"Aus aufsichtsrechtlicher Sicht kann die Datenflut aus dem Stresstest sehr gut genutzt werden", sagt Pascal di Prima, Bankenaufsichts- Experte der Kanzlei Simmons & Simmons.

BASEL III: Bis Ende 2018 müssen die Banken weltweit die neuen Kapitalvorschriften nach "Basel III" voll umsetzen. Beim Stresstest wurden noch die Übergangsvorschriften berücksichtigt, wie sie bis 2016 gelten. Doch die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat analysiert, wie die 24 heimischen Teilnehmer abgeschnitten hätten, wenn Basel III im Stresstest voll angewendet worden wäre. Dann wären zusätzlich zur Münchener Hyp (2,9 Prozent hartes Kernkapital) vier weitere deutsche Geldhäuser durchgefallen: die genossenschaftlichen Spitzeninstitute DZ Bank (4,9) und WGZ (4,6) sowie das Sorgenkind HSH Nordbank (4,8). DZ und WGZ Bank haben das Loch allerdings in diesem Jahr mit Kapitalerhöhungen schon gestopft. Genossenschafts- und viele Landesbanken haben eines gemein, wie der Test zeigt: Sie haben viel Kapital, das künftig nicht mehr als sicherer Schutz gegen Krisen anerkannt wird. Am Finanzmarkt werden die Banken vielfach schon heute an ihren Basel-III-Quoten gemessen.



LEVERAGE RATIO: Die Bilanzprüfung zeigt zum ersten Mal eine nach einheitlichen Maßstäben errechnete Verschuldungsquote für alle europäischen Banken. Sie setzt die Eigenkapitaldecke ins Verhältnis zur gesamten Bilanzsumme, während die gewöhnlichen Kapitalquoten sich auf die riskanten Teile der Bilanz beziehen. Fünf deutsche Institute lagen Ende 2013 noch unter dem künftig geforderten Wert von drei Prozent für die Verschuldungsquote: erneut die DZ (2,7 Prozent) und die WGZ Bank (2,0 Prozent), die Deutsche Bank (2,4 Prozent), die Münchener Hyp (2,25 Prozent) und die Wüstenrot Pfandbriefbank . Letztere ausgenommen, haben alle mit Kapitalerhöhungen inzwischen erfolgreich an der Quote geschraubt.

Für Baufinanzierer wie Wüstenrot ist die Verschuldungsquote eher irreführend, wie Bankenaufseher einräumen: Sie haben ein großvolumiges, aber sicheres, weil mit Hypotheken abgesichertes Geschäft.



DER GRÖSSTE STRESS: Die DekaBank und die LBBW scheinen von einer schweren Wirtschaftskrise, wie sie im Stresstest simuliert wurde, am schwersten betroffen. Bei beiden schnurrt die Kapitaldecke um mehr als sechs Prozentpunkte zusammen. Bei der Deka liegt das vor allem an den Fonds, die bei simulierten Kapitalmarktturbulenzen stark an Wert verlieren. Die Kapitalmarktrisiken hatten die Aufseher extra scharf "gestresst": Sie wurden nicht nur auf ihre Wertverluste in einer Rezession getestet, sondern auch an ihrer Entwicklung in den letzten schweren Finanzkrisen gemessen. Die LBBW ist ebenfalls im Fondsgeschäft aktiv und hatte Ende 2013 noch riskante Papiere im Milliardenvolumen auf der Bilanz. Auch ein Meldefehler der Bank, den die LBBW erst nach dem Ablauf der Einspruchsfrist entdeckte, trug zum Abschmelzen der Kapitalquote bei, wie ein Sprecher der Bank sagt.

Insgesamt liegen die deutschen Banken beim Stress-Effekt auf ihr Kapital im Mittelfeld. 29 Prozent davon wären nach einer Krise weg, mehr als bei Banken in Spanien oder Frankreich. Dort hätten die Bankenaufseher anders als in Deutschland schon in den vergangenen Jahren stärker auf konkrete Zahlen geachtet, wie es in einer Studie von Strategy& (früher Booz & Co) heißt.



DIE ROSIGSTEN AUSSICHTEN: Bleibt eine schwere Krise in den kommenden drei Jahren aus, kann die verstaatlichte Hypo Real Estate ihre Kapitalpuffer am kräftigsten aufstocken. Von ohnehin opulenten 16,5 Prozent auf 18,2 Prozent würde ihre harte Kernkapitalquote im "Basis-Szenario" des Stresstests bis dahin wachsen. Doch gelten die Annahmen der EZB zur Konjunkturentwicklung in Europa, die von Jahresbeginn stammen, heute schon als zu optimistisch. Bei der DekaBank (minus 1,8 Prozentpunkte) und der LBBW (minus 1,2) ginge es dagegen auch ohne Stress mit der Kapitalausstattung abwärts.

Allerdings geht der Stresstest zur Vereinfachung davon aus, dass die Banken in drei Jahren nichts an ihrer Bilanz ändern - eine unrealistische Annahme.



WIDERSTANDSFÄHIG: Die Deutsche Bank muss sich für die nächste Krise keine Sorgen um ihre Ertragskraft machen - wenn sie so aussieht wie die Notenbanker sie simuliert haben. Selbst im Krisenszenario traut sie sich 2015 einen Gewinn von knapp zwei Milliarden Euro zu, für 2016 von 1,8 Milliarden Euro. Ohne Krise wären es jeweils über drei Milliarden. Die Commerzbank reagiert deutlich sensibler: Ohne Krise würde ihr Nettogewinn im Basis-Szenario bis 2016 auf 1,7 Milliarden Euro steigen, in einer Wirtschaftskrise stünden ihr drei Verlustjahre bevor.



WENIG AUSZUSETZEN: Die Abschlussprüfer der deutschen Banken dürfen sich bestätigt fühlen. Die EZB-Prüfer hatten kaum etwas an ihren Jahresabschlüssen von 2013 auszusetzen - obwohl sie zum Teil schärfere Maßstäbe angelegt hatten als die geltenden Bilanzierungsregeln es erlauben. Im Schnitt kamen sie auf eine Kapitalquote, die nur um 0,27 Prozentpunkte unter den Ist-Werten lag. Knapp ein Drittel davon entfiel auf pauschale Abschläge, die die EZB auf faule Schiffskredite vorgenommen hatte. Trotzdem machte sie hinter die Kapitalquoten von Deutschlands größtem Schiffsfinanzierer HSH Nordbank ohne Abstriche einen Haken. Die größte Abweichung nach unten gab es bei der BayernLB, bei der die EZB die Kapitalquote von 14,0 auf 13,2 Prozent nach unten korrigierte.

Reuters