Einen Kursverdoppler in einem Börsenjahr zu schaffen ist auch in Zeiten boomender Aktienmärkte eine besondere Leistung. Das in Hannover ansässige Unternehmen Viscom ist drauf und dran, dies 2017 zu schaffen. Damit honorieren die Anleger, dass die Firma mit ihren Inspektionssystemen für elektronische Bauteile kontinuierlich Marktanteile gewinnt und die Margen steigert.

Viscom-Systeme werden überall dort eingesetzt, wo eine vollständig automatische Inspektion von elektronischen Baugruppen in Serienproduktion erforderlich ist - als automatische optische Inspek-tionssysteme oder als Röntgenprüfgeräte. Abnehmer der Geräte sind Entwickler von Antiblockiersystemen, Airbags und Fahrassistenzsystemen für die Autoindustrie, die Elektronikbranche sowie die Luft- und Raumfahrttechnik.

Durch Bildverarbeitung wird dabei jedes einzelne produzierte Element gesondert in Sekundenbruchteilen digital fotografiert. Anschließend erfolgt der Vergleich mit einer perfekten und fehlerfreien Referenzbaugruppe. Liegt ein Fehler an der Leiterplatte vor, etwa wenn Bauteile fehlen oder Einzelteile bei der Ver-lötung verschwimmen, erkennt die Anlage solche Defekte und sortiert die Platte aus. Auch Drahtbondverbindungen (Chip-anschlüsse) und transparenter Schutzlack werden auf Fehlermerkmale überprüft.

Die jüngsten Neunmonatszahlen untermauern den Aufwärtstrend. Mit 64,5 Millionen Euro lag der Umsatz um 27 Prozent über dem Vorjahreswert. Zugleich schnellte der operative Gewinn um 34 Prozent auf 9,6 Millionen Euro nach oben, der Nettogewinn um 60 Prozent auf 70 Millionen Euro. Die Jahresprognose von 87 bis 92 Millionen Euro beim Umsatz und 14 bis 16 Prozent operativer Marge sollte angesichts eines Auftragseingangs von stolzen 65,8 Millionen Euro locker drin sein.

Immer für eine Überraschung gut



Und auch unterm Strich ist Viscom für eine Überraschung gut. Im Zeitraum Januar bis September 2017 lag der Gewinn je Aktie bei 0,79 Euro. Schafft Viscom im Schlussquartal mindestens die 0,50 Euro aus dem Vorjahr, ergeben sich daraus 1,29 Euro - und damit deutlich mehr als die 1,12 Euro, von denen zurzeit die Konsensschätzungen der Analysten ausgehen. Dazu kann sich die Bilanzqualität sehen lassen: Die Eigenkapitalquote hat Viscom zuletzt auf 80,5 Prozent weiter gesteigert. Dank des wieder positiven operativen Cashflows haben sich die Finanzmittel auf 8,5 Millionen Euro fast verdoppelt.

Hält man sich diese Fakten vor Augen, ist die Aktie mit einem 2018er-KGV von 21,8 günstig zu haben. Zumal Viscom, so Finanzchef Dirk Schwingel gegenüber BÖRSE ONLINE, in Zukunft auf noch mehr Einnahmen durch Bestandskunden setzt.



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Interview: "Asien hat das größte Potenzial"



Börse Online: Prüfsysteme für die Industrieproduktion sind ein hart umkämpfter Markt. Wie wollen Sie weiter wachsen?


Dirk Schwingel: Wir haben uns frühzeitig in Zukunftstrends wie Elektromobilität eingeklinkt und arbeiten mit namhaften Herstellern zusammen. Entscheidend für unser künftiges Geschäft ist, dass auch hier schnell Standards für Prozessabläufe in der Massenproduktion entwickelt werden, zum Beispiel in den Batteriefabriken. Zugleich weiten wir unsere Service- und Vertriebs-aktivitäten weltweit aus.

In welchen Geschäftsfeldern kann die Profitabilität weiter zulegen?


Wir sind im Maschinenverkauf und im Servicegeschäft profitabel. Das soll auch so bleiben, denn mit steigender Installationsbasis können wir für beide Bereiche Folgegeschäft generieren. Dadurch erhöht sich auch die Kundenbindung. Was für uns umgekehrt bedeutet, noch mehr Fachkräfte für Software und Services einzustellen, ohne die Kosten aus den Augen zu verlieren.

Gerade in Asien ist die operative Marge noch ausbaufähig.


Knapp zehn Prozent sind in einer Region mit einem stark preisgetriebenen Wett-bewerb eine ordentliche Marge. Darüber hinaus bietet Asien im Vergleich zu Europa, wo wir uns in weitgehend gesättigten Märkten behaupten, mit der zunehmenden Standardisierung von Seriensystemen noch das größte Potenzial für unsere Prüfsysteme.

Wie wollen Sie das nutzen?


Indem wir uns über die Qualität unserer Produkte zu einem passablen Preisniveau absetzen. So können wir mit Kombigeräten für die optische Prüfung und Röntgenprüfsysteme höhere Durchsatzmengen erzielen.

Werden Sie die zuletzt wieder steigenden Mittelzuflüsse für Zukäufe verwenden?


Um unser organisches Wachstum zu er-gänzen, sehen wir uns auf dem Markt nach Gelegenheiten um, die zu unseren Produktfamilien passen und mindestens deren Margenniveau erreichen.

Können Aktionäre auf eine höhere Dividendenausschüttung hoffen?


Wir warten erst einmal das Jahresende ab. Bis dahin gilt unsere bisherige Maxime, rund die Hälfte des ausgewiesenen Gewinns auszuschütten.

Dirk Schwingel ist seit 2010 bei Viscom und seit Juni 2011 Konzernvorstand für Finanzen und Investor Relations