Wenn Staatspräsident und Regierungschef Jacob Zuma nervös und sich seiner Sache nicht sicher ist, hat er die infantil wirkende Angewohnheit, zu kichern und zu lachen, selbst in Parlamentssitzungen und bei offiziellen Auftritten. Er lacht viel in diesem Jahr. Viele Südafrikaner wissen zurzeit dagegen nicht, ob sie angesichts der seit Jahren andauernden Politfarce am Kap der Guten Hoffnung lachen oder weinen sollen.

Zumas jüngste Baustelle: eine Regierungsumbildung Ende März, die auch Finanzminister Pravin Gordhan sein Amt kostete. Gordhan, der im In- und Ausland als Garant einer einigermaßen vernünftigen Geldpolitik galt, stand seit Langem auf Zumas Abschussliste. Der Präsident wollte Atomkraftwerke in Russland bestellen - für über 70 Milliarden US-Dollar. Geht leider nicht, so Gordhan, kein Geld da. Weg war er. Der neue Finanzminister Malusi Gigaba, der zuvor als Innenminister mit Unfähigkeit glänzte, ist ein loyaler Gefolgsmann Zumas.

Die Reaktionen auf die Kabinettsumbildung werden für das Land teuer. Die Ratingagentur Standard & Poor’s stufte prompt die Kreditwürdigkeit ab: von "BBB-" auf "BB+". Damit sind die Schuldscheine Südafrikas, Heimat der größten Börse Afrikas mit Sitz in Johannesburg, erstmals seit der Jahrtausendwende wieder Junk, spekulativer Schrott. Moody’s erwägt ebenfalls den Downgrade. Die Landeswährung Rand brach massiv um etwa zehn Prozent ein, was die Inflation, aktuell um sechs Prozent, weiter anheizen dürfte. Südafrikanische Staatsanleihen gaben nach. Die Arbeitslosigkeit liegt infolge jahrelanger Misswirtschaft bei etwa 30 Prozent. Politisch ist Südafrika unter Zuma zu einem Tollhaus geworden, wirtschaftlich ein Sanierungsfall.

Die "Rainbow Nation", die Freiheitskämpfer und Nationalheld Nelson Mandela 1994 weitgehend friedlich aus der Apartheid-Ära führte, hat einen langen Niedergang hinter sich. Auf den Präsidenten des Neuanfangs und der Aussöhnung folgte der intellektuelle Thabo Mbeki, der eklatante Fehlentscheidungen traf. Er ließ den autokratischen Präsidenten Robert Mugabe im benachbarten Simbabwe sein Land in den Ruin treiben und beschwor einen Exodus der Bevölkerung herauf. Das für Südafrika, wo heute etwa sieben Millionen Menschen HIV-infiziert sind, zentrale Thema Aidsbekämpfung "löste" der Staatschef mit dilettantischen Ernährungstipps, insbesondere mit Roter Bete und Knoblauch.

Auf Seite 2: Betrug, Korruption, Unfähigkeit





Betrug, Korruption, Unfähigkeit



Doch Mbekis Nachfolger Zuma, seit knapp acht Jahren im Amt, setzt in den Disziplinen Inkompetenz, Korruptheit und Vetternwirtschaft neue Maßstäbe. 783 gegen ihn laufende Betrugs- und Korruptionsverfahren schwelen vor sich hin und könnten bald wiederaufgenommen werden. Der 75-Jährige brach nach Ansicht der Gerichte die Verfassung und bereicherte sich nachweislich persönlich. Er ist reformunwillig und -unfähig. 2019 endet seine zweite, letzte Amtszeit. Dann wird gewählt, und es scheint erstmals seit Ende der Apartheid-Ära denkbar, dass seine Partei, der Afrikanische Nationalkongress (ANC), abgesetzt wird. Alles deutet darauf hin, dass Zuma den Bogen überspannt hat und der ANC massiv an Rückhalt verliert. Schon lange schreien seine wichtigsten Politgegner Zeter und Mordio: die führende Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) ebenso wie die sogenannten Economic Freedom Fighters (EFF) unter Julius Malema, als Chef der ANC-Jugendorganisation einst Zumas Protegé.

Neu ist, dass sich weitere langjährige Verbündete vom Präsidenten abwenden. Der Gewerkschaftsbund Cosatu forderte ihn zum Rücktritt auf, die Kommunistische Partei (SACP) entzog das Vertrauen - was Kriegserklärungen gleichkommt.

Zumas ANC verfügt zwar über eine Mehrheit im Parlament, aber auch dort schwindet die parteiinterne Unterstützung für den Präsidenten. Aus weiten Teilen des ANC wird offen Kritik geäußert, so von Zumas Stellvertreter Cyril Ramaphosa, einer der Kandidaten für die Nachfolge als Staatschef.

Demos gegen Vetternwirtschaft



Bereits im August 2016 wurde der ANC bei Regionalwahlen in Johannesburg, Nelson Mandela Bay (Port Elizabeth) und Pretoria aus politischen Ämtern gejagt. Meinungsumfragen legen nahe, dass die große Mehrheit der Gesellschaft genug vom Klüngelregime hat. "Zuma must fall", wird in diesen Tagen auf zahllosen Demonstrationen im Land skandiert - oder auf Afrikaans "Zuma moet gly": Zuma muss weg. Der Präsident arbeitet währenddessen darauf hin, seinen Nachfolger als ANC-Chef (und damit möglicherweise auch als Präsident) zu küren. Ende dieses Jahres stehen Wahlen zur ANC-Parteispitze an. Zuma würde gern Nkosazana Dlamini-Zuma inthronisieren, seine Ex-Frau. Die könnte ihn dann, so der Verdacht, künftig vor der Justiz und lästigen Gerichtsprozessen schützen. Bingo.

Anleger tun gut daran, die politischen Verwerfungen in den nächsten Monaten genau zu verfolgen, sie könnten schon bald gut lachen haben. Sobald nämlich die Zuma-Ära Geschichte ist - oder das politische Aus des Präsidenten zumindest absehbar -, dürften die Börse in Johannesburg, südafrikanische Anleihen und der Rand kurzfristig eine Erleichterungsrally hinlegen. Wer sich der politischen und wirtschaftlichen Risiken bewusst ist, sollte nach und nach langsam Positionen aufbauen. Global tätige Aktiengesellschaften, die von einem politischen Umschwung profitieren würden, sind etwa das Pharmaunternehmen Aspen, die Holding Bidvest und der Einzelhändler Shoprite - sowie der gesamte Finanzsektor.



Auf Seite 3: Südafrika auf einen Blick