Der Frontalangriff eines streitbaren US-Investors auf den Werbeflächen-Vermarkter Ströer könnte ein juristisches Nachspiel haben. Das Unternehmen prüfe rechtliche Schritte, teilten die Kölner am Donnerstag mit. "Ströer wird den Bericht im Hinblick auf falsche Angaben überprüfen und zeitnah inhaltlich Stellung beziehen." Carson Block, der sich vor allem mit Attacken auf chinesische Unternehmen einen Namen gemacht hatte, äußerte in einer 60-seitigen Studie seiner Investmentgesellschaft Muddy Waters massive Zweifel an der Bilanzierung und der Unternehmensführung von Ströer. So sei das Wachstum des Online-Geschäfts in den vergangenen zwei Jahren übertrieben dargestellt worden. Muddy Waters habe deshalb mit Leerverkäufen gegen die Aktie gewettet. "Wir glauben nicht, dass die Zukunft für Ströer in diesem Bereich so rosig ist wie der Markt glaubt", sagte Block der Nachrichtenagentur Reuters.

Der Bericht brockte der Ströer-Aktie den größten Kurssturz seit dem Börsengang vor sechs Jahren ein. Der Kurs brach binnen weniger Minuten um bis zu ein Drittel ein, nachdem die Studie veröffentlicht worden war. Ströer büßte damit zeitweise fast 800 Millionen Euro Börsenwert ein. Zum Handelsende lag die im Nebenwerteindex MDax notierte Aktie immer noch 18 Prozent im Minus. Das Unternehmen wird damit aber immer noch rund 2,3 Milliarden Euro bewertet.

Eine Erklärung von Ströer half dem Kurs nur langsam wieder auf die Sprünge: "Der Bericht ist weit hergeholt, enthält nichts Neues und ist verleumderisch", hieß es in einem Brief von Ströer an Investoren. Die Geschäftsaussichten seien "ausgezeichnet". Das Unternehmen rechnet für 2016 weiterhin mit einem Umsatz von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro und einem operativen Gewinn (Ebitda) von 270 bis 280 Millionen Euro. Block lässt das kalt: Ströer habe reagiert wie alle anderen, die er angegriffen habe. "Ich erwarte immer, dass die Unternehmen herauskommen und so hart zurückschlagen wie sie nur können."

Block sagte, er sei auf Ströer aufmerksam geworden, als sich einige "clevere" Investoren gegen die Aktie positioniert hatten. Ströer war mit der Vermarktung von Plakatwänden groß geworden. Zuletzt hatte sich das Unternehmen auf Online-Werbung verlegt. "Als wir tiefer gebohrt haben, haben wir Risse in der Fassade des Digitalgeschäfts entdeckt", sagte Block. Misstrauisch habe ihn vor allem der Kauf des Online-Werbers FreeXMedia gemacht, der vorher dem Gründersohn Dirk Ströer und Vorstandschef Udo Müller gehört hatte. "Ich habe bei chinesischen Firmen ähnliche Strukturen gesehen. Da schrillten bei mir die Alarmglocken." 55 Prozent an Ströer sind in festen Händen: Die Aktien liegen bei Dirk Ströer, bei Müller und der Deutschen Telekom, die ihre Online-Plattform t-online.de im vergangenen Jahr an Ströer verkauft hatte.

Carson Block, ein ehemaliger Jurist der Kanzlei Jones Day in China, hatte sich seit 2011 vor allem auf chinesische Firmen eingeschossen und einige davon ins Wanken gebracht. Er wird von Experten inzwischen zu den einflussreichsten Investoren in den USA gezählt. Im Dezember hatte eine Studie von Muddy Waters einen Kurssturz beim französischen Einzelhändler Casino ausgelöst. Das Unternehmen sei "gefährlich verschuldet", hieß es dort. Auch damals hatte Block gegen den Aktienkurs gewettet. Die Aktie hat sich allerdings in der Zwischenzeit fast vollständig erholt.

Reuters