Zu den bekannteren Börsen-Weisheiten zählt der Spruch "Don’t fight the Fed". Da dürfte einiges dran sein, zumindest hat man es bitter bereut, wenn man nach der Kreditkrise die ultraexpansive Geldpolitik der Fed nicht zu Aktienkäufen genutzt hat. Auch am Devisenmarkt zeigt die Politik der Notenbanken natürlich Wirkung. In Anlehnung an den erwähnten Uralt-Spruch dürfte es Sinn machen, diesen derzeit mit Blick auf den Devisenmarkt in "Don’t fight the EZB" umzuwandeln. Zumindest legen diesen Schluss auch die jüngsten Entwicklungen nahe. Denn schon in der Erwartung weiterer expansiver geldpolitischer Schritte durch die Europäische Zentralbank (EZB) legte der Euro zu und als dann vergangenen Donnerstag entsprechende Schlüsse tatsächlich gefasst wurden, ging es im Verhältnis zum Dollar weiter nach unten mit den Notierungen.

Verantwortlich dafür war die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, nicht nur den Leitzins um weitere zehn Basispunkte auf 0,5 Prozent zu senken sondern auch ein Kaufprogramm von Asset-Backed Securities (ABS) und Covered Bonds (beginnend ab Oktober) zu beschließen. Dieses Maßnahmenbündel ist neben dem Ziel, damit die Konjunktur anzukurbeln auch als Kampfmaßnahme gegen eine Deflation zu verstehen, die von manchen Experten als potenzielle Gefahr eingestuft wird.

Zwischen den Zeilen konnte man aus den Äußerungen der geldpolitischen Verantwortlichen auch herauslesen, dass als ein Mittel gegen diese Deflation auch der Wechselkurs eingesetzt werden soll. Hilfe über diese Schiene kommt in dieser Hinsicht aber nur bei einer weiter nachgebenden europäischen Einheitswährung, weil das unter anderem die Importpreise verteuert und die Exporte ankurbelt. Um dieses Ziel zu erreichen, werden mittlerweile selbst direkte Käufen von Staatsanleihen durch die EZB nicht mehr ausgeschlossen. Sollte es tatsächlich dazu auch noch kommen, wäre das dann als ein weiterer Schwächungsangriff auf den Euro zu werten.

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Es gibt auch Gründe für eine Dollar-Stärke

Neben Argumenten, die gegen den Euro sprechen, gibt es derzeit auch Gründe, die als positiv für den Dollar einzustufen sind. Zu nennen ist da die momentan in Übersee stärkere volkswirtschaftliche Dynamik, was das Risiko einer schneller als erwarteten Zinsanhebung durch die Fed nach sich zieht sowie der Zinsvorsprung von US-Anleihen , der sich zuletzt ohnehin schon ausgeweitet hat. Außerdem ist man dank der größeren räumlichen Distanz weniger direkt von der Ukraine-Krise als Bremsfaktor für die Konjunktur betroffen. Zum Ausdruck kommen diese Vorteile nicht nur in den jüngsten Kursgewinnen gegenüber dem Euro, sondern auch in einem handelsgewichteten Dollarindex, der ebenfalls zugelegt hat und auf dem höchsten Stand seit mehr als einem Jahr notiert.

Die genannten Faktoren spielen mit eine Rolle, warum Volkswirt John Higgins von Capital Economics seine Prognose für die Parität Euro-Dollar bis Ende 2016 jüngst weiter auf 1,15 Dollar gesenkt hat. So rechnet er für die USA mit einem fast doppelt so hohem Wachstum wie die plus 1,5 Prozent, die er für 2015 und 2106 für die Euro-Zone vorhersagt. Wobei Higgins zur Begründung für seine Euro-Dollar-Prognose auch noch auf die in den vergangenen Jahren durch die verbuchten Kursgewinne wieder gestiegenen Bewertungen in der Euro-Zone hinweist, was die Region als Ziel für Investitionen weniger attraktiv macht.

Ebenfalls einen Euro-Dollar-Kurs von 1,15 Dollar erwartet auch Morgan Stanley, nur mit dem Unterschied, dass die US-Investmentbank dieses Niveau bereits Ende 2015 erreicht sieht. Erklärt wird dieser Euro-Pessimismus auch mit der Erwartungshaltung, dass sich anders als in der jüngeren Vergangenheit expansive geldpolitische Schritte nicht mehr stützend auf den Euro auswirken werden. Verwiesen wird auch hier auf die längst nicht mehr so attraktiven Bewertungen, was sich auch an den deutlich gesunkenen Anleiherenditen der EU-Peripheriestaaten festmachen lässt. Zumal auch noch hinzukommen dürfte, dass ausländische Investoren ihre Euro-Positionen verstärkt absichern dürften, was ebenfalls belastend auf den Euro wirken würde.

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Charttechnisch hat sich jetzt ein Abwärtstrend herausgebildet

Wer rein charttechnisch argumentiert und handelt, für den ist momentan der Euro-Dollar-Chart ein gefundenes Fressen. Denn der bisherige Aufwärtstrend wurde geknackt und ein neuer Abwärtstrend eingeleitet. Wie zügig es dabei zuletzt nach unten ging, zeigt der Blick zurück. Am 07. Mai hat die europäische Einheitswährung mit Kursen von gut 1,39 Dollar bekanntlich noch an der Marke von 1,40 Dollar und damit an neuen Mehrjahreshochs gekratzt. Aktuell notieren wir mit 1,2916 Dollar bereits zehn Cent tiefer und bis zu einem weiteren Meilenstein ist es jetzt nicht mehr weit. Dieser wäre bei rund 1,2780 Dollar erreicht, denn das entspricht dem Niveau der Vorjahrestiefs. Wird dieser Bereich unterschritten, der 2013 zwei Mal gehalten hat, dann wartet knapp darunter bei rund 1,27 Dollar noch das Zwischentief auf dem Jahr 2012.

