Die Staatsanwaltschaft München durchkreuzte damit den Plan der VW, den Dieselskandal hinter sich zu lassen, um im Wettkampf mit Daimler und BMW wieder angreifen zu können.

Angesichts der Ermittler im Haus sagte Audi-Chef Stadler, lediglich: "Wir kooperieren vollumfänglich. Ich selbst habe größtes Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts." Fragen zu Konsequenzen für ihn ließ er offen.

Für Stadler kommen die Ermittlungen zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Dem langjährigen Audi-Chef wird schon länger intern zur Last gelegt, dass er bei der Aufarbeitung der Abgasmanipulation keine glückliche Figur abgegeben habe. Zuletzt waren in einem Rechtsstreit mit einem gekündigten Entwicklungsingenieur neue Vorwürfe laut geworden. Demnach könnte der Audi-Chef deutlich früher als bisher bekannt Kenntnis von den Unregelmäßigkeiten bekommen haben. Stadler konnte sich jedoch im Amt halten, weil der Aufsichtsrat der VW-Tochter ihm das Vertrauen aussprach. Zuvor hatte das Kontrollgremium die Vorwürfe durch eine Rechtsanwaltskanzlei prüfen lassen. Diese kam den Angaben von Audi zufolge zu dem Ergebnis, dass die Anschuldigungen haltlos seien.

Auf die vielen Fragen nach personellen Konsequenzen wollte Stadler auf der Bilanzpressekonferenz nicht näher eingehen. Er verwies darauf, dass zwei Entwicklungschefs und Mitarbeiter auf unteren Ebenen hätten gehen müssen. Zu seiner Person habe der Aufsichtsrat "eine klare Aussage" gemacht. Den Zeitpunkt der Razzia - direkt vor Beginn der wichtigsten Pressekonferenz des Jahres, zu der Journalisten aus aller Welt anreisen - kommentiere er nicht.

Grund für den Besuch der Ankläger bei Audi sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II, die nach eigenen Angaben ein Verfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung eingeleitet hat. Gegenstand der Untersuchungen ist demnach der Verkauf von insgesamt rund 80.000 Autos in den USA, die mit von Audi entwickelten großen Dieselmotoren mit drei Litern Hubraum ausgerüstet sind und in den Jahren 2009 bis 2015 verkauft wurden. Es bestehe der Verdacht, dass "technische Vorrichtungen zur Manipulation von Abgaswerten" in diese Fahrzeuge eingebaut seien. Die Ingolstädter VW-Tochter hatte im November 2015 den Einsatz von Schummel-Software in großen Dieselmotoren eingeräumt.

Nach Angaben von Ken Heidenreich, Sprecher der Staatsanwaltschaft München II, gibt es noch keinen konkreten Anfangsverdacht gegen einzelne Personen. "Es ist heute noch nicht zu prognostizieren, wie sich die Ermittlungen weiter entwickeln." Am Mittwoch waren laut Heidenreich 18 Staatsanwälte und 80 Beamte in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen im Einsatz. Neben den Audi-Standorten durchsuchten sie ab 7.00 morgens weitere Orte.

AUDI-CHEF: WEDER MEINE PRIVATRÄUME NOCH MEIN BÜRO DURCHSUCHT



Stadler sagte, seine Privaträume seien nicht durchsucht worden. "Ich habe noch keinen Besuch gesehen. Ich bin aber auch seit 7.30 Uhr hier, und meine Frau hat noch nicht angerufen." Auch sein Büro sei nicht durchsucht worden. Die Razzia lief nach Stadlers Angaben am Nachmittag noch. Vor dem Vorstandsgebäude in Ingolstadt parkten zahlreiche Fahrzeuge der Ermittler, Kamerateams und Reporter warteten vor der Tür.

In seiner Rede sagte Stadler, die Aufarbeitung des Abgasskandals sei noch lange nicht abgeschlossen. "Als Konsequenz aus der Dieselaffäre stellen wir bei Audi alles auf den Prüfstand." Der langjährige Vorstandsvorsitzende verwies etwa auf neue Compliance-Strukturen. Die Audianer träten "mit aller Entschlossenheit dafür ein", dass ein solcher Skandal nie wieder passiere, warb er um Vertrauen. Die Ingolstädter hatten 2015, wenige Wochen nachdem der Abgasbetrug bei VW durch die US-Umweltbehörden ans Licht gebracht wurde, ihre Verwicklung eingeräumt.

RENDITE SACKT 2016 WEGEN DIESELSKANDAL AB



Die Geschäftszahlen gerieten angesichts der Ermittlungen in den Hintergrund. Im vergangenen Jahr musste Audi erneut viel Geld zurücklegen: Gut 1,6 Milliarden Euro waren es allein für die Folgen des Dieselskandals, hinzu kamen weitere 162 Millionen Euro im Zusammenhang mit womöglich fehlerhaften Airbags des japanischen Herstellers Takata. Das Operative Ergebnis sackte 2016 in der Folge um 37 Prozent ab auf 3,1 Milliarden Euro. Die operative Rendite ging auf 5,1 (Vorjahr: 8,3) Prozent zurück und lag damit weit unter den Werten der Rivalen Mercedes und BMW.

rtr