von Christian Ingerl

Vor einem Jahr haben wir an dieser Stelle auf das "verflixte siebte Jahr" hingewiesen. Gemeint war damit 2015, welches das siebte Hausse-Jahr nach der Finanzkrise 2008 hätte werden können. Doch ganz so einfach hat es "Miss Börse" Anlegern nicht gemacht. Waren zu Jahresbeginn mit der Ankündigung der EZB, ein QE-Programm zu starten, die Märkte noch in Feierlaune, ging dem DAX im April nach einem neuen Allzeithoch die Luft aus. Erst lastete ein möglicher "Grexit" auf den Kursen, danach sorgte die überraschende Abwertung der chinesischen Währung für Turbulenzen. Zum Jahresende kam dann noch kurz vor der erwarteten Zinsanhebung der Fed (nach Redaktionsschluss) ein rapider Ölpreisverfall obendrauf.

"Auf deutliche Kursschwankungen müssen sich Anleger auch im neuen Jahr einstellen", sagt Fondsmanager Andreas Humpe von Schleber Finanz-Consult. Er verweist auf die - ausgehend von China - konjunkturellen Risiken für die Weltwirtschaft sowie den neuen Zinszyklus der US-Notenbank. Nach Prognosen der Commerzbank wird die Fed die Leitsätze bis Ende 2016 bis auf 1,5 Prozent anheben. In diesem höchst unsicheren Umfeld finden dann am 8. November auch noch Präsidentschaftswahlen in den USA statt. Doch Finanzexperte Humpe gibt Entwarnung: "Historische Untersuchungen zeigen, dass sich US-Aktien in Wahljahren überdurchschnittlich gut entwickeln. Zwischen 1928 und 2012 endete der S&P 500 in 16 von 22 Fällen im Plus."

Nach einer Umfrage unserer Redaktion unter 21 Banken und Analyse-Instituten wird das anstehende US-Wahljahr diese Statistik bestätigen. Sie gehen von Kursgewinnen von im Schnitt rund neun Prozent für Dow Jones und S&P 500 aus. Noch deutlich zuversichtlicher zeigen sich die Experten für den alten Kontinent. Beim Euro Stoxx 50 beträgt das durchschnittliche Kursziel 3715 Punkte, ein Potenzial von aktuell 16 Prozent. Der DAX soll demnach um 15 Prozent auf 11 900 Punkte steigen.

Aufgrund der zuletzt konjunkturell starken Frühindikatoren rechnet beispielsweise Warburg Research damit, dass das Börsenjahr 2016 ein typisches Saisonmuster zeigen wird. Ihrer Ansicht nach wird der DAX also vor allem in der ersten Jahreshälfte zulegen und dabei auch die Höchststände aus dem Jahr 2015 erreichen. Danach könnte der Gegenwind für die deutschen Bluechips zunehmen, die Marke von 12 000 Punkten am Jahresende halten die Warburg-Experten trotz alledem für ein realistisches Ziel. Noch zuversichtlicher zeigt sich Chefvolkswirt Jörg Krämer von der Commerzbank: "Die zementierte Nullzinspolitik der EZB lässt den DAX mit einer Dividendenrendite von knapp drei Prozent attraktiv erscheinen, was 2016 Raum für weiter steigende Kurs-Gewinn-Verhältnisse schafft. Unser Ziel für Ende nächsten Jahres liegt bei 12 600 Punkten."



Auf Seite 2: Rekorddividenden





Rekorddividenden



Apropos Dividenden, nicht nur im DAX gibt es viel zu holen, auch weltweit zeigen sich die Unternehmen immer spendabler. "Die Ausschüttungssumme börsennotierter Unternehmen wird 2016 voraussichtlich zum achten Mal in Folge steigen und damit wieder einen neuen Rekord markieren", sagt Aktienchef Henning Gebhardt von Deutsche Asset & Wealth Management. Er sieht daher für die Aktienmärkte 2016 noch Potenzial, weist aber ebenfalls auf eine steigende Volatilität hin.

