Stada macht auf schwer zu haben und will mittels erhöhter Umsatz- und Gewinnprognose Begierde wecken. Der Arzneimittelhersteller wird von zwei Bietergemeinschaften umworben, die beide jeweils 58 Euro je Aktie für den Konzern bieten. Um den Produzenten von Markenpräparaten wie dem Erkältungsmittel Grippostad oder dem Sonnenschutzmittel Ladival zu kaufen, haben sich die Finanzinvestoren Advent und Permira sowie Bain und Cinven zusammengeschlossen. Die Konsortien bewerten das Unternehmen aus Bad Vilbel bei Frankfurt jeweils mit 3,7 Milliarden Euro.

Der Preis ist den Deutschen offenbar jedoch nicht hoch genug. Um die Interessenten zu besseren Geboten zu reizen, sagte das Unternehmen daher einen für gestern angesetzten Verhandlungstermin ab. Anberaumte Gespräche seien zunächst auf Entscheidung des Aufsichtsrats hin vertagt worden, so der Konzern. Dies habe allerdings nichts damit zu tun, dass Stada mit der Verzögerung noch ein weiteres Konsortium bestehend aus einem Finanzinvestor und einem strategischen Investor in den Bieterstreit holen wolle.

Dafür hob der Konzern seine mittelfristigen Ziele deutlich an. Demnach soll im Geschäftsjahr 2019 nun ein bereinigter Konzernumsatz von 2,65 bis 2,7 Milliarden Euro erzielt werden. Zuvor lag die Erwartung bei rund 2,6 Milliarden Euro. Beim bereinigten EBITDA rechnet der Vorstand mit einer Spanne zwischen 570 und 590 Millionen Euro nach bisherigen 510 Millionen Euro. Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit soll sich binnen drei Jahren auf 560 bis 580 Millionen Euro verbessern. Die Barmittel lagen 2016 bei 333,5 Millionen Euro. Die bereinigte EBITDA-Marge soll 2019 bei knapp 22 Prozent liegen. Mittelfristig rechnet der Vorstand zudem mit weiteren Effizienzsteigerungen und damit verbunden mit einer weiteren Verbesserung der bereinigten EBITDA-Marge auf rund 23 Prozent.

Die Abgesagten Gespräche wirken ein wenig wie das Spiel: Guter Bulle, böser Bulle. Die erhöhten Ziele wiederum sollen zeigen, welches Potential Stada bei sich sieht. Mit der nach oben gelegten Messlatte macht der Konzern gegenüber seinen Aktionären zudem deutlich, dass er sehr wohl auch allein den Börsenwert steigern kann.

Die Rolle des Guten in diesem Spiel übernimmt Matthias Wiedenfels. Der Manager rückte auf den Vorstandsposten nachdem sein Vorgänger Hartmut Retzlaff auf Betreiben des aktivistischen Investors AOC aus dem Unternehmen ausschied. Dies offiziell jedoch aus gesundheitlichen Gründen. Wenig überraschend ist Nachfolger Wiedenfels einer Übernahme gegenüber deutlich aufgeschlossener. "Eigenständigkeit ist für mich kein Selbstzweck", so Wiedenfels. Er wolle zwar das operative Geschäft voranbringen aber "wenn morgen jemand kommt und einen attraktiven Preis bietet, entscheiden die Aktionäre, ob sie verkaufen wollen oder nicht."

AOC war es dann auch, der bei dem Pillenproduzent deutliche operative Verbesserungen einforderte. Wiedenfels legte ein Programm zur Verbesserung von Umsatz und Ergebnis vor, doch der erste Wurf des Neuen ging AOC nicht weit genug. Mit den jetzt erhöhten Annahmen hat Wiedenfels nachgelegt und passender Weise auch gleich gute Gründe geliefert, weshalb die Kaufinteressenten für Stada tiefer in die Tasche greifen sollten.

Den Part des neuen Verkaufsgegners übernimmt nach Retzlaff nun Aufsichtsratschef Carl Ferdinand Oetker. Der Pudding-Erbe pochte bislang auf die Unabhängigkeit von Stada. Das Unternehmen erklärte zwar der Vorstand habe die volle Unterstützung des Kontrollgremiums in den Gesprächen. Gleichwohl beschloss der Aufsichtsrat die Einrichtung eines "Ad-hoc-Ausschusses" unter Leitung von Oetker, der den Vorstand bei den Gesprächen eng begleiten soll. Es gehe um die "Wahrung des Unternehmensinteresses", begründete Stada den ungewöhnlichen Schritt.

Trotz der gegensätzlichen Auffassung sind sich sowohl Wiedenfels als auch Oetker in der Bewertung der vorliegenden Angebote jedoch einig. Vorstand und Aufsichtsrat seien der Meinung, dass die bisherigen Angebote nicht den Wert des Unternehmens widerspiegelten.

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Einschätzung der Redaktion



Der abgesagte Termin und die angehobene Mittelfristprognose gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Verhandlungstaktik und ist der Versuch den Preis über die bisher gebotenen 58 Euro zu steigern.

Angesichts von zwei Interessenten ist es im Sinne der Stada-Aktionäre, dass der Konzern versucht die Bietersituation auszunutzen und den Preis zu verbessern. Ob das gelingt ist allerdings fraglich, denn einen dritten Käufer scheint das Unternehmen nicht in der Tasche zu haben. Die bisherigen Interessenten sind Finanzinvestoren, wollen Stada also nicht um Arzneimittelhersteller zu werden, sondern um beim Verkauf des Konzerns einen Gewinn zu machen.

Anders sieht das bei einem strategischen Interessenten aus, der glaubt durch Stada die eigenen Geschäfte noch besser betreiben zu können und damit bereit wäre, noch etwas mehr für das Unternehmen zu zahlen. Die Existenz eines solchen Interessenten hat Stada gestern jedoch dementiert. Das schwächt die eigene Verhandlungsposition ein wenig.

Zudem haben die Finanzinvestoren durch ihren Zusammenschluss zu zwei Bieter-Paaren den Pool der Wettbewerber bereits selbst verkleinert. Das einer der beiden sein Gebot erhöht, ist damit aber nicht ausgeschlossen. Welche Möglichkeiten in dem Unternehmen stecken zeigen die verbesserten Ziele von Wiedenfels. Und die Erhöhung zeigt auch, Stada sieht sich durchaus in der Lage dieses Potential selber zu heben. Druck auf die Finanzinvestoren kommt zudem seitens ihrer eigenen Geldgeber. Diese haben den Fonds Milliardenbeträge anvertraut die nun gewinnbringend anzulegen sind. Ohne eine Strategen sinkt zwar die Chance ausgerufene Höchstpreise zwischen 62 und 64 Euro je Aktie zu erhalten, nachgebesserte Angebote sind aber alles andere als ausgeschlossen.

Weil die Aktie aber bereits stark gestiegen ist und Übernahmeverhandlungen bis zum letzten Moment kippen können, eignet sich die Aktie weiter nur für spekulativ orientierte Anleger. Wir senken das Kursziel.

Kursziel: 60,00 Euro Stoppkurs: 44,80 Euro