei. Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklung wäre daher eine erneute Anpassung der Prognose für den Auftragseingang nicht überraschend. Erst kürzlich erhöhte das Management die Messlatte auf 2,1 bis 2,3 Mrd. Euro für das laufende Geschäftsjahr. Warburg rechnet mit 2,3 Mrd. Euro, was zu einem Verhältnis von Auftragseingang zum Umsatz (Book-to-Bill) von 1,15 in rund drei Monaten führen würde.

Auf Basis der jüngsten Zahlen ist somit weiterhin mit einer starken Geschäftsentwicklung zu rechnen. In 2011 erzielte Nordex noch Erlöse von 0,9 Mrd. Euro, im vergangenen Jahr waren es bereits 1,7 Mrd. Euro. Vor gut zwölf Monaten teilten die Hamburger mit, bis zum Jahr 2017 ein Umsatzniveau von zwei Mrd. Euro zu erreichen und das operative Ergebnis auf eine Ebit-Marge von sieben bis acht Prozent zu hieven. Derzeit rechnet der Konsens bereits mit einem Umsatz für das Geschäftsjahr 2016 von 2,37 Mrd. Euro und einem Ebit von 162 Mio. Euro, was einer Marge von 6,8 Prozent entspricht. Unter Berücksichtigung der Entwicklung beim Auftragseingang könnte der Marktkonsens aber zu niedrig sein. Warburg rechnet für das kommende Geschäftsjahr mit Umsätzen von 2,5 Mrd. Euro, was bei einer Marge von ebenfalls 6,8 Prozent zu einem Ebit von knapp 172 Mio. Euro führen würde. Für 2012 werden derzeit 2,6 Mrd. Euro Umsatz avisiert. Wichtiger für Aktionäre ist aber die angekündigte Verbesserung der Profitabilität. Nachdem die Umsätze stark zulegten, sollte sich auch bald die Optimierung der internen Prozesse auszahlen und die Marge auf sieben bis acht Prozent hieven. Die Zahlen für das dritte Quartal werden erst am 12. November erwartet. Anleger sollten sich bereits den 15. Oktober rot im Kalender markieren, wenn die Hamburger ihren Kapitalmarkttag abhalten. Es wäre gut möglich, wenn Nordex dann aktuelle Details zur mittelfristigen Prognose bis 2017 veröffentlicht. Zwar ist die Aktie mit einem 2016er-KGV von 20 kein Schnäppchen mehr, die Wachstumszahlen lassen eine höhere Bewertung aber durchaus zu. Börse Online bleibt ähnlich wie Warburg Research von der Aktie überzeugt. Anleger sollten den Stopp bei 23 Euro platzieren und auf eine Aufwärtsbewegung bis mindestens 32 Euro setzen.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily.

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