Wie empfindlich die Investoren auf schlechte Nachrichten reagieren, hat sich bereits in den vergangenen Wochen gezeigt. Die Kürzung der Mittelfristziele Anfang Dezember brockte beispielsweise Linde den größten Kurssturz seit 14 Jahren ein. Der DAX-Titel sackte an diesem Tag um 15 Prozent ab. Vergleichbare Ausschläge gab es aber auch in die andere Richtung wie Ende Oktober bei der Google-Mutter Alphabet. Mit einem Kurssprung von mehr als zehn Prozent honorierten Anleger die guten Zahlen für das dritte Quartal. Dass die Nervosität an den Märkten zuletzt zugenommen hat, lässt sich am Volatilitätsindex ablesen. Der VDAX-New schoss innerhalb nur einer Woche um 15 Prozent auf einen Wert von über 26 hoch. Dass es noch deutlich höher gehen kann, zeigt ein Blick zurück in den August. Im Zuge des China-Crashs erreichte das Barometer in der Spitze Werte von mehr als 43. "Der jüngste Anstieg deutet auf eine Minipanik hin", sagt Humpe, fügt aber gleichzeitig hinzu: "Sollte es zu keinen größeren exogenen Schocks kommen, dürften sich die Schwankungen nach einem möglichen Fed-Zinsentscheid wieder normalisieren."



Auf Seite 3: Die Konjunktur zieht an





Die Konjunktur zieht an



Derweil stehen die Chancen gut, dass die Konjunktur das nötige Fundament für ein positives Kursumfeld liefert. Die von uns befragten Experten erwarten 2016 im Schnitt einen BIP-Anstieg von 1,6 Prozent in der Eurozone. Deutschland dürfte mit 1,8 Prozent überproportional zulegen. Ein Grund für den weiteren Aufschwung auf dem alten Kontinent ist eine mögliche Fortsetzung der Euro-Abwertung gegenüber dem Dollar. "Derzeit gibt es viele Faktoren, die Europa zugutekommen: Niedrige Ölpreise kurbeln den Konsum an, während der schwache Euro die Produkte europäischer Unternehmen global wettbewerbsfähiger macht", betont Fidelity-Fondsmanager Matthew Siddle. Was Letzteres betrifft, wird sich so schnell auch nichts ändern. "Aufgrund der Zinsdivergenz dies- und jenseits des Atlantiks dürfte die europäische Gemeinschaftswährung weiter schwach bleiben", erwartet Humpe.

Bei Gold könnte dagegen der Tiefststand bereits erreicht sein. 2015 verlor die Feinunze rund ein Zehntel ihres Glanzes. BÖRSE ONLINE hat eine Umfrage unter sechs Edelmetall-Experten gestartet, wie es mit dem Goldkurs im kommenden Jahr weitergehen wird. Bis auf die DekaBank sehen die Spezialisten die Talsohle durchschritten und gehen von unveränderten bis leicht steigenden Goldpreisen aus.

Kein eindeutiges Bild liefern derzeit die Emerging Markets. Reformbereite Länder wie Indien dürften von Investoren bevorzugt werden. Auch die Regierung in Peking wird alles versuchen, den Wachstumsmotor am Laufen zu halten. Das nationale Statistikbüro sieht bereits dank einer besseren Binnennachfrage erste Anzeichen für eine Erholung und rechnet damit, dass das für 2015 ausgegebene Wachstumsziel von sieben Prozent erreicht wird. "Alles in allem dürfte 2016 für Asien ein gutes Jahr werden", meint Ken Lambden von Barings. Ganz anders sieht es bei den Schwellenländern auf der anderen Seite der Erde aus. Negativbeispiel ist Brasilien. Die Lage der größten lateinamerikanischen Volkswirtschaft ist verheerend. Eine schrumpfende Wirtschaftskraft, Währungsverfall und Korruptionsskandale prägen das Land am Zuckerhut. Wie bedrohlich die Lage ist, zeigte jüngst eine Drohung von Moody’s. Die Ratingagentur spielt mit dem Gedanken, Brasilien auf Ramschniveau herunterzustufen.

