Es gibt in jedem Wirtschaftsbereich Schlagwörter, die exemplarisch für die neusten Trends stehen. Beispielsweise sorgt im Autosektor gerade die "E-Mobility" für Aufsehen, während "Low Carb"-Gerichte von der Lebensmittelindustrie als Wundermittel im Kampf gegen überschüssige Pfunde angepriesen werden. Derweil bringen die Anbieter von börsengehandelten Indexfonds einen Anglizismus mit dem zweiten Buchstaben des griechischen Alphabets zusammen. "Smart Beta" gilt auf dem Gebiet der passiven Anlagen als ein zentraler Wachstumstreiber. Trägt ein Exchange Traded Fund (ETF) dieses Etikett, dann bildet er einen Index ab, dessen Bauweise vom klassischen Strickmuster abweicht. Während traditionelle Börsengradmesser wie der DAX nach der Marktkapitalisierung ihrer Mitglieder gewichtet sind, gelten hier andere Kriterien.

Smart-Beta-Indizes versuchen entweder den Markt zu schlagen oder dessen Risiko zu drosseln. Die Investoren greifen zu: Innerhalb von fünf Jahren türmten sich europaweit Nettomittelzuflüsse von insgesamt mehr als 23 Milliarden Euro auf (siehe Grafik). "Ende März lag das gesamte in Smart-Beta-ETFs verwaltete Vermögen bei 31,8 Milliarden Euro und damit um elf Prozent höher als zum Jahresende 2016", sagt Heike Fürpaß-Peter, Head of Public Distribution für Deutschland und Österreich beim ETF-Haus Lyxor.





Dividenden machen den Unterschied



Ihren Worten zufolge entfällt knapp die Hälfte dieser Summe auf fundamentale Strategien. Dabei handelt es sich um Indizes, für deren Zusammensetzung Unternehmens- oder Wirtschaftskennzahlen maßgeblich sind. Der Dividendenansatz dominiert, allein in Deutschland sind mehr als 50 ETFs gelistet, die Jagd auf besonders ausschüttungsfreudige Unternehmen machen.

Mit einem verwalteten Vermögen von knapp 2,8 Milliarden Euro ragt der SPDR S & P U.S. Dividend Aristocrats heraus. In dem zugrunde liegenden Index sind die Wall-Street-Aktien mit der höchsten Dividendenrendite enthalten. Doch nicht nur das: Um in die Benchmark einziehen zu können, muss ein Unternehmen die Ausschüttung 20 Jahre in Folge erhöht haben. Momentan erfüllen 108 Titel beide Kriterien. Das Prädikat "Dividendenaristokrat" erhalten beispielsweise der Telekomriese AT & T, der Brausekonzern Coca-Cola oder der Baumaschinenhersteller Caterpillar. Das Smart-Beta-Kalkül geht auf: Im langfristigen Vergleich schneidet der S & P U.S. Dividend Aristocrats besser ab als der breite US-Aktienmarkt - die €uro FondsNote 1 kommt also nicht von ungefähr.

Die €uro FondsNote 2 erhält der Lyxor SG Global Quality Income ETF. Diesem Fonds liegt ein von der Société Générale entwickelter Index zugrunde, der eine global ausgerichtete Dividendenstrategie verfolgt. Bei der Aktienauswahl setzt die Lyxor-Mutter den Piotroski-Score ein. Das nach einem US-Professor benannte Schema bewertet anhand von neun Kriterien die finanzielle Qualität eines Unternehmens. Dazu zählen unter anderem Gewinn, Cashflow und Verschuldung.

Diese Methodik soll Aktien zutage fördern, welche attraktive und nachhaltige Dividenden versprechen. Finanzwerte bleiben außen vor. Heraus kommt eine globale Auswahl, in der US-Titel den Ton angeben. Etwas überraschend schaffen es deutsche Unternehmen momentan nicht, den Kriterien dieses Gradmessers zu entsprechen. Insofern bietet der Fonds Anlegern mit Heimatfokus die Möglichkeit der internationalen Diversifikation.

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Risiko runter, Rendite rauf



Neben den Dividenden zählt die Volatilität zu den gängigsten Stellschrauben von Smart-Beta-Indizes. Diesbezüglich beruft sich die ETF-Branche auf die Wissenschaftler Robert Haugen und James Heins. Sie fanden in den 70er-Jahren heraus, dass Aktien mit einer vergleichsweise geringen Kursschwankungsbreite auf Dauer besser abschneiden als der Markt. Da diese Erkenntnis im Widerspruch zur klassischen Portfoliotheorie steht, wird sie als Low-Volatility-Anomalie bezeichnet.

Mehr als vier Jahrzehnte nach den bahnbrechenden Forschungen von Haugen und Heins verwaltet der ETF-Sektor immense Kapitalsummen anhand ihrer Prämissen. Auf eine Anlagesumme von insgesamt 4,6 Milliarden Euro bringen es allein fünf entsprechende Indexfonds, die iShares in Deutschland vertreibt.

Zur Palette des Branchenkrösus zählt der ETF MSCI Europe Minimum Volatility. Ziel dieses Fonds ist es, ein diversifiziertes Aktienmarktengagement auf dem europäischen Kontinent zu ermöglichen und dabei die Kursausschläge möglichst zu glätten. Wenig überraschend führt diese Ausrichtung dazu, dass defensive Werte den Index dominieren. Die Sektoren Basiskonsumgüter und Gesundheit steuern zusammen mehr als ein Drittel zur Benchmark bei. Die ETF-Performance unterstreicht die wissenschaftlichen Thesen: Gegenüber dem klassischen MSCI Europe zeigt der Minimum-Vola-Ansatz in der langfristigen Betrachtung eine deutliche Outperformance (siehe Grafik).



Allerdings gibt es auch Phasen, in denen die verschiedenen Faktoren ihre Wirkung nicht entfalten. Diesen Umstand führen Kritiker der Smart-Beta-Bewegung häufig ins Feld. Die Anbieter kontern mit der Kombination mehrerer Renditequellen.

Beispielsweise legte Amundi Anfang 2016 den ETF Europe Equity Multi Smart Allocation Scientific Beta auf. Der zugrunde liegende Index wurde von der EDHEC Business School entwickelt. Das französische Institut bringt die Faktoren geringe Volatilität, Substanz, Momentum und Unternehmensgröße zusammen. Gleichzeitig wenden die Experten mehrere Diversifikationsstrategien, etwa die Risikogleichgewichtung, an. Nach einem etwas verhaltenen Start nahm der Neuling zuletzt Fahrt auf. Neben dem Momentum spricht die im Vergleich zum Gesamtmarkt geringe Volatilität für den Multi-Ansatz. Allerdings ist der ETF eher komplex.

Wegen der nicht einfachen Bauweise eignet sich das Smart-Beta-Segment aber vorwiegend als Beimischung - für die grundlegende Portfolioausrichtung bleiben Klassiker wie der DAX prädestiniert.