Die erste Januarhälfte ist eigentlich SAP-Zeit im Dax. Bevor Europas größtes Softwarehaus Ende Januar seine Jahreszahlen präsentiert und damit die Berichtssaison eröffnet, melden die Walldorfer regelmäßig die wichtigsten Eckzahlen vorab. Seit 2009 war das jetzt so.

Das hat gute Gründe. Immerhin nämlich wichen die Konzern-Zahlen in den vergangenen Jahren regelmäßig von den Markterwartungen ab. Daher musste das Unternehmen die Karten auf den Tisch legen. Dazu - schöner Nebeneffekt - konnten die Walldorfer potenziellen Kunden dabei gleich noch die Leistungsfähigkeit der eigenen Software demonstrieren und dann hatte die Vertriebsabteilung auch noch freie Hand bei den weltweiten Field Kick-Off-Meetings (FKOM) Anfang bis Mitte Januar, bei denen die SAP-Verkäufer aufs neue Verkaufsjahr eingestimmt werden. Statt ewig herumzueiern, konnten die regionalen Sales-Bosse die Truppe so richtig heiß machen.

Doch in diesem Jahr blieb es in der Konzernzentrale im südbadischen Walldorf auffällig ruhig. Statt Eckzahlen hörte man - nichts.

Skepsis vor den Zahlen



Unter Analysten, Journalisten und anderen Walldorf-Astrologen galt die ungewohnte Friedhofsruhe zum Jahresanfang als erster Warnhinweis. Die Zahlen dürften wohl eher schwach ausfallen, raunte die Zunft. Zumal gleich mehrere Analysten Anfang Januar auf die Euphorie-Bremse traten. SAP müsse im traditionell wichtigen vierten Quartal mehr Preiszugeständnissen machen als üblich, warnte etwa Adam Wood von Morgan Stanley in einem Bericht. Zudem hegten gleich mehrere Profis Zweifel an SAPs Margenzielen. Statt des von SAP in Aussicht gestellten und von Investoren lange erhofften Margensprungs im laufenden Jahr dürfte es 2018 allenfalls in Trippelschritten nach oben gehen, mutmaßte Michael Briest, Software-Analyst bei der Schweizer UBS. Sein Kollege Adam Wood argumentierte ähnlich und stufte die Aktie im Vorfeld der Zahlen auf Halten zurück.

Durchwachsene Ergebnisse



Am Dienstag war klar: Die Sorgen der Experten waren durchaus begründet. Zwar reichte es im vierten Quartal, in dem der Konzern regelmäßig gut 40 Prozent seines Umsatzes einfährt, noch zu einem währungsbereinigten Umsatzplus von sechs Prozent. Aber das wichtige Geschäft mit Software-Lizenzen schrumpfte um ein Prozent. Aber die operative Marge sank gegenüber dem Vorjahresquartal erneut um 100 Basispunkte auf 35,2 Prozent. Man habe im laufenden Jahr den Tiefpunkt gesehen, versprach Finanzvorstand Luka Mucic auf der Pressekonferenz am Firmensitz.

Und SAP-Boss Bill McDermott gab sich gewohnt siegessicher. SAP bleibe ein globales Powerhouse. Und das Beste, versicherte der gelernte Verkäufer gewohnt selbstbewusst, komme erst noch.

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Einschätzung der Redaktion

SAP hat am Dienstag eher durchwachsene Zahlen vorgelegt. Im Cloud-Geschäft wachsen die Erlöse nicht mehr so schnell wie erwartet, und im traditionellen Geschäft mit dem Verkauf von Software-Lizenzen gab es zum Jahresende sogar einen Rückschlag. SAP ist im Branchen-Vergleich inzwischen sehr ordentlich bewertet. Auch von der Währungsseite kommt derzeit kräftiger Gegenwind. Charttechnisch sieht es ebenfalls nicht mehr ganz so rosig aus. Die Aktie kämpft gerade heftig mit der 200-Tage-Linie bei 93,30 Euro. Wird die Marke nicht zurückerobert, drohen weitere Rückschläge.

Ziel: 105 Euro

Stopp: 87 Euro