Stabil sieht anders aus: Die Aktie von ProSiebenSat.1 hat seit Jahresbeginn mehr als 25 Prozent verloren. Damit ist der Münchner Medienkonzern dieses Jahr bisher der größte Verlierer im deutschen Leitindex. Mit den Zahlen zum dritten Quartal lieferten die Münchner dann jüngst gleich eine weitere Gewinnwarnung in diesem Jahr mit und senkten die Prognose fürs Gesamtjahr. Der Konzern geht nur noch von einem mittleren statt einem hohen einstelligen Umsatzplus aus. Das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll leicht über dem Vorjahr liegen. Der Kurs rutschte deshalb Anfang November noch einmal weiter ab.

Dadurch geriet auch Vorstandschef Thomas Ebeling in die Kritik. Nach der Präsentation der Jahreszahlen am 22. Februar 2018 gibt er nun seinen Chefposten ab. Zuletzt wurde zudem auch noch eine abfällige Äußerung Ebelings aus einer Analystenkonferenz publik: "Es gibt Menschen, die ein bisschen fettleibig sind und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf der Couch sitzen, sich zurücklehnen und wirklich gerne unterhalten werden", sagte der Konzernchef.

"Da noch kein Nachfolger feststeht, gibt es natürlich eine gewisse Unsicherheit. Das wichtige Statement vom Aufsichtsrat war aber, dass die Strategie des Konzerns beibehalten wird", sagt LBBW-Analystin Bettina Deuscher. ProSiebenSat.1 will die Anhängigkeit vom TV-Werbegeschäft immer weiter verringern. In den ersten neun Monaten lag dessen Anteil am Umsatz nur noch bei 48 Prozent, im Vorjahreszeitraum waren es noch 54 Prozent.

Vor allem die großen Sender des Konzerns, ProSieben und Sat.1, verlieren Marktanteile in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen in Deutschland. Wichtigster Wachstumstreiber im Zeitraum Januar bis September war das E-Commerce-Geschäft. Der Umsatzanteil des Geschäftsbereichs Digital Ventures & Commerce, zu dem etwa die Online-Dating-Plattformen Parship und Elite Partner gehören, lag mit 26 Prozent im dritten Quartal fünf Prozentpunkte höher als im Vorjahresquartal. Die Portale gehörten damit zu den wichtigsten Umsatztreibern in dem Segment.

Insgesamt wuchs der Umsatz im Zeitraum von Juli bis September um drei Prozent auf 883 Millionen Euro, das bereinigte Ebitda blieb mit 202 Millionen Euro auf dem selben Niveau wie im Vorjahreszeitraum. Dabei belastete unter anderem ein schwächeres Fernsehwerbegeschäft mit weniger Einnahmen in Deutschland den Medienkonzern. Analystin Deuscher sieht den Rest des Jahres für ProSieben aber positiv: "Die Q3-Zahlen wurden extrem negativ aufgenommen. Ebelings Aussagen zum TV-Werbegeschäft waren aber nicht so negativ. Der Werbemarkt ist stabil, zudem spricht vieles dafür, dass die Werbeausgaben zum Jahresende erhöht werden." Das vierte Quartal sei traditionell stark, Deuscher erwartet deshalb eine positive Entwicklung bei Umsatz und Ergebnis auf dem niedrigen Niveau. Der Konzern selbst rechnet im vierten Quartal insgesamt mit einem bereinigten Ebitda und einem bereinigten Überschuss jeweils unter dem Niveau des Vorjahresquartals.

Zuletzt war die ProSieben-Aktie wieder mehr gefragt. Börsianern gefiel die Nachricht, dass Chef Ebeling im Februar seinen Posten räumt. Dazu verliehen Übernahmespekulationen Auftrieb. Analysten des Investmenthauses Liberum schätzen, dass die US-Senderkette NBCUniversal an einem Einstieg interessiert sein könnte. Die Möglichkeiten, einfach ProSieben-Anteile an der Börse zu kaufen, wären da: 98,2 Prozent der Papiere des Medienkonzerns befinden sich im Streubesitz. Größter Anteilseigner ist die Investmentgesellschaft Capital Group mit rund 16 Prozent, gefolgt von der Fondsgesellschaft BlackRock, die 6,5 Prozent der Anteile hält.

