Mehr als dreieinhalb Stunden dauerte in diesem Jahr allein schon die Eröffnungsrede des Staats- und Parteichefs Xi Jinping, in der er die Vision eines starken Chinas in der Welt beschwor. Nicht ganz überraschend das.

Passenderweise waren ja im Vorfeld des Parteitags die Daten und Nachrichten zur Wirtschaftslage des Landes richtig gut. Bessere Zahlen zum Wachstum und steigende Kupfer- und Industriemetallpreise sollten das untermauern. Dazu eine steigende Inflation, was suggeriert, dass China die Lokomotive beim weltweit beschworenen Reflationsthema ist. Oder andersherum formuliert: China geriert sich als Retter vor der großen weltweiten Deflations- und Stagnationsgefahr, mit der die Weltwirtschaft in den zurückliegenden Jahren so lange zu tun hatte.

Allerdings kann man als skeptischer Anleger hinter all den schönen Zahlen, die Peking zuletzt präsentiert hat, durchaus auch einen gewissen Willen zur Schönfärberei vermuten. Warum soll man denn Negatives aufzeigen, wenn der Nationalkongress ansteht!? Man sägt doch nicht am eigenen politischen Ast, auf dem man sitzt. In der Tat ist es so, dass trotz der hohen Schulden, die etliche Institutionen des Landes drücken, so richtig immer noch nicht dagegen angegangen wird. Ganz im Gegenteil: All den Lippenbekenntnissen zum Trotz wurde in China vor dem Kongress noch mal richtig das Kreditwachstum angekurbelt. So sind die Ausgaben für Infrastrukturprojekte inzwischen so hoch wie zuletzt 2009.

Damit nicht genug: Neulich war etwa im "Wall Street Journal" zu lesen, dass mehr als 200 lokale Behörden von der Regierung aufgefordert wurden, leer stehende Immobilien aufzukaufen. Unterstützt wurde das von der Notenbank, um den Preisdruck vom Markt zu nehmen. Man kann so eine Aktion schon verstehen, immerhin macht der Immobilienmarkt ein Drittel des gesamten Wirtschaftswachstums aus. Gesund ist das aber nicht. Letztlich treibt es den Schuldenzyklus nur weiter an. Und der könnte schlimm enden. Von einer Ausbalancierung der Wirtschaft, so wie sie immer wieder lautstark propagiert wird, ist jedenfalls kaum etwas zu sehen.

Auch die Sache mit den steigenden Rohstoffpreisen hat einen Haken. Natürlich ist dies immer auch ein Signal für eine positive Konjunkturentwicklung. Allerdings ist es zum einen auch so, dass China in diesem Bereich weiterhin Überkapazitäten ausbaut. Zum anderen kommt dazu, dass der Preisanstieg beim Kupfer und bei anderen Metallen nach Analysen der Bank of America auch getrieben ist von massiven Spekulationen chinesischer Anleger und Investoren.

Spannend wird sein, wie sich die Zahlen aus China nach Beendigung des Nationalkongresses entwickeln werden. Negative Überraschungen sind allemal drin. Die dürften dann auch auf die globalen Märkte durchschlagen. Das muss zwar nicht von heute auf morgen passieren, aber man sollte so ein Szenario im Hinterkopf behalten. Insgesamt sind die Risiken für eine etwas heftigere Korrektur oder gar einen Abschwung an den Börsen gestiegen - weltweit. Gleichzeitig spricht das aktuelle Momentum an den Aktienmärkten dafür, die Gewinne weiter laufen zu lassen. Die Bilanzen der Unternehmen geben das immer noch her.