Die für den 9. Oktober geplante Neuemission selbst soll bis zu 1,61 Milliarden Euro bringen, doppelt so viel wie erwartet. Nach dem fulminanten Marktdebüt des chinesischen Online-Händlers Alibaba in New York hatten sich bei Rocket Internet neue Investoren gemeldet, die unabhängig vom Preis schon Aktien für fast 600 Millionen Euro reservieren ließen.

Damit dürfte der Börsengang des erst 2007 gestarteten Unternehmens der mit Abstand größte in diesem Jahr in Deutschland werden. Der ebenfalls von den Samwers finanzierte Online-Modehändler Zalando, der eine Woche vor Rocket Internet sein Börsendebüt feiern will, peilt gut 600 Millionen Euro an.

Die Rocket-Aktien werden von Mittwoch an bis zum 7. Oktober für je 35,50 bis 42,50 Euro angeboten. Der Löwenanteil vom Erlös geht an Rocket selbst. Bis zu 700 Millionen Euro sollen allein in den Ausbau der elf wertvollsten und reifsten Beteiligungen fließen, darunter die Online-Möbelhändler Home24 und Westwing sowie die Modehändler Dafiti und Lamoda. Doch selbst diese elf Firmen haben im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von zusammen 757 Millionen Euro 442 Millionen Euro Verlust erwirtschaftet. Bei jüngeren Unternehmen in exotischeren Ländern ließen sich die Geschäftszahlen zum Teil noch gar nicht ermitteln, hieß es im Prospekt. Dennoch wurden die Beteiligungen von Rocket Internet bei den jeweils letzten Kapitalspritzen mit zusammen rund 2,6 Milliarden Euro bewertet. Dabei habe Rocket nur 169 Millionen Euro in deren Aufbau investiert.

Die in mehr als 100 Staaten aktiven Firmen sind im Schnitt erst zwei Jahre alt. Die Palette reicht vom Online-Möbelhändler über Essens-Lieferdienste bis zu Internet-Zahlungsabwicklern. Sie beschäftigten inzwischen 20.000 Mitarbeiter in mehr als 100 Ländern vom Nahen Osten über Afrika und Asien bis Südamerika.

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FIRMEN-PRODUKTION AM FLIESSBAND

Nach dem Börsengang liegen zudem gut zwei Milliarden Euro in der Firmenkasse. Der angepeilte Börsenwert ist aber weit höher, so dass Experten Rocket Internet als hoch riskantes Investment einschätzen. Wer einsteigt, setzt auf die Fähigkeit der Samwers, weiterhin neue Internet-Händler und -Dienstleister in aller Welt quasi am Fließband zu gründen und danach profitabel zu machen oder weiterzuverkaufen. Rocket Internet "strebt danach, die größte Internetplattform der Welt außerhalb der USA und Chinas zu werden", heißt es im Prospekt. "Wir sind überzeugt, dass Rocket eine einmalige Chance hat, am Wachstum des Internethandels in Schwellenländern teilzuhaben", sagte Oliver Samwer.

Anders als bisher will Rocket künftig möglichst die Mehrheit an seinen Beteiligungen halten und nicht rasch Anteile an andere Investoren verkaufen. An den elf ausgereiftesten Firmen hält Rocket bisher nur Anteile zwischen 21 und 49 Prozent.

Die drei Samwers selbst könnten mit dem Börsengang weitere 210 Millionen Euro einstreichen, wenn die Aktien-Nachfrage so hoch ist, dass sie auch die Platzierungsreserve nutzen. Der Global Founders Fund der Samwers ist mit 52,3 Prozent größter Rocket-Aktionär, nach dem Börsengang schmilzt ihr Anteil bis auf knapp 40 Prozent. Die schwedische Beteiligungsgesellschaft Kinnevik, mit der die Samwer-Brüder auch bei Zalando verbündet sind, verkauft keine Aktien, lässt ihren Anteil aber auf 13,5 von 18,1 Prozent abschmelzen. Zu den Altaktionären gehören auch United Internet und die philippinische Telefongesellschaft PLDT, die im August eingestiegen waren. Bis zu 24 Prozent von Rocket Internet sollen nach dem Gang an die Börse bei neuen Investoren liegen.

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OFT FEHLEN DIE BILANZEN

Rocket wird zunächst im schwach regulierten Entry Standard gelistet, in dem sich sonst nur Klein- und Kleinstwerte tummeln. Denn einige der jungen Firmen im Portfolio von Rocket Internet können noch nicht die von der Börse geforderten Bilanzen vorweisen. In eineinhalb bis zwei Jahren will Rocket Internet in den Prime Standard wechseln, der auch eine Mitgliedschaft in den großen Börsenindizes erlaubt. Rocket-Aktien für 582 Millionen Euro haben sich mehrere Anker-Investoren reserviert, allen voran der schottische Fonds-Anbieter Baillie Gifford (Scottish Mortgage Investment Trust) mit 350 Millionen Euro. Die US-Bank JPMorgan, die den Rocket-Börsengang neben Berenberg und Morgan Stanley begleitet, übernimmt Papiere für 100 Millionen Euro.

Reuters