Der Umsatz von Siemens erhöhte sich von April bis Juni um acht Prozent auf 21,4 Milliarden Euro, auch dank der Erstkonsolidierung der Windenergie-Sparte Siemens Gamesa. Vergleichbar - also bereinigt um Währungs- sowie Zu- und Verkäufe stieg der Umsatz um drei Prozent. Der Gewinn im Industriegeschäft legte um drei Prozent auf 2,25 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich verdiente Siemens mit knapp 1,5 Milliarden Euro 7 Prozent mehr als im Vorjahr.

Doch während im zurückliegenden alle Kennzahlen verbessert werden konnten, deuten die Neuorders weniger gute Geschäfte in der Zukunft an. Der Auftragseingang schrumpfte um 9 Prozent auf 19,82 Milliarden Euro. Der Rückgang lag an erheblich geringeren Großprojekten bei Siemens Gamesa sowie in der Sparte Power & Gas. Zudem verfehlte Siemens mit den präsentierten Ergebnissen die Markterwartungen. Analysten hatten mit einem Umsatz von 21,78 Milliarden Euro, einem Auftragseingang von 21,43 Milliarden Euro und einem Gewinn im Industriegeschäft von 2,41 Milliarden Euro gerechnet.

Gleichzeitig belastete die Übernahme von Mentor Graphics sowie der Zusammenschluss des Windgeschäfts mit der spanischen Gamesa die Marge im Industriegeschäft. Für Enttäuschung sorgten auch die Börsenpläne für die Medizintechniktochter Healthineers. Anders als von einigen Börsianer erhofft soll die Sparte nicht mehr dieses Jahr sondern im ersten Halbjahr 2018 auf das Parkett kommen.

Die Erstnotiz solle mit dem Verkauf neuer Aktien an Anleger erfolgen, teilte der Technologiekonzern mit. Siemens äußerte sich damit erstmals zu Zeitplan und Form des bereits in Aussicht gestellten Börsengangs. Bisher stand auch im Raum, dass Siemens alternativ die neuen Aktien an die eigenen Investoren verschenken oder die Medizintechnik-Sparte mit einem bereits börsennotierten Unternehmen fusionieren könnte.

Damit kommt die bereist 2014 begonnene strategische Neuausrichtung von Siemens einen weiteren Schritt voran. Der Konzern wandelt sich derzeit von einem Industrieausrüster zum digitalen Technologieunternehmen. Dabei wird Joe Kaeser Hauptverantwortlich für den Umbau bleiben. Der Aufsichtsrat verlängerte das Mandat der Vorstandschefs um weitere zweieinhalb Jahre bis zur Hauptversammlung 2021. Damit will Siemens sicherstellen, dass Kaeser die implementierte mittelfristige strategische Neuausrichtung bis 2020 auch zu Ende bringen kann.

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Einschätzung der Redaktion

Siemens hat seine Ziele für das Gesamtjahr bereits zweimal nach oben angepasst. Die nun erneut bestätigte Prognose sieht vor, dass der Überschuss auf bis zu 6,5 Milliarden Euro zulegen soll, ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Neu an diesem Plan ist, dass die Integrationskosten für den Kauf des US-Softwarespezialisten Mentor Graphics sowie die Fusion der Windkraftsparte mit Gamesa mit eingerechnet sind.

Bei Siemens haben sich zuletzt Markterwartung und tatsächliche Geschäftsentwicklung voneinander entkoppelt. Der dieses Jahr erstmals zurückgegangene Auftragseingang sollte Anlegern noch keine Sorgen bereiten. Gerade im Bau große Windkraftprojekte kommen unterjährige Schwankungen aufgrund der hohen Odervolumina einzelner Bestellung öfter vor. Insgesamt läuft es damit für Münchner weiter durchaus zufriedenstellend, während der Börsengang der Medizintechnik kommt. Nur eben etwas später als erhofft. Weil die Zahlen den jüngsten Abwärtstrend der Aktie aber kaum stoppen dürfte, scheint es zu früh die Kursschwäche als günstigen Einstieg zu nutzen. Wir stufen Siemens daher auf beobachten zurück.

Empfehlung: Halten
Kursziel: 130,00 Euro
Stoppkurs: 100,00 Euro