Mit einer nie dagewesenen Modelloffensive in den USA will Volkswagen seine Position ausbauen und dauerhaft zum größten Autobauer der Welt aufsteigen. Den Grundstein dafür hat der Wolfsburger Zwölf-Marken-Konzern im vergangenen Jahr gelegt, indem er rund um den Globus erstmals mehr als zehn Millionen Fahrzeuge verkaufte - vier Jahre früher als ursprünglich geplant. Damit liegen die Niedersachsen nun fast gleichauf mit Toyota, die sich 10,2 Millionen Wagen für 2014 zum Ziel gesetzt haben. Analysten rechnen damit, dass VW den japanischen Weltmarktführer bereits im laufenden Jahr vom Thron verdrängen wird, weil die Wolfsburger in China stärker wachsen. Dagegen ist Toyota in den USA präsenter. Um dort endlich aus der Nischenrolle herauszukommen, setzt VW nun ganz auf sportliche Geländewagen.

Konzernchef Martin Winterkorn enthüllte auf der US-Automesse in Detroit, die bis zum 25. Januar geht, die Studie eines fünf-sitzigen sportlichen Geländewagens. Der Cross Coupe GTE wird voraussichtlich in Chattanooga vom Band rollen, wo VW bereits den für die USA entwickelten Passat baut. Der GTE soll den bereits als Hoffnungsträger angekündigten Cross Blue mit sieben Sitzen ergänzen, der ab Ende nächsten Jahres in Chattanooga von den Bändern rollen soll. Teil der nach Konzernangaben größten SUV-Modelloffensive in der Geschichte der Marke VW ist ein weiterer Geländewagen mit sieben Sitzen. Dieser soll den bislang in Wolfsburg für die USA gebauten kleineren Tiguan ersetzen und wird höchstwahrscheinlich ab 2017 in Mexiko hergestellt werden. VW will damit eine Lücke in seiner Modellpalette in den USA schließen. Winterkorn selbst geht davon aus, dass es kein Spaziergang wird, VW in den USA aus der Rolle eines Nebendarstellers herauszuführen. "Wir stehen vor Herausforderungen auf diesem großen Markt", sagte er in Detroit.

Sportliche Geländewagen und Pick-ups sind in den USA wegen der niedrigen Spritpreise stark gefragt und stehen auf der Messe in der Autostadt Detroit im Scheinwerferlicht. Elektroautos drohen dagegen zum Ladenhüter zu werden. Bei den billigen Benzinpreisen denkt derzeit kaum noch jemand ans Umsteigen auf alternative Antriebe.

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AUCH BMW UND DAIMLER SETZEN AUF DEN TREND

Auch Daimler und BMW setzen auf den SUV-Trend. Daimler-Chef Dieter Zetsche kündigte in Detroit für dieses Jahr vier neue oder überarbeitete Geländewagen an. Mercedes-Benz will zudem den Anteil an Fahrzeugen mit Allradantrieb weiter steigern. Auf der Messe zeigt Daimler den wuchtigen GLE Coupe. BMW stellt die neue 6er Serie vor und Audi den neuen Geländewagen Q7. Insgesamt stehen auf dieser wichtigsten amerikanischen Autoschau etwa 40 Weltpremieren auf dem Programm.

Experten rechnen in diesem Jahr mit einem Plus der Verkaufszahlen auf 17,1 (Vorjahr 16,5) Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge - so hoch war die Nachfrage in den USA zuletzt vor fast fünfzehn Jahren. Für 2016 prognostiziert das CAR-Institut an der Uni Duisburg-Essen sogar 17,45 Millionen - damit würden so viele Autos zwischen Maine, Texas und Kalifornien verkauft wie noch nie.

Auch in den Folgejahren soll der Absatz klettern. Die Krise, in der die Opel-Mutter General Motors und die inzwischen zu Fiat gehörende Marke Chrysler vor einigen Jahren vom US-Staat vor dem Ruin gerettet werden mussten, ist abgehakt. Und während das Wachstum in China, dem weltgrößten Automarkt, sein Niveau der Vergangenheit nicht halten kann, übernehmen die USA dank niedriger Zinsen und billigen Öls wieder die Rolle einer Lokomotive für die Automobilindustrie.

VW hat davon bislang jedoch nur wenig. Denn während die Wolfsburger auf dem größten Automarkt der Erde in China die erste Geige spielen, fahren sie in den USA der Konkurrenz hinterher. VW hatte die Fabrik in Chattanooga vor einigen Jahren eigens für den US-Passat gebaut und feierte damit anfangs auch Verkaufserfolge. Weil das Modell nach Meinung von Experten jedoch nicht schnell genug aufgefrischt wurde und VW zu wenig weitere Wagen an den Start brachte, gingen die Verkäufe zurück. Im vergangenen Jahr schrumpften die Auslieferungen von VW in den USA um zehn Prozent auf 367.000 Fahrzeuge.

Analysten bezweifeln trotz der angekündigten Modelloffensive, ob es VW gelingen kann, das schon vor längerem für 2018 gesteckte Ziel von 800.000 verkauften Fahrzeugen zu erreichen. Denn die angekündigten neuen SUV-Modelle kommen erst im nächsten und übernächsten Jahr auf den Markt. Zudem fehlt VW bislang ein Pick-up-Modell, um auch in diesem in den USA besonders wichtigen Segment mitspielen zu können.

Um die US-Kundschaft stärker für VW-Fahrzeuge zu begeistern, wollen die Wolfsburger die Modelle künftig alle fünf Jahre optisch erneuern und nicht mehr wie bisher alle sieben. Dem neuen US-Chef Michael Horn wurde mehr Gestaltungsrechte gegeben. Die Konzernzentrale in Wolfsburg soll nicht alleine entscheiden, was den Käufern in den USA angeboten wird. Die zentrale Steuerung von Deutschland aus war von Analysten und dem VW-Betriebsrat als eines der größten Hindernisse kritisiert worden, um VW in Amerika auf Kurs zu bringen. Nun baut VW mit 200 Experten eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung in den USA auf und will auch das Design stärker an den Wünschen der US-Kundschaft anpassen.

Reuters