Weil jetzt geballte Unterstützungen zugunsten des Euro warten, wäre es auch deshalb nicht unerwartet, wenn es erst einmal zu einer Gegenbewegung kommen würde. Laut den Analyten der Unicredit sind Korrekturen bis 1,3130 bis 1,3180 Dollar zumindest zu berücksichtigen. Aufgehoben würden die die Abwärtssequenz der vergangenen Tage aber erst bei Kursen von mehr als 1,3200 Dollar und die negative Euro-Grundstimmung dürfte sich frühestens mit nachhaltigen Kursen über 1,3350 Dollar verändern, heißt es in einer schriftlichen Einschätzung.

Mittelfristig müssen beim heutigen Kenntnisstand aber die Chancen auf einen Bruch der zuvor genannten Unterstützungen als durchaus intakt bezeichnet werden. Kommt es dazu, kann es anschließend dann auch gut und gerne in einem nächsten Abwärtsschub in Richtung nächste wichtige Unterstützungszone bei 1,21 bis 1,19 Dollar gehen. Die Unicredit nennt als nächste mittelfristige Zielzone den Bereich zwischen 1,2850 und 1,2650 Dollar sowie im Extremfall 1,2250 Dollar.

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Was gegen die These eines schwachen Euro spricht

Wetten auf Devisenkurse gelten als Königsdisziplin an den Finanzmärkten. Das hat damit zu tun, dass sich die Notierungen nicht selten anders entwickeln, als es lehrbuchhaft angezeigt wäre. Doch es gibt auch nachvollziehbare Gründe, die entgegen der weit verbreiteten Prognose einer anhaltenden Schwäche auch zu einer neuerlichen Stärke des Euro führen könnten. Zu nennen ist da zum einen der ganz normale Konsolidierungs-Korrekturbedarf. Die Parität Euro-Dollar hat zuletzt bereits einen kräftigen Schluck aus der Pulle genommen und kann sich jetzt jederzeit auch einmal eine Auszeit nehmen. Kommt es dazu, sind auch temporäre Kursgewinne denkbar. Zum anderen haben sich die Profis an den Terminbörsen so positioniert, dass sie auf die eben erwähnte Option einer Gegenbewegung wetten. Weil sie das auch im Juli 2012 im größeren Stil erfolgreich gemacht haben, ist dieses Verhalten durchaus als Warnschuss für alle extremen Euro-Bären zu werten.

Fundamental weist die Bank Julius Bär zudem auf die gemessen an einem fairen Wert bestehende Unterbewertung des Euro hin. Als Pluspunkt stellen die Analysten dort außerdem die steigenden Leistungsbilanzüberschüsse in der EU heraus, während die USA ein chronisches Leistungsbilanzdefizit aufweisen. Ebenfalls zugunsten des Euro hervorgehoben werden die Realzinsen, die in der Eurozone im Gegensatz zu den USA trotz divergierender Pfade der Zentralbanken wegen größerer Preisstabilität in der Eurozone höher bleiben dürften, so zumindest die Julius Bär-Prognose.

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Wie sich auf einen schwachen Euro wetten lässt

Weil Hochmut bekanntlich vor dem Fall kommt, sollten auf einen weiter fallenden Euro wettenden Anleger Argumente wie diese zumindest im Hinterkopf behalten. Außerdem sollten Positionen wie immer mit zur individuellen Risikoneigung passenden Stopp-Loss-Kursen abgesichert werden. Wer diese Vorsichtsmaßnahme beherzigt, der kann entweder schon jetzt oder nach einer Zwischenkorrektur auf einen weiter fallenden Euro setzen. Möglich ist das unter anderem mit Faktor-Zertifikaten, die von einem steigenden Dollar zum Euro profitieren.

So ein Produkt ist etwa das mit der WKN CZ6 0BQ ausgestattete Commerzbank Faktor-Zertifikat auf die Parität Euro-Dollar. Hier beträgt der Faktor minus fünf, was letztlich nichts anderes bedeutet, als dass das Faktor-Zertifikat jeden Fall des Euro um den Faktor fünf nachvollzieht. Das heißt, sinkt der Euro um ein Prozent, dann steigt das Zertifikat um fünf Prozent und umgekehrt. Durch diese Konzeption hat dieses Produkt seit Mai schon von 6,39 Euro auf 9,37 Euro zugelegt. Wer diese Bewegung mitgemacht hat, darf sich die Finger reiben.

Und es könnte sogar noch sehr viel besser kommen, zumindest dann, wenn Goldman Sachs Recht behalten sollte. Denn die US-Investmentbank sagt derzeit bis 2017 einen Kurs von nur noch 1,00 Dollar für einen Euro voraus und ist damit unter den großen Marktteilnehmern am pessimistischten zum Euro eingestellt. Trotzdem sei abschließend aber auch noch einmal ausdrücklich auf das Risiko hingewiesen, dass es beim genannten Faktor-Zertifikat auch umgekehrt laufen kann, falls sich der Euro-Dollar-Kurs anders entwickeln sollte als erhofft.