Google hatte für Motorola Mobility einst 12,5 Milliarden Dollar hingeblättert.

    Lenovo strebt mit Wucht ins Smartphone-Geschäft und kann die unter anderem in den USA bekannte Marke Motorola gut gebrauchen. Lenovo verkauft seine Computer-Telefone bisher vor allem in China. Schon damit war Lenovo laut dem Marktforscher IDC 2013 die weltweite Nummer fünf im Smartphone-Geschäft mit einem Marktanteil von 4,5 Prozent und 45,5 Millionen Geräten. Motorola verkauft weniger. In diesem Jahr will Lenovo seine Smartphones unter anderem nach Westeuropa bringen.

GOOGLE-AKTIENKURS LEGT NACHBÖRSLICH ZU

    Nach Einschätzung des Marktforschers Strategy Analytics stößt der chinesische Konzern mit dem Motorola-Kauf auf den dritten Rang im Smartphone-Geschäft mit einem Anteil von rund sechs Prozent vor. Das wäre immer noch ein großer Abstand zu den beiden führenden Herstellern: Von Samsung (Samsung Electronics GDRS) kam im vergangenen Jahr rund jedes dritte Computer-Telefon, Apple lag bei etwa 15 Prozent.

    Lenovo zahlt für Motorola insgesamt etwa 2,91 Milliarden Dollar, wie die Unternehmen am späten Mittwoch mitteilten. In bar sind es allerdings nur 660 Millionen Dollar. Hinzu kommen Lenovo-Aktien im Wert von 750 Millionen Dollar. Die restlichen 1,5 Milliarden Dollar werden über Papiere mit einer Laufzeit von drei Jahren geregelt. Die Lenovo-Aktie verlor in Hongkong am Donnerstag über acht Prozent, der Google-Kurs legte nachbörslich um gut zwei Prozent zu.

    "Wir wollen ein Global Player im Smartphone-Bereich werden", sagte Lenovo-Chef Yang Yuanqing dem "Wall Street Journal" nach Bekanntgabe des Deals. Im Jahr nach Abschluss der Übernahme wolle Lenovo 100 Millionen Telefone weltweit verkaufen. Die Marke Motorola sei eine "Abkürzung" auf den amerikanischen Markt.

GOOGLE WILL SICH IM HANDY-GESCHÄFT AUF ANDROID KONZENTRIEREN

    Google hatte den Kauf von Motorola 2011 unter anderem mit dem Patent-Schatz des Mobilfunk-Pioniers begründet. Jetzt behält der Internet-Konzern den Großteil der Patente. Google werde damit weiterhin das gesamte Android-Ökosystem verteidigen, erklärte Konzernchef Larry Page. Hersteller von Geräten mit dem Google-Betriebssystem Android stehen oft im Visier von Patentklagen von Rivalen wie Apple oder Microsoft . Google geriet mit dem Kauf von Motorola direkt in den weltweiten Patentkrieg der Mobilfunk-Branche.

    Page begründete den Verkauf damit, dass Motorola im scharfen Wettbewerb in der Branche bei einem reinen Gerätehersteller wie Lenovo besser aufgehoben sei. Google könne sich nun ganz auf Innovationen bei Android konzentrieren.

MOTOROLA-KAUF WAR VON ANFANG AN UMSTRITTEN

    Unter Googles Regie wurde Motorola grundlegend umgebaut und brachte einige neue Modelle wie das aktuelle Flaggschiff Moto X und das günstigere Moto G heraus. Allerdings verlor die Sparte nach wie vor Geld. Motorola-Chef Dennis Woodside erzählte dennoch von großen Plänen für Smartphones mit vielen Sensoren. Das Unternehmen richtete eine Fabrik in Texas ein, um die Motorola-Handys zusammenzubauen.

    Die Übernahme barg von Anfang an Konfliktpotenzial: Google steht hinter dem weltweit dominierenden Smartphone-Betriebssystem Android. Und andere Hersteller von Android-Geräten wie Samsung hätten es nicht toleriert, wenn Motorola bevorzugt behandelt worden wäre.

    Nur wenige Stunden vor Bekanntgabe des Deals mit Lenovo berichtete das Technologie-Blog "Recode", Google und Smartphone-Primus Samsung hätten sich auf eine engere Zusammenarbeit geeinigt. Unter anderem wolle Samsung eigene Anpassungen des Betriebssystems zurückfahren und stärker auf Google-Dienste setzen. Vor wenigen Tagen schlossen Google und Samsung auch eine Allianz bei Patenten.

LENOVO HABEN IN USA BEREITS MEHRMALS ZUGEGRIFFEN

    Google hatte das Angebot für Motorola im August 2011 abgegeben und monatelang auf eine Freigabe durch Regulierungsbehörden gewartet. Die Übernahme wurde erst im Mai 2012 abgeschlossen. Motorolas Geschäft mit Set-Top-Boxen verkaufte Google kurz darauf für rund 2,3 Milliarden Dollar, den Wert des Patent-Portfolios hatte der Konzern seinerzeit auf etwa 5,5 Milliarden Dollar geschätzt.

    Lenovo war in die internationale Liga mit dem Kauf des PC-Geschäfts von IBM 2005 vorgestoßen. Sie sind die Nummer eins in dem Bereich, doch der PC-Markt schrumpft. Vor wenigen Tagen kauften die Chinesen IBM auch Teile des Server-Geschäfts für rund 2,3 Milliarden Dollar ab. Lenovo soll im vergangenen Jahr bereits am angeschlagenen kanadischen Smartphone-Anbieter Blackberry interessiert gewesen sein. Allerdings machten kanadische Behörden laut Medienberichten deutlich, dass sie einen solchen Deal nicht genehmigen würden.

dpa-AFX