Auf Seite 4: Nervensache





Nervensache



Neues Jahr, neues Glück: Die Aussichten für heimische Unternehmen stufen Experten ­durchweg als günstig ein, auch wenn die Lage im Moment angespannt ist. Wir stellen Ihnen zehn Aktien mit potenziellen Überfliegerqualitäten für 2016 vor. Von Christian Ingerl

Zugegeben, Anleger mussten über ein strapazierfähiges Nervenkostüm verfügen, um im Börsenjahr 2015 standhaft zu bleiben. Doch wer es durchgehalten hat, darf sich kurz vor Weihnachten über ordentliche Gewinne freuen. Unsere Top-10-Auswahl für 2015 brachte es in Summe auf eine ansehnliche Rendite von 24,5 Prozent. Der DAX steht Mitte Dezember nur rund fünf Prozent im Plus. Mit Morphosys liegt lediglich ein Titel im Minus, alle anderen weisen prozentual zweistellige Kurssteigerungen auf. An Nummer 1 steht Syzygy mit einem Zuwachs von 45,5 Prozent. Bei der Webagentur ging unsere Spekulation auf einen starken Geschäftsverlauf sowie eine Übernahme durch den Großaktionär WPP auf.



Auch 2016 ergeben sich hierzulande angesichts der niedrigen Zinsen, des schwachen Euro sowie der häufig führenden Stellung deutscher Konzerne Anlagechancen. Hinzu kommt, dass der Markt noch nicht zu hoch bewertet ist. Nach Ansicht von Fidelity-Fondsmanager Christian von Engelbrechten haben Börsianer die guten Daten deutscher Unternehmen noch nicht voll berücksichtigt: "2015 haben die meisten Firmen die Erwartungen der Analysten übertroffen, die daraufhin ihre Gewinnprognosen nach oben korrigierten. Dieser Trend dürfte nach meiner Einschätzung 2016 anhalten." Das KGV der DAX-Mitglieder liegt seinen Berechnungen zufolge um 20 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. "Verglichen mit ihren europäischen Pendants sind die Bewertungsabschläge deutscher Aktien so hoch wie seit 25 Jahren nicht", sagt von Engelbrechten.

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Die Top 10 für 2016



Wir haben Ihnen erneut eine Zehnerauswahl aus dem deutschen Anlageuniversum herausgefiltert, mit denen Sie 2016 auf Renditejagd gehen können. Dabei handelt es sich um je zwei Aktien aus DAX, MDAX, SDAX und TecDAX sowie einem Nebenwerte-Duo.

Die Zusammenstellung deckt sich nur in einem Titel mit der Favoritenauswahl für 2015: Daimler. Bei dem Autokonzern sehen wir nach einem geglückten Versuch, die ärgsten Konkurrenten Audi und BMW zu überholen, gute Chancen auf eine weitere Kursbeschleunigung. Während VW-Tochter Audi wegen des Abgasskandals und BMW wegen schwacher Verkäufe im Reich der Mitte ins Hintertreffen gerieten, glänzt Daimler gegen den Trend mit starken Absatzzahlen. Vor allem im wichtigen chinesischen Markt zeigen sich bei den Schwaben keine Einbußen. Im Gegenteil: In den ersten drei Quartalen nahmen dort die Verkäufe der Marke mit dem Stern um 46,3 Prozent zu. Auch auf der Gewinnseite hat Daimler nun die Nase vorne. Per Ende September erwirtschaftete die Automobilsparte eine Rendite von 10,2 Prozent, rund einen Prozentpunkt mehr als die Rivalen aus Bayern. "Der Konzern profitiert noch immer von seiner recht jungen Modellpalette, wodurch sich die nächsten zwei Geschäftsjahre als relativ ertragreich darstellen dürften", meint Nord-LB-Analyst Frank Schwope.

