Beim Softwarehaus SAP ist die Stimmung derzeit so gut wie schon ganz lange nicht. Ende Juli erst haben die Walldorfer Investoren mit prima Quartalszahlen erfreut. Und die Aktie eilt von einem Hoch zum nächsten. Am Donnerstag Mittag hat das Papier mit 79,34 Euro den höchsten Stand seit dem Allzeithoch vom März 2000 bei 91,03 Euro markiert. Mit einem aktuellen Börsenwert von 96,8 Milliarden Euro ist SAP inzwischen das teuerste Unternehmen Deutschlands.





Angesichts der Entwicklung rückt nun die magische 100-Milliarden Euro-Marke ins Visier. Dafür müsste die Aktie auf 81,40 Euro steigen. Gemessen am heutigen Kurs von rund 78 Euro wären das gerade mal drei Euro bzw. kaum vier Prozent Kursaufschlag. Im aktuellen Börsenumfeld ist das in zwei Tagen locker drin.

Erfahrung mit der 100 Milliarden-Grenze



Ein bisschen Erfahrung mit der 100-Milliarden-Marke hat Europas größter Softwarekonzern ohnehin schon gesammelt - wenn auch jenseits des Atlantik und nicht in Euro: "An der NYSE hat SAP einen Marktwert von über 100 Milliarden US-Dollar erreicht", ließ der Konzern Anfang August in einer kurzen Foto-Notiz zu einem Fototermin mit dem Werbepartner FC Bayern München nicht ohne Stolz wissen.



Anlass für das Foto-Highlight war ein PR-Termin mit den Bayern an der Wall Street. Die Mia-san-mia-Kicker waren kurz nach dem Trainingsauftakt zur neuen Saison auf US-Werbetournee. Neben ein paar Testspielen gehörte dazu auch die Pflege von Werbepartnern wie Audi, Adidas - und eben SAP. Angeführt von SAP-Finanzchef Luka Mucic durfte Bayern-Präsident Karl-Heinz Rummenigge zur Handelseröffnung an der New York Stock Exchange die berühmte Glocke läuten. Nationalspieler Jerome Boateng lächelte höflich.

Schlechtes Omen?



SAP wäre nicht das erste deutsche Unternehmen, das die 100 Milliarden-Euro-Marke geschafft hat. Aus dem Dax waren in der Vergangenheit unter anderem Volkswagen und Bayer an der Börse kurzzeitig zwölfstellig bewertet. Volkswagen profitierte von einer Übernahmeschlacht durch Porsche, die den Stuttgarter Sportwagenbauer am Ende die Selbstständigkeit kostete. Nach dem Sieg der Wolfsburger schrumpfte die VW-Aktie zügig wieder auf Normalmaß.


Und Bayer büßte den 100-Miliarden-Status im vergangenen Dezember schlicht wegen der Schwäche an den Weltbörsen ein. Ob dieses Schicksal nun auch SAP droht?

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Einschätzung zur Aktie



SAP schwebt derzeit auf Wolke 7. Zwar gab es im Frühjahr noch leise Zweifel von Investoren, weil der Konzern im 1. Quartal die Markt-Erwartungen wegen mehrerer verschobener Aufträge verfehlt hatte.

Doch im zweiten Quartal holte SAP alles wieder rein. Von April bis Juni ging es beim Umsatz währungsbereinigt um satte neun Prozent auf 5,2 Milliarden Euro nach oben. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis kletterte gar um elf Prozent auf 1,54 Milliarden Euro.

Blockbuster HANA



Aber die Walldorfer Wette auf die Cloud zahlt sich nun aus. Gleichzeitig läuft das Lizenzgeschäft unerwartet gut. Mit der Echtzeitanalyse-Software HANA hat SAP einen echten Blockbuster im Programm. Bei HANA werden die Daten nicht mehr auf Festplatten gespeichert und dann in den Arbeitsspeicher geladen, sondern direkt in riesigen Arbeitsspeichern vorgehalten. Einzelne Auswertungen lassen sich so teilweise 1000 Mal schneller fahren als mit herkömmlichen Software-Lösungen.

Inzwischen hat SAP sein Kernprodukt zur Steuerung betriebswirtschaftlicher Standardprozesse wie Einkauf, Finanzbuchhaltung oder Lagerhaltung praktisch komplett auf HANA getrimmt. Damit können auch große Unternehmen auf Knopfdruck und in Echtzeit sehen, wo sie gerade stehen. Kein Wunder, dass Konzerne inzwischen Schlange stehen. Alleine bis Jahresende soll "eine mittlere bis hohe dreistellige Kundenzahl" auf SAP S/4 HANA umgestellt haben, kündigte Finanzvorstand Mucic unlängst im Interview mit BÖRSE ONLINE an.



Die Vorzeichen, dass das so bleibt, sind gut. Denn gegenüber Wettbewerbern hat SAP einen klaren Vorsprung. Man rede hier "von mehreren Jahren", heißt es aus der Branche.

Steigende Profitabilität



Mittelfristig dürfte die Profitabilität bei SAP weiter steigen. Mit Hochdruck arbeitet der Konzern an einer neuen, einheitlichen IT-Infrastruktur. Das spart Kosten. Und mit den Mietangeboten hat Europas größtes Softwarehaus einen großen Rendite-Hebel in der Hand. Während beim ersten Miet-Vertrag noch Vertriebskosten zu stemmen sind, fallen die bei der nach drei bzw. vier Jahren fälligen Verlängerung weg. Das dürfte das Ergebnis weiter treiben.



Auch charttechnisch ist derzeit alles im grünen Bereich. Der aus dem Jahr 2008 stammende langfristige Aufwärtstrend ist intakt. Bis zum Allzeithoch von 91,03 Euro hat das Papier noch ordentlich Luft. Nach unten ist die SAP-Aktie in der Zone aus dem jüngsten Ausbruchsbereich zwischen 72 und 75 Euro sehr gut abgesichert. Wir bleiben bei unserer Empfehlung. Kaufen.

Kursziel: 91 Euro

Stopp: 72 Euro