Lange Zeit galt Zypern als "Elysion", als "Insel der Seligen": Niedrige Steuern und Offshore-Banken lockten Investoren, Unternehmen und russisches Geld an. Die Wirtschaft wuchs kräftig. Die engen Verflechtungen mit Griechenland, vor allem der hohe Anteil griechischer Staatsanleihen in den Büchern zypriotischer Institute erwiesen sich jedoch nach dem Athener Schuldenschnitt als verhängnisvoll. Um den drohenden Staatsbankrott zu vermeiden, musste Zypern 2013 unter den EU-Rettungsschirm flüchten.

Die an die Auszahlung von Hilfsgeldern geknüpften Auflagen erfüllte Nikosia wesentlich konsequenter als das Nachbarland. Vor Kurzem beschloss das Parlament auch die von den Geldgebern geforderte Erleichterung von Zwangsversteigerungen. Die Banken kommen nun schneller an ihr Geld, wenn Immobilienkredite nicht bedient werden. Die EZB hatte von der Verabschiedung dieses Gesetzes die Teilnahme Zyperns an ihrem bis 2016 laufenden milliardenschweren Anleihekaufprogramm abhängig gemacht.

Dank der marktfreundlichen Politik kann Finanzminister Harris Georgiades problemlos den Kapitalmarkt anzapfen. Die Anfang Mai emittierte Anleihe in Höhe von einer Milliarde Euro war zweifach überzeichnet. Zum Einstieg motivieren auch deutliche Anzeichen für eine Erholung. Zwar wird die Schuldenquote Zyperns in diesem Jahr auf rund 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Damit dürfte aber nach Einschätzung von Moody’s der Höhepunkt erreicht sein. Die Ratingagentur erwartet auch Fortschritte beim Abbau des Haushaltsdefizits, bis 2018 könnte Zypern einen Überschuss vor Zinszahlungen von über vier Prozent erzielen. Die sich allmählich abzeichnende Konsolidierung der Staatsfinanzen veranlasste Moody’s im November, die Bonität gleich um drei Stufen auf "B3" anzuheben. Von dem Status Investment Grade ist Nikosia aber immer noch vier Noten entfernt.

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Erstmals wieder Wachstum

Auch die Wirtschaft nimmt Fahrt auf. Im ersten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt um 1,6 Prozent. 2014 war die Wirtschaftsleistung noch um 2,8, im Jahr zuvor um über fünf Prozent geschrumpft. Dank des Aufschwungs wird Zypern 2016 den Rettungsschirm verlassen können. Bis es wieder eine "Insel der Seligen" ist, dürfte es aber länger dauern.