Aus dem DAX haben wir mit Fresenius ein weiteres deutsches Qualitätsunternehmen in unsere Favoritenliste für 2016 aufgenommen. Der Gesundheitskonzern überzeugt seit Jahren mit einem starken Geschäftsverlauf und steigenden Dividenden. Zudem stimmen die langfristigen Wachstumsaussichten. Attribute, welche auch auf die beiden MDAX-Konzerne CTS Eventim und Krones zutreffen. Erstgenannter ist Europas größter Vermarkter von Veranstaltungen und ist unter anderem als exklusiver Ticketingpartner für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016 am Start. Die Münchner profitieren vor allem vom steigenden Ticketverkauf im Internet. Dies spiegelt sich in einer stetig steigenden Rendite wider. Auch Krones, Weltmarktführer bei Getränkeabfüllanlagen, konnte seine operative Marge zuletzt verbessern und hob die Latte für 2015 sogar auf sieben Prozent an. Mittelfristig kann sich der designierte Chef Christoph Klenk, der am 1. Januar 2016 das Zepter von Volker Kronseder übernehmen wird, sogar eine noch höhere Marge vorstellen. Potenzial bietet beispielsweise die Sparte Prozesstechnik. Aufgrund von Kostensenkungen und Prozessanpassungen soll die Marge in der Sparte von derzeit mickrigen 0,9 Prozent auf mindestens vier Prozent im Jahr 2017 steigen.

Aus dem SDAX bevorzugen wir Gfk und Grenkeleasing. Für die britische Investmentbank HSBC ist der Marktforscher sogar eine der Top-Investmentideen für 2016. Die Experten gehen davon aus, dass positive Gewinnüberraschungen sowie eine derzeit attraktive Bewertung im kommenden Jahr für Aufwärtspotenzial sorgen könnten. Nach einem Gewinnsprung 2015 rechnet der Analystenkonsens für das kommende Jahr bei Gfk mit einem hohen Plus von mehr als 40 Prozent. Mit einem KGV von knapp zwölf ist der Small Cap also günstig bewertet.

Nicht mehr ganz so billig ist Grenkeleasing. Allerdings schreibt der Leasing-Spezialist seit Jahren eine beständige Wachstumsstory, die sich auch im kommenden Jahr fortsetzen sollte. 2015 konnte Grenkeleasing seine Ziele sogar zweimal angehen. Für die Aktie spricht ein starkes operatives wie auch charttechnisches Momentum.

Dass auch Technologie "Made in Germany" einen hohen Stellenwert hat, zeigen Cancom und Compugroup. Beide Titel überzeugen mit starken Wachstumsperspektiven bei gleichzeitig günstigen Bewertungskennziffern. Beim IT-Dienstleister Cancom kommt sogar noch ein Schuss Übernahmefantasie obendrauf, nachdem sich CDW jüngst die britische Kelway einverleibt hat.

Unterdessen ergeben sich bei Compugroup aus regulatorischer Sicht zusätzliche Impulse. Die Regierung hat das E-Health-Gesetz verabschiedet, das die gesetzlichen Krankenkassen dazu verpflichtet, ihre Versicherten mit einer elektronischen Gesundheitskarte auszustatten. Das TecDAX-Mitglied sieht für Anwendungen rund um die neue Bestimmung ein Umsatzpotenzial von etwa 100 Millionen Euro.

Aus dem Nebenwertebereich fiel dieses Jahr die Wahl auf die Webagentur SinnerSchrader, die sich kürzlich wieder auf den Wachstumspfad zurückgekämpft hat, und Technotrans. Der Druckspezialist profitiert derzeit vor allem von seinem Non-Print-Aktivitäten. Der Umsatzanteil dieses Bereichs liegt bei mittlerweile 36 Prozent und unterstreicht die strategische Neuausrichtung. Aber auch in der Drucksparte zeigten sich zuletzt wieder klare Zuwächse. Die Folge: Das dritte Quartal 2015 war die stärkste Periode seit der Finanzkrise 2009. Die mittelfristigen Aussichten stimmen zuversichtlich: Das Management erwartet bis 2017 die Rückkehr zu den alten Erlöshöhen der Jahre 2006 und 2007. Damals stand der Kurs im Bereich von 24 Euro, ein Niveau, das durchaus schon bald wieder drin sein könnte.



