Nicht nur an der Börse ist es sehr riskant, alles auf eine Karte zu setzen. Diversifikation lautet das Zauberwort. Gleiches gilt auch für weltweit agierende Konzerne. Politische Entscheidungen oder neue Trends können schnell dazu führen, dass ein Geschäftsbereich in Schieflage gerät. Auch bei Rheinmetall dürfte man inzwischen sehr froh sein, die Autosparte noch an Bord zu haben. Vor zwei Jahren wollte der Automobilzulieferer und Rüstungskonzern den Bereich abspalten und an die Börse bringen. Inzwischen ist das Standbein zum Hoffnungsträger avanciert. Der harte Sparkurs trägt allmählich Früchte.

Im Segment Automotive ist Rheinmetall einer der führenden Zulieferer für Motorenkomponenten und -systeme. Die Produkte leisten einen wesentlichen Beitrag zur Kraftstoff- und Abgasreduzierung und treffen somit den Nerv der Zeit. Dies spiegelt sich auch in der jüngsten Geschäftsentwicklung wider. Im ersten Quartal kletterte der Umsatz um elf Prozent auf den Rekordwert von 666 Mio. Euro und lag damit über dem Marktwachstum. Besonders das um 74 Prozent auf 47 Mio. Euro verbesserte operative Ergebnis zeigt bereits jetzt schon erste Erfolge aus den jüngsten Restrukturierungsmaßnahmen. Dies wird vor allem in der operativen Ergebnis-Marge deutlich, die um zwei Prozentpunkte auf 7,1 Prozent zulegte. Sorgen bereitet aufgrund der schrumpfenden Verteidigungshaushalte in vielen westlichen Staaten das Rüstungsgeschäft. Mit 414 Mio. Euro gingen rund 14 Prozent mehr durch die Bücher, während das operative Ergebnis mit minus 42 Mio. Euro nur eine geringfügige Verbesserung signalisierte.

Fasst man beide Standbeine zusammen, kletterte im ersten Semester das Geschäftsvolumen um zwölf Prozent auf 1,08 Mrd. Euro. Operativ sowie bereinigt um Sondereffekte verdiente das Unternehmen eine Mio. Euro nach einem Verlust von 14 Mio. Euro im Vorjahr. Unter Berücksichtigung von Belastungen aus der noch laufenden Restrukturierung blieb ein ausgeglichenes Ergebnis vor Zinsen und Steuern. Nach Steuern präsentierten die Düsseldorfer einen Fehlbetrag von 13 Mio. Euro und somit nur noch knapp halb so viel wie vor einem Jahr.

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Rekordwert an Aufträgen gibt Sicherheit

Entscheidend ist aber der Blick in die Zukunft, und der bemisst sich vor allem an der Auftragsentwicklung. Mit 675 Mio. Euro an Auftragseingang im Rüstungsgeschäft wurde der Vorjahreswert um gut 60 Prozent übertroffen. Ende März verfügte der Bereich über ein Rekordpolster an Orders im Wert von 6,2 Mrd. Euro. Auch im Bereiche Automotive lagen zuletzt Auftragseingang und Auftragsbestand über dem jeweiligen Vorjahresniveau. Insgesamt meldete der Konzern zum Ende des ersten Quartals mit einem Auftragsbestand von fast 6,7 Mrd. Euro erneut eine neue Bestmarke. Um unabhängiger von den Verteidigungsetats vieler westlicher Staaten zu werden, legt das Management den Fokus verstärkt auf die Märkte in Übersee. Bereits jetzt zeigen sich hier deutliche Erfolge. In den ersten drei Monaten kamen im Rüstungsgeschäft rund 60 Prozent der Orders außerhalb von Europa, im Vorjahreszeitraum lag die Quote noch bei 33 Prozent. Besonders aus Asien und dem Mittleren Osten ist eine deutlich höhere Nachfrage zu beobachten. Das Bankhaus Lampe rechnet mit weiteren Großaufträgen in der Rüstungssparte in den kommenden Monaten. Neben einer Fuchs-Produktion in Algerien, die auf rund 600 Mio. Euro taxiert wird, vermuten die Experten besonders hinter dem 100 Mio. Euro-Auftrag für militärische Lkw aus Norwegen weitere Order aus Skandinavien. Schweden dürfte voraussichtlich bald nachziehen, zudem gibt es mittelfristigen Bedarf an militärischen Lkw auch in Dänemark, den Niederlanden und Kanada. Zum umstrittenen Saudi-Arabien-Deal über Kampfpanzer gibt es noch keine Entscheidung des Bundessicherheitsrats. Gerüchten zufolge sind für den Kauf im saudi-arabischen Haushalt rund 18 Mrd. Euro bereitgestellt. Auf einer Roadshow vor Analysten wurden auch mögliche Portfolioanpassungen in der Automobilsparte nicht ausgeschlossen. Flankiert werden die Maßnahmen von schmerzhaften Einsparungen. Über Stellenstreichungen sollen in diesem Jahr 25 Mio. Euro eingespart werden, 2015 peilt der Konzern bis zu 75 Mio. Euro an.

