Durchhalteparolen bei der Startup-Schmiede Rocket Internet : "2016 wird anders", sagte Firmenchef Oliver Samwer am Donnerstag. Für das vergangene Jahr gab das Unternehmen einen hohen Verlust bekannt. Nun werde der Fehlbetrag sinken. Samwer versicherte, bis Ende kommenden Jahres würden mindestens drei seiner Beteiligungen die Gewinnschwelle erreichen. Denn bisher wachsen die größten Startups von Rocket - wie der Kochbox-Anbieter HelloFresh, Essenslieferdienst Delivery Hero und die Möbelhändler Westwing und Home24 - zwar stark, sie häufen aber überwiegend immer höhere Verluste an. So kam HelloFresh 2015 auf ein Umsatzplus von 335 Prozent, dabei weitete der Börsenanwärter seinen Fehlbetrag allerdings auch um mehr als 670 Prozent aus.

An der Börse machten Anleger keine Fortschritte aus. Die im nur schwach regulierten Entry Standard gelistete Aktie brach um bis zu 12,2 Prozent auf 25,45 Euro ein und lag damit deutlich unter dem Ausgabepreis von 42,50 Euro. In den vergangenen Tagen hatte der Titel allerdings um rund 20 Prozent zugelegt.

Investoren sind seit längerem verunsichert, ob Rocket letztlich mit seinem Geschäftsmodell - dem Gründen und Verkaufen von Startups - Geld verdienen kann. Bisher verbrennen die Berliner Unternehmen dabei vor allem ihr Kapital. So häuften die größten Beteiligungen im vergangenen Jahr einen Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von einer Milliarde Euro an. Den Wert des Firmenportfolios schätzt Finanzchef Peter Kimpel weiterhin auf rund sechs Milliarden Euro. Angesichts mehrerer Kapitalmaßnahmen verfügte Rocket Ende 2015 trotzdem über Bargeld in Höhe von 1,8 Milliarden Euro.

BÖRSENGANG KANN DAUERN



Im vergangenen September hatte Samwer unter anderem vorgegeben, in den nächsten 18 Monaten mindestens eine seiner Beteiligungen an die Börse zu bringen und somit frisches Kapital einzusammeln. Dieses Ziel schwächte der Firmenchef nun ab. Es könne in Abhängigkeit von den Finanzmärkten auch länger dauern.

Unterdessen versucht Samwer mehr Ordnung in das weltweite Startup-Netz zu bekommen. So trennte sich Rocket im Februar in einigen Märkten von seinen Essenslieferdiensten, sicherte seinem E-Commerce-Geschäft in Afrika im März eine umfangreiche Finanzierungsrunde, an der sich unter anderem Goldman Sachs beteiligte, und entließ in einigen Beteiligungen Mitarbeiter. Erst am Dienstag veräußerte die Firma für 137 Millionen Dollar einen Großteil ihres Anteils am südostasiatischen Onlinehändler Lazada an Alibaba, was an der Börse gefeiert wurde. Den Betrag will Rocket ins weitere Wachstum stecken, genau wie die Mittel aus dem Wachstumskapitalfonds, die nunmehr bei 655 Millionen Euro liegen. Weitere Kapitalmaßnahmen sollen damit verhindert werden.

Rocket zufolge zeigen der Onlinehändler Namshi aus dem Nahen Osten und Westwing bisher die größten Fortschritte auf dem Weg zur Gewinnschwelle. Ingesamt habe sich bei den größten Beteiligungen die - allerdings immer noch negative - Ebitda-Marge im Schnitt um sechs Prozentpunkte auf 29,7 Prozent verbessert. Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr um rund 69 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Rocket selbst machte unter dem Strich einen Verlust von knapp 198 Millionen Euro.

Reuters