Auf Seite 6: Geliebter alter Kontinent





Geliebter alter Kontinent



Niedrige Zinsen plus anziehende Konjunktur: Eine aussichtsreiche Kombination, die den europäischen Aktienmarkt im kommenden Jahr beflügeln könnte. Wir stellen unsere acht Topwerte vor. Von Christian Ingerl

Das Gros der Analysten ist sich einig, dass der alte Kontinent angesichts der geldpolitischen Anreize durch die Europäische Zentralbank sowie zunehmend positiver Fundamentaldaten zu den weltweit aussichtsreichsten Anlageregionen im kommenden Börsenjahr zählen wird. "Europa ist meiner Ansicht nach hervorragend positioniert, und ich sehe gute Wachstumschancen - bei Small-, Mid- und Large-Cap-Titeln", bringt es Ken Lambden von Baring Asset Management auf den Punkt.

Wir haben uns in den einzelnen Ländern Europas umgesehen und versucht, die "Besten der Besten" herauszufiltern. In unsere Auswahl schafften es nur Unternehmen, die qualitativ hochwertiges Wachstum aufweisen. Da darf natürlich Roche aus der Schweiz nicht fehlen. Der weltgrößte Hersteller von Krebsmedikamenten verfügt über eine starke Forschungspipeline und nimmt zudem eine führende Stellung bei den besonders wachstumsstarken immuntherapeutischen Arzneimitteln ein. Nach dem dritten Quartal hob Roche seinen Ausblick aufgrund starker Verkäufe von neuen Medikamenten an. Zudem machen die Eidgenossen bereits seit Jahrzehnten eine Top-Figur als Dividendenzahler. Im kommenden Jahr wird der Pharmariese seine Dividende zum 29. Mal in Folge erhöhen. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Ausschüttung des Dividenden-Aristokraten vervierfacht.

Auf Seite 7: Auf Wachstum getrimmt





Auf Wachstum getrimmt



Weniger auf Dividende, sondern vielmehr auf Wachstum setzen dagegen Unternehmen wie Yoox Net-A-Porter, die spanische Modekette Inditex oder auch Vestas. Der erstgenannte Retailer aus Italien hat sich kürzlich mit der Onlineplattform Net-A-Porter der Schweizer Richemont zusammengeschlossen und ist damit zum führenden europäischen E-Commerce-Händler im Luxusbereich aufgestiegen. Dies zeigt sich auch in den Zahlen. Das Wachstum von Yoox hat sich von 16 Prozent im zweiten Quartal auf 19 Prozent im dritten Quartal beschleunigt. Net-A-Porter legte sogar um ein Viertel zu. Der anhaltende Trend zu Onlinekäufen im Luxusbereich dürfte die Yoox-Aktie weiter beflügeln. Flügel sollte auch der dänische Windkrafthersteller Vestas bekommen, nachdem sich die Welt auf dem Klimagipfel in Paris auf ein neues Abkommen hat einigen können. Die US-Investmentbank Goldman Sachs führt die Nordlichter sogar auf ihrer angesehenen "Conviction Buy List".

Um im "Flug"-Bild zu bleiben: Der Billigflieger Easyjet könnte 2016 an Schubkraft zulegen. Die Aktie ist zuletzt deutlich hinter die des Konkurrenten Ryanair zurückgefallen. Ängste kamen hoch, dass ein steigender Wettbewerb zu geringeren Margen führen könne. Doch davon ist nichts zu sehen: Im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2014/15 legte das Vorsteuerergebnis um stattliche 18 Prozent zu, der Umsatz kam um 3,5 Prozent voran. Damit hat die britische Airline einen neuen Rekord im 20. Jahr ihres Bestehens erzielt. "Das Unternehmen ist mit dem Zehnfachen der erwarteten Gewinne recht günstig und weist solide Margen und eine starke Bilanz auf", sagt GAM-Experte Gianmarco Mondani. Er sieht gute Chancen, dass Easy-jet Marktanteile gewinnen und die Konsenserwartungen übertreffen könnte.