Mit der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal vor wenigen Tagen bestätigte Rheinmetall auch die Umsatzguidance von 4,8 bis 4,9 Mrd. Euro. Die in den vergangenen Monaten initiierten Restrukturierungsmaßnahmen sollen im laufenden Jahr zu ersten Ergebniseffekten in beiden Segmenten führen, ihre volle Wirkung werden sie jedoch erst 2015 entfalten. Nach Einschätzung vom Bankhaus Lampe dürfte Rheinmetall im kommenden Jahr den bisherigen Rekord beim Ergebnis je Aktie von 5,56 Euro übertreffen.

Für den Unternehmensbereich Automotive rechnet das Management mit einem operativen Gewinn von 165 bis 175 Mio. Euro. Diese Prognose könnte sich als zu vorsichtig herausstellen, denn bereits im ersten Quartal fuhr die Sparte 47 Mio. Euro ein. Insgesamt werden 230 bis 250 Mio. Euro angepeilt, 85 bis 95 Mio. Euro sollen aus dem Rüstungsgeschäft kommen. Das Konzern-Ebit dürfte aufgrund von Aufwendungen aus Sondereffekten im Bereich zwischen 220 bis 240 Mio. Euro liegen.

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Viel Risiko und sehr viel Gewinnchance

Die Zahlen für das Auftaktquartal sowie die Auftragsentwicklung und Exportquote sind sehr vielversprechend. Klar ist aber auch, dass es sich bisher nur um eine Erholung auf niedrigem Niveau handelt. Das Vorjahresquartal fiel sehr schwach aus, im Juli folgte schließlich eine Gewinnwarnung. Ob die jüngsten Restrukturierungsmaßnahmen wie erhofft greifen, dürfte erst das zweite Halbjahr zeigen. Bleiben die Düsseldorfer auf Kurs, müssen einige Analysten eine Neubewertung der Aktie vornehmen. Die aktuell noch erhöhte Unsicherheit zeigt sich deutlich in den unterschiedlichen Kurszielen. CB Seydler und Warburg Research sehen die Aktie nur bei 40 sowie 49,50 Euro, während die Commerzbank den fairen Wert auf 60 Euro und das Bankhaus Lampe sogar Kurse knapp über dem 2011er-Hoch bei 69 Euro erwartet. Wer bereits jetzt einsteigt, geht somit ein erhöhtes Risiko ein, ist aber zugleich im Erfolgsfall in einer sehr frühen Phase einer Erholungsrally bereits voll dabei.

Börse Online traut dem Management auch in Zukunft weitere Erfolge zu. Nachdem der Konzern im vergangenen Jahr insgesamt gesehen in die roten Zahlen rutschte, gab es auch für die Anleger mit einer Dividende von 0,40 Euro je Aktie nur Magerkost. Verläuft die Erholung wie geplant, könnten für das laufende Jahr 1,20 Euro ausgeschüttet werden. Auf Basis des aktuellen Kurses liegt die Verzinsung mit 2,4 Prozent nur noch knapp unter dem MDAX-Durchschnitt. Ähnlich wie die Dividendenentwicklung dürfte auch unter dem Strich künftig deutlich mehr hängen bleiben. Nach einem Ergebnis je Aktie in 2012 von fünf Euro brach die Kennziffer im vergangenen Jahr auf 0,77 Euro ein. Sollten die Prognosen für die Geschäftsentwicklung in 2014 zutreffen, dürften rund 3,45 Euro hängen bleiben, im kommenden Jahr sollte der Konzern mit 5,33 Euro allmählich wieder das Niveau von 2011 erreichen. Auf Basis der Schätzung von Börse Online ist die Aktie mit einem 2015er-KGV von 9,4 einer der günstigsten Titel im MDAX.