Nach neun Monaten lag der Betriebsgewinn mit 9,4 Milliarden Euro bereits in Schlagdistanz. Mit seinen zwölf Marken ist Volkswagen breit aufgestellt und kann Schwächen in einzelnen Märkten besser ausgleichen als viele Konkurrenten. Zudem brummt das China-Geschäft. Der Vorstand gibt sich wegen der Folgen der Ukraine-Krise aber noch zurückhaltend und hält weiter auch einen Ergebnisrückgang für möglich.

"Wir bleiben bei unseren Aussagen, weil wir glauben, dass das Umfeld nach wie vor sehr volatil ist", sagte Konzernchef Martin Winterkorn am Donnerstag bei einer vom "Handelsblatt" veranstalteten Autokonferenz in München. Ein wenig Zuversicht ließ er aber doch durchblicken: Der Konzern werde wohl auch nach zwölf Monaten "ganz gut" abschneiden. Konkreter wurde er nicht. Branchenexperten, wie Frank Schwope von der NordLB, sind überzeugt: "Volkswagen wird in diesem Jahr mit einem Rekordgewinn glänzen." Er rechnet, wie sein Kollege Arndt Ellinghorst vom Analysehaus ISI, mit einem operativen Gewinn von mehr als zwölf Milliarden Euro.

Die Analysten äußern aber angesichts der trüberen Konjunkturaussichten Verständnis dafür, dass Winterkorn vorsichtig ist. "Die Unsicherheit hält an, und 2015 wird es sicher nicht viel einfacher", sagte Ellinghorst. Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise machen einigen Herstellern - darunter auch VW - zu schaffen. Zudem verunsichert der Konflikt viele Verbraucher in Westeuropa, was die Wachstumsaussichten verschlechtert. VW-Konkurrent Renault sieht die Lage in Europa mittlerweile allerdings wieder etwas positiver. Für das Gesamtjahr rechnet der französische Konzern nun mit einem Marktwachstum in Europa von fünf Prozent nach bislang erwarteten drei bis vier Prozent.

Für den wichtigen russischen Markt hofft Winterkorn auf ein baldiges Anspringen der Auto-Nachfrage. Dort war der Absatz der Konzernmarken in den ersten neun Monaten um knapp 13 Prozent eingebrochen - analog zum Gesamtmarkt. Die größten Wachstumschancen sieht Winterkorn derzeit in den USA, wo VW wegen einer verfehlten Modellpolitik der Konkurrenz noch hinterfährt. Die größten Risiken wiederum lägen in Südamerika.

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CHINA-GESCHÄFT STÜTZT DEN GANZEN KONZERN

Etwa 40 Prozent seiner Autos verkauft Volkswagen auf dem Heimatmarkt, kann aber Schwächen dort durch sein starkes China-Geschäft mehr als ausgleichen. In den ersten neun Monaten flossen aus der Volksrepublik knapp vier Milliarden Euro an Betriebsgewinn nach Wolfsburg. Der Vorsteuergewinn legte dadurch um mehr als ein Fünftel auf 11,5 Milliarden Euro zu. Der Umsatz kletterte wegen negativer Währungseffekte lediglich um ein Prozent auf 148 Milliarden. Weltweit lieferte der Konzern einschließlich der Lkw-Töchter MAN und Scania 7,54 Millionen Fahrzeuge aus, plus fünf Prozent. Damit lagen die Wolfsburger nur noch gut 70.000 hinter Weltmarktführer Toyota, den sie in den nächsten Jahren überholen wollen.

Volkswagen profitierte in den ersten neun Monaten vor allem davon, dass Audi und Porsche gut verdienten. Die beiden steuerten erneut fast zwei Drittel zum Betriebsgewinn des Konzerns bei. Weil die Erträge auch bei der tschechischen Tochter Skoda sprudelten und deren spanische Schwester Seat den Verlust eindämmte, fiel die Schwäche der Kernmarke VW weniger ins Gewicht. Deren Betriebsgewinn sank um ein Fünftel auf 1,7 Milliarden Euro.

Winterkorn will bei der Hauptmarke jährlich fünf Milliarden Euro einsparen, um deren Renditeschwäche zu beheben. Im dritten Quartal fiel die operative Rendite hier mit 2,8 Prozent zwar besser aus als zu Jahresbeginn. Dazu hätten neben dem gestiegenen Pkw-Absatz in Westeuropa auch geringere Belastungen durch Währungseffekte sowie niedrigere Materialkosten beigetragen, erläuterte ein Sprecher. VW war damit aber noch weit entfernt von der für 2018 angepeilten Marge von mindestens sechs Prozent. Damit auch VW wieder mehr verdient, soll die Kernmarke effizienter werden: Mit einem Bündel an Maßnahmen will Winterkorn erreichen, dass sich die Bereiche Entwicklung, Produktion und Vertrieb besser abstimmen und Reibungsverluste abnehmen. Zugleich denkt er darüber nach, weniger Leiharbeiter einzusetzen. Einschnitte beim Stammpersonal sind nicht geplant.

Der Fahrplan soll bis zum Jahresende stehen. Er wird Grundlage für neue Ziele sein, mit denen Winterkorn den Wolfsburger Konzern für die Zeit nach 2018 fit machen will. Ob der 67-Jährige dann selbst noch an der Spitze steht oder einem Nachfolger Platz macht, wird allerdings immer fraglicher. Denn im "Spiegel" ließ Winterkorn jüngst durchblicken, dass er ans Aufhören denkt, wenn sein Vertrag Ende 2016 ausläuft. Erwartet wird, dass er danach in den Aufsichtsrat wechselt und Firmenpatriarch Ferdinand Piech als Vorsitzenden des Gremiums ablöst. Auf die Frage, ob sein Nachfolger aus dem Unternehmen kommen müsse, sagte Winterkorn nun: "Das muss nicht sein, aber das hat viele Vorteile." Vor allem in einem großen Konzern sei es von Vorteil, wenn man die Abläufe kenne und die Menschen. "Da wird sich jemand von außen immer schwer tun."

Reuters

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Einschätzung der Redaktion

Die Edelmarken Audi und Porsche haben dem Volkswagen-Konzern ein überraschend starkes Ergebnisplus beschert. Die Kernmarke VW schwächelt indes. Um gegenzusteuern, hat Konzernchef Martin Winterkorn Sparmaßnahmen angekündigt. Die operative Marge der Kernmarke soll so bis 2018 von 2,3 auf mindestens sechs Prozent gesteigert werden. Bleibt Winterkorn auf Kurs, dürfte sich das langfristig auch im Aktienkurs widerspiegeln. Die Aktie bleibt attraktiv. Das Kursziel lautet 210 Euro. Der Stopp sollte bei 145 Euro gesetzt werden.

Florian Westermann