Früher war Porsche eine Aktie für Autoliebhaber. Wer heute die Kurschancen einschätzen will, beschäftigt sich mit Para­grafen statt PS: Porsche muss sich in mehreren Gerichtsverfahren gegen Be­trugsvorwürfe zur Wehr setzen. Insge­samt 5,6 Milliarden Euro Schadenersatz könnte auf die Stuttgarter Beteiligungsgesellschaft zukommen, kalkuliert die Berenberg Bank.

Der Streit um Porsche geht zurück auf die Turbulenzen der VW-Aktie im Herbst 2008: Damals schoss der Kurs auf mehr als 1000 Euro in die Höhe, nachdem Por­sche angekündigt hatte, eine Mehrheit von 75 Prozent anzustreben. Damit wur­den Investoren auf dem falschen Fuß erwischt, die aufgrund der damals hohen Bewertung der Aktie auf fallende Kurse gesetzt hatten. Hedgefonds fühlen sich getäuscht: Porsche habe bereits im Frühjahr 2008 die Übernahme geplant, das aber bis Oktober abgestritten.

Zumindest der Machtkampf zwischen Porsche und Volkswagen ist entschie­den: Porsche hatte nicht genug Geld, um die Übernahme zu finanzieren. Die Schwaben begnügten sich mit einer knappen Mehrheit der VW-Stamm­aktien. Im Gegenzug verleibte sich der Volkswagen­-Konzern das operative Ge­schäft von Porsche ein. Die an der Börse notierte Porsche SE ist seitdem kein Sportwagenhersteller mehr, sondern eine Investmentgesellschaft. Kernbeteiligung: 50,7 Prozent der VW-Stammaktien. Weitere "mit Schwerpunkt entlang der automobilen Wertschöpfungskette" sollen folgen.

Während Porsche die Übernahmeschlacht am liebsten zu den Akten legen würde, kämpfen Hedgefonds für Schadenersatz. Vor dem Landgericht Stuttgart hat Porsche vor kurzem einen Etappensieg errungen. Am ersten Verhandlungstag meldete die vor- sitzende Richterin Zweifel an der Argumentation der Kläger an. Es gebe einen ganzen "Parcours an Hindernissen, den es zu springen gilt". Nicht nur der Vor- satz einer Täuschung sei schwer nachzuweisen. Auch sei nicht eindeutig, dass die Fonds ihre Leerverkäufe auf die Volkswagen-Aktie aufgrund von Aussagen Porsches getätigt hätten.

In dem Stuttgarter Verfahren fordern rund zwei Dutzend Hedgefonds insgesamt 1,36 Milliarden Euro. Ein Urteil in diesem Verfahren könnte bereits am 17. März fallen. Die Entscheidung wird die anderen Prozesse nicht stoppen, aber zumindest ein Zeichen setzen.

Das Prozessrisiko drückt Porsches Börsenwert. Auf Basis harter Kennziffern wird das Papier mit einem deutlichen Abschlag gehandelt: Die Porsche-Holding besitzt 150 Millionen VW- Stammaktien. Bei einem Kurs von 190 Euro entspricht das einem Wert von 28,5 Milliarden Euro. Rechnet man Porsches Cashreserven von 2,65 Milliarden hinzu, kommt man auf einen Wert von 31,2 Milliarden Euro. Bei etwas mehr als 306 Millionen Porsche-Aktien macht das rund 100 Euro für jedes Papier.

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Aktie mit Airbag

Da sich der Porsche-Kurs in dieser Woche bei rund 80 Euro bewegte, ergibt sich ein Abschlag von etwa 20 Prozent beziehungsweise sechs Milliarden Euro. Geht man ferner davon aus, dass eine Holding an der Börse grundsätzlich mit einem Abschlag von zehn Prozent belegt wird, bleibt ein Sicherheitspuffer von rund zehn Prozent beziehungsweise drei Milliarden Euro. Ein erheblicher Teil des Prozessrisikos ist damit bereits im Kurs verarbeitet.

Blendet man die juristischen Gefahren aus, richtet sich das Potenzial der Porsche-Aktie nach dem von Volkswagen - mit einem wichtigen Unterschied. "Porsche ist in der gegenwärtigen Konstellation eine VW-Stammaktie mit Hebel", erklärt Frank Biller von der Landesbank Baden-Württemberg.

Der Hebel entsteht durch den Bewertungsabschlag von Porsche und liegt gegenwärtig bei rund 1,2. Das bedeutet: Gewinnt die VW-Aktie ein Prozent, legt Porsche um ungefähr 1,2 Prozent zu. Auch Kursverluste werden entsprechend gehebelt. Porsche als Volkswagen mit Turbo - das hat Tradition.

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