Nur etwa rund 40 Prozent der Wähler stimmten den Hochrechnungen zufolge für seine Reformpläne, die das Regieren erleichtern sollten. Der Anführer der euro-kritischen Fünf-Sterne-Bewegung, Beppe Grillo, forderte rasche Neuwahlen. Die Sorgen vor einer Regierungskrise in dem hoch verschuldeten Land setzten den Euro unter Druck. Es wird befürchtet, dass die Euro-Krise wiederaufflammen und sich die Probleme der EU nach dem Brexit-Votum verschärfen könnten.

Renzi sprach von einem außergewöhnlich klaren Ergebnis. Jetzt sei das Nein-Lager an der Reihe, Vorschläge vorzulegen. "Die Zeit meiner Regierung endet hier", sagte der 41-Jährige in einer TV-Ansprache. Er kündigte an, er werde im Laufe des Nachmittags sein Kabinett zusammenrufen und anschließend seinen Rücktritt einreichen. Präsident Mattarella wird dann zunächst mit den Chefs der führenden Parteien beraten, bevor er einen neuen Ministerpräsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt. Der neue Regierungschef wird die Unterstützung von Renzis Demokratischer Partei benötigen und zunächst das Wahlgesetz erneuen müssen.

PARTEI VON EURO-GEGNER GRILLO WILL SCHNELL NEUWAHLEN



Die Fünf-Sterne-Bewegung des Euro-Gegners Grillo forderte umgehend Neuwahlen. Seine Partei werde sofort mit der Arbeit an dem Programm und der Zusammenstellung eines Teams für eine künftige Regierung beginnen, erklärte Luigi Di Maio, der als designierter Spitzenkandidat gilt. In Umfragen liegen Renzis Partei und die Grillo-Bewegung Kopf an Kopf.

Die Niederlage Renzis ist auch ein schwerer Schlag für die Europäische Union. Sie setzte auf die Reformpolitik des Ministerpräsidenten in der hoch verschuldeten drittgrößten EU-Volkswirtschaft. Renzi hatte 2014 das Amt des Regierungschefs übernommen. Er versprach, die verkrusteten Strukturen in Italien aufzubrechen und präsentierte sich als Politiker, der gegen das Establishment vorgeht. Doch die Reformen zeigten wenig Wirkung. Die neue Fünf-Sterne-Bewegung übernahm immer mehr die Rolle als Kämpferin gegen das Establishment. Grillo hatte dazu aufgerufen, das Referendum zur Abrechnung mit der Regierung zu nutzen.

Renzi wollte mit den geplanten Verfassungsreformen das Regieren vereinfachen. Der Staatshaushalt und die meisten Gesetze sollten ohne Zustimmung des Senats verabschiedet werden können. Den Senatoren sollte auch die Möglichkeit genommen werden, eine Regierung per Misstrauenserklärung abzusetzen. Die Kritiker lehnten das Vorhaben als undemokratisch ab. Außerdem sollte das Wahlrecht geändert werden, um das Regieren zu erleichtern. Kommt eine Partei auf mehr als 40 Prozent der Stimmen, erhält sie einen Bonus, der ihr 55 Prozent der Sitze im Abgeordnetenhaus sichert.

RENZI-RÜCKTRITT BELASTET EURO



Durch Renzis Niederlage geriet der Euro weiter unter Druck. Er fiel zeitweise um etwa 1,5 Prozent auf 1,0505 Dollar und damit den tiefsten Stand seit mehr als eineinhalb Jahren. Im Verlauf pendelte er sich mit einem Abschlag von rund einem Prozent bei etwa 1,0550 Dollar ein. Die Verunsicherung belastete auch die Börsen in Asien. Der Tokioter Nikkei-Index verlor bis zum frühen Nachmittag 0,9 Prozent.

Die Nervositäten an den Finanzmärkten konzentrierten sich im Vorfeld der Abstimmung auf den Bankensektor. Die italienischen Geldhäuser sitzen auf faulen Krediten im Volumen von insgesamt 360 Milliarden Euro. Besonders betroffen ist die landesweit drittgrößte Bank Monte Dei Paschi di Siena. Sie muss bis zum Jahresende fünf Milliarden Euro zur Deckung einer Kapitallücke aufbringen. Nun wird befürchtet, dass sich potenzielle Geldgeber angesichts der drohenden politischen Instabilität zurückhalten könnten.

Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan versuchte bereits am Freitag, die Nervosität an den Märkten zu beruhigen. Er sehe "das Risiko eines finanziellen Erdbebens" im Falle eines Neins nicht. Allerdings sei es denkbar, dass es 48 Stunden lang zu Turbulenzen kommen, sagte Padoan. Früheren Informationen von Notenbank-Insidern zufolge steht die Europäische Zentralbank (EZB) für den Fall heftiger Marktreaktionen Gewehr bei Fuß, um einen steilen Anstieg der italienischen Anleihen-Renditen einzudämmen - ähnlich wie beim Brexit-Votum für einen britischen EU-Austritt im Juni.