Auch wenn die heimische Wirtschaft mittlerweile rund läuft, bereitet Fed-Chefin Janet Yellen der Blick nach Asien große Sorge: "Ein Großteil unserer Aufmerksamkeit lag auf Risiken rund um China und die Schwellenländer", sagte sie vor der Presse.

Ob die Zinswende nun wie von vielen Experten erwartet im Dezember kommt, ließ Yellen offen: Auch der Oktober bleibe eine Möglichkeit, betonte die oberste Währungshüterin. Der Euro legte nach der Entscheidung deutlich zu und kletterte über die Marke von 1,14 Dollar.

"Die Entscheidung der US-Notenbank hat die Unsicherheit über den künftigen geldpolitischen Kurs nicht reduziert, sondern weiter erhöht", kritisierte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher. Dochdie Führungsriege der Notenbank war sich weitgehend einig, dass die Zeit noch nicht reif für eine Anhebung ist: Die Entscheidung fiel mit neun zu eins Stimmen.

Seit dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise Ende 2008 liegt der Leitzins nun schon bei nahe null. Die Fed hat jedoch eine geldpolitische Straffung noch für 2015 in Aussicht gestellt - es wäre die erste seit Juni 2006. Yellen verwies darauf, dass die große Mehrheit der Notenbanker noch dieses Jahr handeln möchte. "Doch Sicherheit kann es nicht geben." In den Prognosen der Währungshüter wird für Ende 2015 im Mittel ein Zinsniveau von 0,375 Prozent veranschlagt.

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WARNENDE STIMMEN



Schon vor der Fed-Sitzung hatte es zahlreiche warnende Stimmen gegeben. Mit Blick auf die Gefahren einer US-Zinswende für die Schwellenländer haben Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) Yellen gedrängt, das Manöver auf nächstes Jahr zu verschieben. Besonders große Sorgen bereitet derzeit China, lange der Wachstumsmotor der Weltwirtschaft: Hier mehren sich die Signale einer kräftigen Konjunkturabkühlung, was im Sommer ein Börsenbeben im Reich der Mitte auslöste.

Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Volker Treier, hat daher Verständnis für das Zögern der Fed: "Eine US-Zinserhöhung zum jetzigen Zeitpunkt wäre gefährlich gewesen, weil wir vielen globalen Krisenherden ausgesetzt sind - von China bis Brasilien." Mehrere dieser Schwellenländer befinden sich in einer Konjunkturkrise. Bei steigenden Zinsen in den USA werden Investments in der weltgrößten Volkswirtschaft noch attraktiver. Dies wären schlechte Nachrichten für China, das in den Jahren des Turbowachstum zur zweitgrößten Volkswirtschaft aufgestiegen ist. Das Land müsste dann mit Kapitalabflüssen rechnen - würde also weiter geschwächt. Auch andere Staaten wie die Türkei, das bereits in der Rezession steckende Brasilien und auch Südafrika könnten dasselbe Schicksal erleiden. "Mit einer US-Zinserhöhung wäre der Kapitalabfluss aus diesen Schwellenländern noch größer als ohnehin schon", warnte Treier.

Mit Blick auf die brummende Wirtschaft in den USA gibt es aus Sicht vieler Fachleute jedoch keinen Grund mehr, die Anhebung hinauszuzögern. "Obwohl die Fed eines ihrer erklärten Ziele, die Vollbeschäftigung, nahezu erreicht hat, traut sie es der US-Konjunktur noch nicht zu, eine erste Zinserhöhung zu verkraften", sagte Liana Buchholz, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Öffentlicher Banken. Die Arbeitslosenquote ist mit 5,1 Prozent mittlerweile so niedrig wie seit siebeneinhalb Jahren nicht mehr.

Auch Ifo-Chef Hans-Werner Sinn hält eine Zinserhöhung für überfällig: Zu niedrige Zinsen führten zu Preisblasen, die später platzen und die Banken in Not bringen könnten, warnte der Wirtschaftswissenschaftler. Die Fed hat mit dem billigen Zentralbankgeld die Konjunktur angekurbelt und die Börsen auf immer neue Rekordstände katapultiert. Zugleich hat sie ihre Bilanz in den zurückliegenden Jahren im Kampf gegen die Wirtschaftsflaute mit zahlreichen Wertapier-Kaufprogrammen und anderen Konjunkturspritzen von 850 Milliarden auf rund 4,4 Billionen Dollar aufgebläht.

Reuters