Die prognostizierten konjunkturellen Verbesserungen in Europa spielen vor allem Reckitt Benckiser sowie dem österreichischen Baukonzern Wienerberger in die Hände. Der britische Konsumgüterhersteller mit bekannten Marken wie Calgon oder Kukident steht bei den Profiteuren eines wirtschaftlichen Aufschwungs in der ersten Reihe. Positiv für Reckitt: Zuletzt sorgte vor allem die steigende Konsum-bereitschaft für eine Expansion in Europa. Der Automobilmarkt auf dem alten Kontinent gerät dadurch ebenfalls immer mehr in Fahrt - das begünstigt Peugeot. Zumal den Franzosen die Dieselaffäre beim Rivalen VW entgegenkommt. Die Peugeot-Aktie ist eine heiße Wette auf ein nachhaltiges Comeback.



Auf Seite 8: Wachstum zum günstigen Preis





Wachstum zum günstigen Preis



An den Rahmendaten, die 2015 nur zu einem durchschnittlichen Jahr für die US-Börse machten, hat sich wenig geändert. Anleger sollten daher gezielt auf moderat bewertete Wachstumswerte setzen. Von Jürgen Büttner

Der laufende Bullenmarkt, der kommenden März seinen siebten Geburtstag zu feiern hofft, dürfte die Anleger einerseits freuen: Schließlich hat sich der S&P 500 seit Anfang März 2009 etwa verdreifacht. Andererseits dürfte er aber auch einige Sorgenfalten verursacht haben. Schließlich mangelt es auch nach der Finanzkrise nicht an neuen Krisenherden. Das muss aber kein schlechtes Omen sein. Schlängelten sich die Kurse in den Vorjahren doch stets an einer Wand der Angst entlang nach oben. Allerdings: Die Einflussfaktoren, die 2015 zu Seitwärtstrends im S&P 500 und im Dow Jones beigetragen haben, prägen auch weiterhin das Marktumfeld.

Zu nennen sind da relativ hohe Aktienbewertungen, denen nur moderate Wachstumserwartungen gegenüberstehen, relativ hohe Gewinnmargen und ein starker Dollar, der Exporteuren die Geschäfte erschwert. Hinzu kommen eine deutlich gestiegene Zahl an notleidenden Unternehmenskrediten sowie die US-Leitzinswende, die wahrscheinlich kurz nach Erscheinen dieser BÖRSE ONLINE Ausgabe eingeleitet wird und Unsicherheiten birgt. Was die Zinspolitik angeht, dürfte es aber erst kritisch werden, falls die Zinsen zügiger angehoben werden müssen als gedacht. Das scheint derzeit unwahrscheinlich. Es könnte aber ein Thema werden, falls der langsam aufkommende Lohndruck 2016 preistreibende Effekte zeigen sollte.

Auf Seite 9: Konjunktur und Firmengewinne





Konjunktur und Firmengewinne



Ansonsten gilt es, auf die wichtigen Indikatoren Konjunktur und Unternehmensgewinne zu achten. Denn bleibt eine Rezession aus, ist die Gefahr eines neuen Bärenmarkts eher gering. Auch der Conference Board’s Leading Economic Index gibt derzeit Entwarnung. Nach einem deutlichen Anstieg im Oktober bewegt sich das Barometer, das als gutes Rezessionswarnsignal gilt, weiter im grünen Bereich. Anleger können sich trotzdem nicht völlig entspannt zurücklehnen. Unter Verweis auf die Wachstumsschwäche vieler Schwellenländer fürchtet etwa US-Ökonom David A. Levy negative Auswirkungen auf die USA. Zudem erinnert der Leiter des Jerome Levy Forecasting Center an die aktuelle Gewinnschwäche der US-Unternehmen. Während er auch die weitere Gewinnentwicklung skeptisch sieht, rechnen Analysten 2016 im Schnitt mit deutlich steigenden Gewinnen. Ob sich diese Hoffnungen erfüllen, bleibt abzuwarten. Ohne positive Ergebnisimpulse könnte es schwierig werden mit größeren Kursgewinnen. Schließlich bewegt sich laut Ned Davis Research das S&P 500 Index-KGV mit rund 22 bereits am oberen Rand der Bewertungsbandbreite, die sich ergibt, wenn man die Blasenphase um das Jahr 2000 ausklammert (siehe Grafik).



