Denn die von einigen Medien zur "letzten Führerin der freien Welt" hochstilisierte Kanzlerin und ihr mutmaßliche Gegenspieler Trump sind erstmals zusammengetroffen. Ein Eklat wie beim japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe bleibt aber aus, den Trump vor kurzem noch in einem langen schmerzhaften Klammergriff gehalten hatte. Mit der kurzen Szene beginnen die persönlichen Beziehungen zwischen der Bundeskanzlerin und dem dritten Präsidenten in ihrer Amtszeit am Freitag denkbar unspektakulär.

Beide Seiten hatten zuvor viel über Symbole nachgedacht. Merkel fährt in einem amerikanischen Chevrolet-SUV und nicht in einer deutschen Luxuslimousine vor. Beim anschließenden Wirtschaftsforum wird Ivanka Trump, die als große Einflüsterin ihres Vaters gilt, direkt neben Merkel platziert. Trump, der ehemalige Immobilienmagnat, fühlt sich im Kreis der Manager sichtlich wohl, lobt die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit und bezeichnet es als "große Ehre", dass Merkel ihn im Weißen Haus besuche.

Von seinen giftigen persönlichen Angriffen früherer Wochen gegen Merkel und ihre Flüchtlingspolitik ist plötzlich nichts mehr zu spüren. Immerhin hatte er die Entscheidung zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge als "geisteskrank" bezeichnet und 2016 gesagt "Deutschland ist ein Desaster" - was in seltsamen Kontrast zu neuer Umfrage steht, dass die Deutschen noch nie so zufrieden sind seit der Wiedervereinigung.

Aber schon das Vieraugengespräch muss dem Unternehmer-Präsidenten und der Kanzlerin klar gemacht haben, dass in diesem Verhältnis dennoch nichts wirklich normal sein wird. Dafür hat Trump zu sehr eine politische Revolution in Fragen des Handels, des Militärs, der Gesundheitspolitik und auch im Umgang mit Medien angekündigt. Als die Journalisten nach dem Vieraugengespräch ins Oval Office vorgelassen werden, ist jedenfalls Spannung spürbar. Die Kanzlerin wirkt im Sessel noch einigermaßen gelöst.

Aber es gibt keinen neuen Handschlag - obwohl Merkel Trump dies sogar vorschlägt. Aber der lässt das Blitzlichtgewitter mit eher mürrischem Gesicht über sich ergehen. Als ein CNN-Reporter die Frage in den Raum ruft, was er zu seinen Spionagevorwürfen gegen seinen Vorgänger Barack Obama sagt, werden die Journalisten sofort aus dem Raum gedrängt.

Und als der Neu-Politiker Trump dann mit Merkel im prunkvollen East Wing des Weißen Hauses vor die versammelte Presse tritt, weicht er von der demonstrativen Zurückhaltung ab, die er sich an dem Tag auferlegt hatte. Auf Nachfrage wütet er dann doch wieder gegen das nordamerikanische Freihandelsabkommen "Nafta", fordert von Deutschland Konzessionen, um das Handelsdefizit abzubauen - und giftet auf kritische Nachfragen etwa zu seinen Abhörvorwürfen. Manchmal wirkt Trump, als er ob am liebsten gleich explodieren würde. In dieser Situation wahren Merkel und Trump nur mühsam die gemeinsame Zielvorgabe, vor allem das Bekenntnis zu einer Zusammenarbeit zu betonen.

Der kleinste gemeinsame Nenner ist deshalb, dass doch beide Seiten einen "fairen" Handel wollten - nur dass offenbar jeder darunter etwas anderes versteht. Merkel jedenfalls betont, dass die EU zuständig sei und man sehr gute Erfahrungen mit Freihandelsverträgen und Offenheit gemacht habe. Aber die Kanzlerin streut in ihre Nachhilfestunden immer wieder ein paar versöhnliche Bemerkungen ein, so dass sich Trump immer wieder zu ihr hindreht und anders als im Oval Office ein Grinsen andeutet. Dies und der Handschlag gelten angesichts der erwarteten Kontroversen mit Washington für das erste Gespräch der beiden schon als Erfolg.

rtr