Herr Mucic, Bundestrainer Jogi Löw hat die Nationalmannschaft bei der WM in Brasilien auch mit Hilfe von SAP-Software auf die Gegner eingestellt. Wie viel SAP steckt im vierten Stern der Nationalmannschaft?

Gewonnen hat das Team auf dem Platz. Aber natürlich sind wir stolz, dass wir mit unserer Lösung HANA Match Insights einen Beitrag dazu leisten konnten, das Spiel der Nationalmannschaft, aber vor allem auch das der Gegner, auszuwerten und daraus taktische Schlüsse zu ziehen.


Und jetzt fragen andere Verbände und Vereine schon nach Analyse-Tools made in Germany?

Ja. Wir sehen ein starkes Interesse, sowohl von Clubs als auch von Verbänden, und zwar nicht nur aus dem Fußball, sondern auch aus anderen Sportarten wie Eishockey, Basketball oder American Football. Von daher glauben wir, dass wir hier weiteres Geschäft im Sport- und Entertainment-Umfeld generieren können.


Also werden Clubs wie der FC Bayern München ihre Spieler demnächst auch mit Daten aus HANA Match Insights versorgen?

Der FC Bayern ist ein langjähriger SAP-Kunde. Schauen wir mal, ob sich das auf den operativen Spielbetrieb erweitern lässt (lacht).

Auf Seite 2: Mucic über das zweite Quartal und die zweite Jahreshälfte 2014

Im abgelaufenen zweiten Quartal hat SAP unerwartet solide Zahlen vorgelegt. Große Wettbewerber wie Oracle hatten dagegen zuletzt zu kämpfen, die Software AG hat Investoren sogar mit grottenschlechten Zahlen verprellt. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?

SAP hat sich in den vergangenen Jahren auf die eigenen Stärken konzentriert, die auch für unsere Kunden zählen, und das ist der ausschließliche Fokus auf Software sowie die Entwicklung von kundenorientierten Innovationen. Wir haben mit HANA eine disruptive und hoch-innovative Technologie-Plattform geschaffen, die unseren Kunden massive Vorteile bietet, sowohl hinsichtlich der Vereinfachung und der Beschleunigung von Geschäftsprozessen als auch bezüglich der dazu gehörigen IT-Architektur und der damit verbunden niedrigeren Kosten. Natürlich haben wir auch zugekauft, zum Beispiel in der Cloud. Aber nicht mit Blick auf Synergien auf der Kostenseite, sondern mit dem Ansatz, die Lösungen mit der Vertriebskraft der SAP am Markt zu platzieren. Das hat sehr gut funktioniert. Wir wachsen im Cloud-Bereich 1,5 Mal schneller als Oracle. Unser großer Wettbewerber hat sein Geschäftsmodell mit der Sun-Übernahme dagegen um den Hardware-Bereich erweitert und zahlreiche Unternehmen zugekauft, um Synergien zu heben. Das ist nicht unser Ansatz.


Aber es gibt ja durchaus noch ein paar Herausforderungen, vor allem auf der Währungsseite. Der Euro ist weiterhin stark. Welche Belastungen erwarten Sie in der zweiten Jahreshälfte?

Wir hatten im ersten Quartal einen starken Währungseinfluss. Das hat sich im zweiten Quartal abgeschwächt, war aber immer noch spürbar. Alleine bei den Software- und Softwarebezogenen Service-Umsätzen (SSRS) waren es zuletzt noch vier Prozent. Selbst wenn die Währungsrelationen auf dem heutigen Niveau blieben, wie sie heute sind, hätten wir im Gesamtjahr immer noch negative Einflüsse von zwei Prozent bei SSRS.


Das entspräche rund 300 Millionen Euro, beziehungsweise rund 120 Millionen Euro beim bereinigten operativen Ergebnis....

....….Aber man muss klar sehen, dass wir ja keinen Einfluss darauf haben, wie sich die Währungen entwickeln. Deshalb geben wir unsere Guidance währungsbereinigt.


Die Sorgen über die Währungsentwicklung haben Sie ja nicht exklusiv. EZB-Chef Mario Draghi erklärte unlängst, der starke Euro stelle für die EZB ein "ernsthaftes Problem dar". Airbus-Vorstand Fabrice Bregier hat die Politik bereits aufgefordert, etwas gegen den starken Euro zu unternehmen. Was halten Sie davon?