Nicht unerwähnt bleiben sollte die Präsidentschaftswahl im Herbst. Weil Wahljahre im vierjährigen US-Präsidentschaftszyklus historisch passable Ergebnisse an der Börse brachten, besteht grundsätzlich kein Anlass zur Sorge. Allerdings könnte im ersten Halbjahr erst noch etwas Sand ins Kursgetriebe gestreut werden.

Damit im weiteren Jahresverlauf der oft typische politische Wahlrückenwind so schnell wie möglich aufkommen kann, wäre es hilfreich, wenn sich unabhängig von der Parteizugehörigkeit möglichst bald ein Gewinner herauskristallisiert. "Würde das doch die Unsicherheit beseitigen, die die Märkte mit Blick auf politische Ereignisse so sehr hassen", sagt Ed Clissold von Ned Davis Research.

Auf Seite 10: Sechs Aktien für 2016





Sechs Aktien für 2016



Bei der Auswahl unserer Kaufkandidaten für das kommende Jahr hat die US-Wahl jedoch keine Rolle gespielt. Unser Fokus richtete sich auf Unternehmen, die Wachstum zu passablen Bewertungen bieten. Hier punkten Avago Technologies und Southwest Airlines mit Bestwerten. Beim Halbleiter-Hersteller Avago steht einem 2016er-KGV von 22,0 ein auf Sicht von fünf Jahren vorhergesagtes Gewinnwachstum von fast 27 Prozent jährlich gegenüber.

Bei Southwest korrespondiert ein prognostiziertes Fünfjahres-Ergebnisplus von durchschnittlich gut 29 Prozent mit einem geschätzten KGV von 11,0. Zudem glänzen beide Titel mit intakten Aufwärtstrends und Rekordkursen. Allerdings sollten Anleger bei Southwest die Entwicklung der Kerosinpreise sowie die gestiegene Terrorgefahr beachten. Beides kann die Geschäfte der Fluglinie massiv beeinflussen. Mit einem Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis (geschätztes KGV von 11,0, erwartetes Fünfjahres-Gewinnwachstum 18,7 Prozent) von unter eins wartet die Biopharma-Gesellschaft Abbvie auf. Da der Markt zweifelt, ob sich diese Wachstumshoffnungen auch tatsächlich erfüllen, tendiert der Kurs seit einiger Zeit nur seitwärts. Das bedeutet aber auch erhebliches Potenzial, falls es dem Konzern gelingt, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Diese sehen von 2014 bis 2020 ein Umsatzplus von 10,8 Prozent jährlich bei einer operativen Marge von mehr als 50 Prozent vor.

Praktisch bei eins bewegt sich das Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis von Goodyear. Obwohl die Aktie des Reifenherstellers kürzlich ein neues Jahreshoch erklommen hat, besteht angesichts dieser Relation noch Luft nach oben. Zumal der neue Internetshop auf dem Heimatmarkt ganz neue Optionen eröffnet.

Bei einem geschätzten KGV von 13,0 und einem erwarteten Ergebnisplus von gut zehn Prozent auf Sicht von fünf Jahren bewegt sich das Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis bei Aetna bei knapp über eins. Teuer ist der Gesundheitsversicherer aber nicht. Im Branchenvergleich lässt sich sogar ein Bewertungsabschlag feststellen, obwohl das Wachstumspotenzial vergleichsweise hoch ist.

Beim Schaden- und Unfallversicherer Travelers dürften sich die Gewinnsteigerungen in den nächsten Jahren nur im mittleren einstelligen Prozentbereich bewegen. Aber eines der niedrigsten KGVs unter den Mitgliedern im Dow Jones und ein stabiler Aufwärtstrend, der seit Jahrzehnten anhält, gleichen das aus.