Gleich nach der Entscheidung der EZB, ab März über Anleihekäufe die Notenpresse anzuwerfen, beschleunigte der Euro seine Talfahrt. Binnen Tagen fiel er um fünf Cent auf rund 1,11 Dollar - dem niedrigsten Stand seit September 2003. Da wurde selbst manchem Börsenprofi schwindlig. "Die Bewegungen am Devisenmarkt derzeit sind extrem", konstatiert Analyst Jan Bopp von der Metzler Bank. Die Banken kommen mit der Anpassung ihrer Prognosen für den Euro-Kurs kaum hinterher: Die Analysten der Deutschen Bank und von Goldman Sachs rechnen nun schon für Ende 2016 mit der Parität - ein Jahr früher als bisher. Für Ende 2017 sagen sie sogar einen Euro-Stand von 90 US-Cent voraus.

Wirklichen Halt findet der Euro kaum. Denn mit ihrer Geldpolitik drücken die Notenbanken der USA und der Schweiz zusätzlich auf den Euro-Kurs. Am Mittwochabend signalisierten in Washington die US-Zentralbanker um Fed-Chefin Janet Yellen für den Jahresverlauf die erste Zinserhöhung seit Ausbruch der Finanzkrise 2007/2008. "Die Fed hat keine Anzeichen geliefert, dass sie von ihrem Kurs abweicht", sagt Analyst Bopp. Die meisten Experten rechnen für den Sommer mit der Zinswende in den USA. Spekulationen, die Fed könnte die Entscheidung nach hinten verschieben, hatten den Euro diese Woche kurz über die 1,14 Dollar-Marke gehievt. Am Donnerstag notierte die Gemeinschaftswährung aber wieder einen US-Cent niedriger.

Kurz vor der EZB-Entscheidung zum Kauf von Anleihen hatte zudem die Schweizer Notenbank (SNB) dem Euro den Boden unter den Füßen weggezogen. Mit ihrer völlig unerwarteten Abkehr von einem Mindestkurs des Euro zum Franken lösten die Eidgenossen am Devisenmarkt einen Run auf den Franken aus. Der Euro wertete gegenüber der Schweizer Währung binnen Minuten um bis zu 30 Prozent ab.

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GRIECHEN-AUSTRITT KÖNNTE IMAGESCHADEN FÜR EURO BEDEUTEN

Weniger als einen Dollar hatte man für den Euro zuletzt im Dezember 2002 bekommen. Seither ging es trotz vieler Schwankungen generell nach oben - selbst nach der Euro-Schuldenkrise von 2010 bis 2012. Noch im Mai vorigen Jahres hatte der Euro bei fast 1,40 Dollar notiert.

Doch dieser Trend scheint nun gebrochen - aber nicht etwa wegen der Entwicklung in Griechenland. Denn ein möglicher Austritt des Landes aus der Währungsunion hat für viele Börsianer seinen Schrecken verloren. Laut Commerzbank haben einige Händler sogar schon angekündigt, im Falle eines Austritts Griechenlands aus der Währungsunion sofort Euro zu kaufen. Andere Analysten fürchten aber einen Imageschaden, sollte es so weit kommen. Auch ein Dominoeffekt sei möglich. Denn schließlich stehen im Jahresverlauf noch Wahlen in Spanien an, wo der Sparkurs auch nicht sonderlich populär ist.

Die Euro-Talfahrt hat auch durchaus ihre guten Seiten: So dürfte durch die Chefetagen deutscher Konzerne bei diesen Prognosen ein Seufzer der Erleichterung gehen. Denn ein schwächerer Euro wirkt für die Exportnation Deutschland wie ein Konjunkturprogramm. Multinationale Konzerne, die einen Großteil ihrer Geschäfte im Ausland machen, können die in der Heimat gefertigten Produkte im Ausland günstiger verkaufen.

Euro-Länder ohne großes Auslandsgeschäft wie Spanien, Portugal und Griechenland hingegen nutzt das weniger. Die Konjunkturentwicklungen in der Euro-Zone könnten also weiter auseinanderklaffen. "Die Euroschwäche ist deshalb ein zweischneidiges Schwert", sagt Marktstratege Christian Jasperneite von MM Warburg.

Reuters