VW-Chef Herbert Diess hatte an diesem Mittwoch bei der Vorlage der Quartalszahlen zwei wichtige Botschaften im Gepäck. Die erste ist, dass der Autokonzern an seiner Gewinnprognose für das laufende Jahr festhält - trotz Ukraine-Krieg, steigender Kosten und Lieferproblemen. Demnach wird weiterhin ein Umsatzanstieg von acht bis 13 Prozent angestrebt, und die operative Rendite soll zwischen sieben und 8,5 Prozent liegen. Bereits vor drei Wochen hatte VW für das Auftaktquartal einen überraschend hohen operativen Gewinn vor Sondereinflüssen von 8,5 Milliarden Euro vermeldet - und eine Verdopplung der operativen Rendite auf 13,5 (Vorjahr: 7,7) Prozent.

Welchen Wert die Prognosebestätigung für 2022 allerdings hat, muss sich erst noch zeigen. Denn sie steht unter dem Vorbehalt, dass noch überhaupt nicht klar ist, wie schwer der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen und die erneute Pandemie-Krise in China das Geschäft im weiteren Jahresverlauf noch in Mitleidenschaft ziehen wird.

Umso wichtiger ist die zweite Botschaft, die Konzernchef Diess verbreitet: Volkswagen hat längst damit begonnen, seine Engpässe bei zugelieferten Produkten wie Halbleitern und Kabelbäumen durch die Umverteilung von Bezugsquellen zwischen den großen Märkten in Europa, China, Nord- und Südamerika abzufedern.

Denn die geopolitischen Veränderungen und die verstärkte Blockbildung haben gefährliche Abhängigkeiten von VW schonungslos offengelegt. Das betrifft insbesondere den chinesischen Markt, auf den die Wolfsburger viel zu stark ausgerichtet sind. Und den vernachlässigten US-Markt, der größeres Potenzial verspricht und nun priorisiert werden soll. So will Diess unter anderem das Wachstum in Amerika vorantreiben und den Marktanteil bis 2030 auf mehr als zehn Prozent verdoppeln. An einer weitergehenden Neuausrichtung der Produktions- und Zulieferstrukturen wird Diess wohl nicht vorbeikommen.

Einschätzung zur Aktie:


Die anhaltenden Lieferprobleme und der Ukraine-Krieg belasten die Autohersteller immer stärker. Deshalb ist auch bei der VW-Aktie in den kommenden Monaten mit Rückschlägen zu rechnen. Für langfristig orientierte Anleger mit optimistischer Grundhaltung bieten sich dann Einstiegsmöglichkeiten. Ansonsten: Beobachten.

ehr