Unter Punkt 13 der Tagesordnung wird am kommenden Dienstag auf der Hauptversammlung von Francotyp-Postalia (FP) ein eher seltenes Schauspiel stattfinden. Dann sollen die Aktionäre des Frankiermaschinenherstellers darüber entscheiden, ob sie dem Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Günther das Vertrauen entziehen. Der Misstrauensantrag ist die jüngste Attacke von Großaktionär Rolf Elgeti, der rund 28 Prozent an FP hält. Eine genauere Begründung seines Antrags, ob er vielleicht etwas anders machen will, bei dem Günther ihm im Wege steht, gibt es bis heute nicht. Eine Gesprächsanfrage ließ Elgeti unbeantwortet, und so kann man nur über Zerschlagungspläne spekulieren.

Der Kernmarkt von FP, die Frankiermaschine, ist zwar immer noch hochprofitabel, schrumpft allerdings. Seit Günther ins Amt kam, wird mit Investitionen in neue Verschlüsselungssoftware für das Internet der Dinge gegengesteuert. Das Unternehmen entwickelte sich in den vergangenen vier Jahren besser als der Wettbewerb und schüttete mit Ausnahme des Corona-Jahres immer eine Dividende aus.

Elgeti startete seinen Feldzug im vergangenen Jahr. Im Mai 2019 verweigerte er dem Aufsichtsrat die Entlastung, kritisierte zu hohe Kosten und verpasstes Entwicklungspotenzial. Dem Vorstand sprach er damals - noch - sein Vertrauen aus. Jetzt scheint es umgekehrt zu sein.

Schützenhilfe bei seiner Attacke auf Günther erhielt er ausgerechnet von Aufsichtsratschef Klaus Röhrig, der über die Beteiligungsgesellschaft AOC 9,5 Prozent an FP hält. Noch Mitte 2019 hatte Röhrig Günthers Vertrag mit den Worten, dieser treibe die Transformation "konsequent und engagiert" voran, bis 2022 verlängert. Im Frühjahr machte er plötzlich "Differenzen in der Umsetzung der Konzernstrategie" aus und bot Günther einen Aufhebungsvertrag an. Günther, in den 80er-Jahren Deutscher Karatemeister, wollte und will seinen Vertrag jedoch "im Sinne aller Aktionäre und Mitarbeiter" erfüllen und ließ sich durch die Berufung eines designierten Nachfolgers, des weitgehend unbekannten Dänen Carsten Lind, im Sommer nicht aus der Ruhe bringen.

Ob man das Zusammenspannen von Elgeti und Röhrig in Sachen Vorstandspersonalie schon als "Acting in Concert" verstehen kann, dazu wollte die Bafin keine Stellungnahme abgeben. Davon hinge indes viel ab, denn Aktionäre, die sich bei der Firmenausrichtung abstimmen und zusammen über 30 Prozent halten, müssen ein Übernahmeangebot abgeben.

Am kommenden Dienstag sind die Karten indes ungleich verteilt. Fällt die Teilnahmequote auf der Hauptversammlung nicht ungewöhnlich hoch aus, dürfte Elgeti den Vertrauensentzug durchbringen. Danach könnte Lind auf Günthers Stuhl Platz nehmen. Er kommt von der Beteiligungsfirma Bavaria, die 2019 Geschäftsteile des FP-Konkurrenten Pitney Bowes übernahm, und dürfte bald mit dem Monopoly-Spiel beginnen.