Natürlich würde uns ein niedrigerer Eurokurs guttun, denn die meisten unserer Wettbewerber sitzen in den USA. Andererseits glaube ich nicht, dass Forderungen aus der Wirtschaft helfen werden, den Eurokurs zu senken. Deshalb müssen wir uns auf die Dinge konzentrieren, die wir beeinflussen können: wir müssen innovativer, technologisch und qualitativ besser sein als unsere Wettbewerber, und das umfassendere Angebot haben.


Eine Absicherung gegen Währungsrisiken wäre ja auch über andere Ansätze möglich, etwa über die Stärkung der ausländischen Entwicklungsstandorte. Wäre das langfristig ein Thema?

Knapp 40.000 unserer 67.000 Beschäftigten arbeiten an Standorten außerhalb Deutschlands und Sie sehen an unseren Ergebnissen, dass wir von einem solchen natürlichen Hedging profitieren. Die Kostenbasis ist im zweiten Quartal stärker gesunken als der Umsatz, weshalb unsere Non-IFRS-Marge zuletzt um 80 Basispunkte auf 29,8 Prozent gestiegen ist.


Meine Frage zielte eher auf die mittelfristige Planung und den Ausbau der ausländischen Standorte. Wäre das ein Weg?

Nein. Wir haben einen sehr wichtigen Teil unserer Entwicklungskapazitäten am Standort in Walldorf. Dort liegt ein gewaltiges Know-how, denken Sie nur an die Entwicklung von HANA, die in wesentlichen Teilen hier vorangetrieben wird. Das ist von fundamentaler Bedeutung. Das können wir nicht einfach so irgendwo anders hinverlegen. Hier stehen operative Erwägungen ganz klar vor Wechselkurs-Überlegungen. Und davon abgesehen: Wechselkursentwicklungen sind keine Einbahnstraße. Sie können die zentrale Entscheidung, wo Ihr wichtigstes Asset - Ihre Mitarbeiter - angesiedelt sind, nicht von solchen Einflüssen abhängig machen.

Auf Seite 3: Mucic über das Cloud-Geschäft und die Software AG

SAP hat im Cloud-Geschäft zuletzt sehr ordentlich zugelegt. Aber der Wettbewerb wird härter. Salesforce will sein Deutschland-Geschäft massiv ausbauen. In zehn Jahren will der Konzern SAP sogar überholen. Beunruhigt?

Nein. Wir nehmen den Wettbewerb sehr ernst. Aber Salesforce hat im vergangenen Jahr umgerechnet rund 260 Millionen Euro Verlust einfahren. Wir sind profitabel - auch in der Cloud. Und wir wachsen. Alleine im zweiten Quartal haben wir in Europa im Cloud-Geschäft um 51 Prozent zugelegt. SAP ist hier so stark verankert, wie wohl in kaum einer anderen Region weltweit. Zudem haben wir gegenüber den Wettbewerbern mit unserer breiten Produktpalette auch in der Cloud ein Alleinstellungsmerkmal. Von daher sind wir hier sehr gelassen.


SAP hat zuletzt mehrere Akquisitionen gestemmt. Die Software AG aus Darmstadt gilt vielen Beobachtern als Übernahmekandidat. Wenn man zynisch wäre, könnte man sagen, das Unternehmen ist nach der jüngsten Gewinnwarnung noch billiger geworden. Würde die Software AG in Ihr Portfolio passen?

Das sehe ich nicht. Wir haben generell in den Bereichen, die für uns strategisch wichtig sind, einige Zukäufe gemacht. Wir können uns hier weitere Übernahmen vorstellen, aber die Priorität hat dabei die Cloud.

Auf Seite 4: Mucic über die Sorge um einen Stellenabbau bei SAP und das Listing in den USA




Siemens hat zuletzt sein US-Listing aufgegeben. Zuvor haben sich bereits zahlreiche andere deutsche Konzerne wie Infineon oder Bayer von der Wall Street verabschiedet und unter anderem auf hohe Kosten, steigende Anforderungen und wachsende Rechtsrisiken verwiesen. Was machen Sie noch in den USA?

SAP hat hier im Vergleich zu anderen deutschen Unternehmen ganz andere Voraussetzungen. Wir haben ein vergleichsweise hohes Handelsvolumen in New York mit täglich rund einer Millionen Aktien. Das entspricht etwa einem Drittel des Handels in Frankfurt. Außerdem ist ein US-Listing ein wesentlicher Faktor, um als wichtiger Spieler in den USA wahrgenommen zu werden. Nicht zuletzt haben wir auch Aktienprogramme für unsere Mitarbeiter. Viele unserer Kollegen schätzen in diesem Zusammenhang das US-Listing. Von daher sehen wir überhaupt keine Notwendigkeit, hier etwas zu ändern.