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Der Medienkonzern steckt in einer Wandlungsphase. "Die Marktgegebenheiten haben sich verändert, der Konzern steckt noch im Umbau," sagt LBBW-Analysten Deuscher. Das Ebitda-Marge verringere sich stetig, die neuen Geschäftsmodelle seien noch in der Entwicklung.

Der Ausblick fürs Gesamtjahr wurde etwa wegen der Verschiebung von Produktionen ins kommende Jahr sowie höherer Programmkosten gesenkt. Streaming-Anbieter wie Netflix oder Amazon machen dem klassischen Fernsehen zunehmend Konkurrenz. Zudem könnte die Dax-Notierung von ProSieben in Gefahr sein. Sollten die Münchner tatsächlich aus dem Dax fallen, hätte das vermutlich negative Auswirkungen auf den Kurs der Aktie. Institutionelle Investoren etwa würden aus Benchmark-Gründen die Aktie dann wohl abstoßen. Ende November findet einer von vier jährlichen Überprüfungsterminen für die Dax-Notiz statt. LBBW-Indexspezialist Uwe Streich geht davon aus, dass die Münchner dieses Mal mit einem blauen Auge davon kommen und im Dax bleiben werden. Der nächste Überprüfungstermin ist Ende Februar. Würde ProSieben aus dem Dax ausscheiden, wäre nach heutigem Stand die Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen der Aufsteiger.

Dazu ist ein weiterer positiver Faktor womöglich in Gefahr. ProSieben zahlt zwar eine attraktive Dividende - die Ausschüttung fürs Geschäftsjahr 2016 lag bei 1,90 Euro je Aktie. Die Dividendenrendite liegt laut Schätzungen von BÖRSE ONLINE für 2017 bei 7,55 Prozent, mit einer erwarteten Rendite von zwei Euro pro Anteilsschein. Die Unsicherheit, ob die Strategie der ständig steigenden Dividenden jetzt in Gefahr ist, habe nun allerdings laut Deuscher etwas zugenommen. Ein wichtiger Termin für Anleger ist der Kapitalmarkttag des Konzerns am 6. Dezember. Hier wird die Dividendenzahlung voraussichtlich noch einmal thematisiert, ebenso strategische Punkte wie etwa mögliche neue Partnerschaften.

Auch die Charttechnik signalisiert Anlegern, erst einmal abzuwarten. Nach dem Allzeithoch bei 50,95 Euro im Jahr 2015 ging der Titel in eine Korrekturphase über, die bis dato andauert. Der nachfolgende etablierte Abwärtstrend drückte die Aktie jetzt temporär auf ein Vierjahres-Tief bei 24,50 Euro, von dem sich der Kurs mittlerweile wieder leicht nach oben entfernte. Allerdings scheint es sich dabei nur um eine technische Gegenreaktion zu handeln, denn die Indikatoren notieren aktuell in ihren unteren überverkauften Extremzonen.

Anleger sollten abwarten, ob die nun erreichte wichtige Unterstützungszone 25/26 Euro, die in der Charthistorie seit 2000 regelmäßig als Widerstand beziehungsweise Unterstützung in Erscheinung trat, weiteren Bären-Attacken standhalten kann. Ein erster Lichtblick wäre gegeben, wenn zumindest der aus dem Mai resultierende Abwärtstrend um 29 Euro nachhaltig nach oben überwunden wäre. Von einem Turnaround kann gesprochen werden, wenn der Kurs seine 200-Tage-Linie bei derzeit 34,80 Euro signifikant nach oben schneidet und sich über diesem Level stabilisiert.

Empfehlung: Halten

Kursziel: 31 Euro

Stopppkurs: 22,10 Euro