Kartellprobleme, umstrittener Staatskredit, Spekulationen von Wettbewerbern über ein "abgekartetes Spiel" zwischen Lufthansa und Bundesregierung: Die geplante Aufteilung des Tafelsilbers der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin auf Konkurrenten, insbesondere die Lufthansa, wirft immer mehr Fragen auf.

Das hat zuletzt auch Luftfahrtaktien wie Lufthansa und Easyjet wieder etwas Wind aus den Segeln genommen, die seit dem Insolvenzantrag am Dienstag deutlich Boden gutgemacht hatten. Platzhirsch Lufthansa wird wohl dennoch als großer Profiteur aus der Pleite hervorgehen. Auch wenn noch verhandelt wird, was sie von Air Berlin tatsächlich übernehmen kann, und Kartellauflagen drohen. "Lufthansa wird ihre Marktanteile vor allem bei der Billigtochter Eurowings signifikant ausbauen können", glaubt NordLB-Analyst Wolfgang Donie.

Das Nachsehen haben Air-Berlin-Aktionäre und Anleihegläubiger. Auch Ansatzpunkte für Klagen etwa wegen Verletzung von Mitteilungspflichten sieht die Aktionärsvereinigung DSW derzeit nicht. Air Berlin hatte Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Thomas Winkelmann bleibt damit Vorstandschef, er bekommt mit Wolfgang Kebekus einen erfahrenen Insolvenzexperten an die Seite gestellt. Ein 150-Millionen-Euro-Kredit der Bundesregierung soll den Betrieb vorerst sicherstellen.

Beim Verkauf drängt deshalb die Zeit. Seit Freitag laufen Verhandlungen zunächst exklusiv mit Lufthansa. Air-Berlin-Chef Winkelmann berichtete über zwei weitere börsennotierte Interessenten für Air-Berlin-Teile und die Österreich-Tochter Niki. Neben Lufthansa und der britischen Easyjet gelten die Reisekonzerne Thomas Cook und TUI als interessiert, ebenso der Luftfahrt-Unternehmer Rudolf Wöhrl. Der irische Billigflieger Ryanair dagegen fühlt sich ausgegrenzt und hat Kartellbeschwerde eingereicht.

Herbe Verluste für Gläubiger



Zu den Vermögenswerten von Air Berlin zählen vor allem Start- und Landerechte (Slots). Aus dem Verkaufserlös soll der staatliche 150-Millionen-Kredit getilgt werden, hofft Winkelmann. "Das wird niemals reichen, um die gewaltige Schuldenlast auch nur ansatzweise zu tilgen", glaubt dagegen Jürgen Kurz vom Anlegerverein DSW. Neben den beim Großaktionär Etihad Airways angehäuften Milliardenschulden und dem staatlichen 150-Millionen-Kredit steht Air Berlin bei Anleihegläubigern mit 800 Millionen Euro in der Kreide. "Bei allen Gläubigergruppen drohen herbe Verluste", warnt Kurz. "Dass die Anleihen derzeit noch bei rund zehn Prozent ihres Wertes notieren, zeigt aber, dass immer noch Resthoffnung im Markt auf eine knapp zweistellige Insolvenzquote da ist." Entscheidend sei jetzt eine aktive Beteiligung der Anleihegläubiger am Umschuldungsprozess.

Anhaltspunkte, dass die Insolvenz zu spät angemeldet oder der Öffentlichkeit mitgeteilt worden ist, sieht Kurz nicht. Schadenersatzklagen wegen verletzter Mitteilungspflichten ließen sich derzeit ebenso wenig begründen wie ein Verdacht auf Insolvenzverschleppung. "Nach allem, was bekannt ist, kam die Ad-hoc-Mitteilung zur Insolvenzanmeldung unmittelbar nachdem Etihad die Finanzierung gestoppt hat, was ja der Grund für die Insolvenz war."

Dass Ex-Lufthansa-Manager Winkelmann erst im Februar an die Air-Berlin-Spitze gewechselt ist, lässt aber viel Raum für Spekulationen, dass bereits frühzeitig die Fäden im Hintergrund gezogen wurden. Die Bundesregierung forciert derweil ungewöhnlich deutlich eine nationale Lösung zugunsten von Lufthansa und sieht dies konform mit EU-Recht. "Wir brauchen einen nationalen Champion im internationalen Luftverkehr", sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt.