Gruben mit enormen Aus- maßen durchlöchern den Wüstenboden an der Grenze zwischen Elfenbeinküste und Mali. Vor drei Jahren ging hier ein Jahrzehnt des Bürgerkriegs zu Ende. Da begann der Ansturm auf die Bodenschätze. "Hier herrscht das neue Goldfieber", sagt Mark Bristow, Chef des Minenkonzerns Randgold. "Die Elfenbeinküste kann Ghana, den zweitgrößten afrikanischen Goldproduzenten, leicht übertreffen."

Ungewohnt positive Töne aus einer Branche, die in den vergangenen beiden Jahren gelitten hat wie kaum eine andere. Der NYSE Arca Gold Bugs Index beispielsweise, der die Entwicklung der 18 führenden Minen- unternehmen abbildet, verlor allein im Jahr 2013 über 54 Prozent. Kleinere Firmen büßten noch mehr an Börsenwert ein. Während der breite Aktienmarkt in den USA und Europa haussierte, gerieten die Minenbetreiber bei der Goldverkaufswelle unter die Räder.

Doch seit sich der Goldpreis zur Jahreswende zusehends um 1250 US- Dollar pro Feinunze stabilisierte, gewinnen die Goldschürferaktien wieder an Wert. Das könnte der Auftakt zu einem größeren Comeback sein. Denn im häufig von psychologischen Faktoren dominierten Goldmarkt stehen zur Abwechslung fundamentale Indikatoren im Vordergrund. Und die sehen zwar nicht restlos positiv, aber doch recht vielversprechend aus.

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Zum Sparen gezwungen

Denn viele Minenkonzerne konnten zu dem deutlich gefallenen Goldpreisniveau nicht mehr profitabel produzieren. "Die Unternehmen waren daher gezwungen, ihre Kosten erheblich zu reduzieren", sagt Martin Siegel, Geschäftsführer der auf Edelmetallfonds spezialisierten Gesellschaft Stabilitas. Der Spielraum, der sich den Firmen über Entlassungen, Einstellung von Explorationsvorhaben oder den Verkauf oder die Schließung einzelner Standorte bietet, ist groß: "Minenbetreiber können ihre Ausgaben von einem Quartal zum nächsten um fünf Prozent senken, das macht über ein Jahr 20 Prozent", erklärt Siegel. "Wenn sie nun bei einem Goldpreis von rund 1200 US-Dollar pro Feinunze überleben können, bedeutet jeder Anstieg des Goldpreises steigende Gewinne." Da das Bewertungsniveau aktuell so niedrig liegt, sieht Siegel bei vielen Titeln deshalb das Potenzial zur Vervielfachung des Aktienkurses.

Besonders die großen Konzerne sind gezwungen, die Reserven in ihren Bilanzen zu bereinigen - viele hatten unerschlossene Goldvorkommen mit 1300 oder sogar 1500 Dollar pro Feinunze in den Büchern stehen. "Entsprechende Nachrichten könnten Investoren beunruhigen - wir befinden uns noch in einer sehr volatilen Phase", warnt Georges Lequime, Berater des Earth Gold Funds. "Andererseits bedeutet dies natürlich eine deutliche Reduktion der mittel- bis langfristigen Goldproduktion, was letztlich positiv für den Goldpreis und damit auch für die Minenunternehmen sein wird."

So hat zum Beispiel Barrick-Chef Jamie Sokalsky erklärt, dass der Konzern seine Reserven künftig zu 1100 US-Dollar pro Feinunze berechnen wird - im vergangenen Jahr waren es noch 1500 US-Dollar gewesen. Das bedeutet, dass Barricks Vorrat an ungefördertem Gold, 140 Millionen Unzen, um mehr als zehn Prozent schrumpft. Hinzu kommen zahlreiche Wertminderungen bei aktiven Minen, deren Produktion zu teuer geworden ist.

Georges Lequime erwartet auch, dass Minengesellschaften in den kommenden drei bis vier Monaten die niedrigen Bewertungen nutzen und sich verstärkt auf Einkaufstour begeben werden: "Wir sehen das zum Beispiel schon am feindlichen Übernahmeangebot von Goldcorp an Osisko, das Mitte Januar bekannt wurde. Solche M & A-Aktivitäten lassen das Interesse an Goldaktien wieder aufleben." Lequime hat sich entsprechend positioniert, potenzielle Übernahmeziele machen rund 30 Prozent seines Portfolios aus. Gerade gut geführte Produzenten seien so günstig wie selten zuvor, bestätigt auch Martin Siegel. "Da bekommt man solide Titel, die auch sehr negative Marktszenarien überleben können, teilweise über 50 Prozent billi- ger als noch vor zwei Jahren."

Die Minengesellschaften zählen außerdem zu den wenigen Profi- teuren der Schwellenländerkrise. Stark unter Druck geratene Währungen wie der Südafrikanische Rand verhelfen Produzenten vor Ort zu niedrigeren Kosten. Das wirkt sich unmittelbar auf die Gewinnmargen aus: So sind die Analystenschätzungen für den Gewinn des ersten Quartals bei dem auf Afrika spezialisierten Konzern Randgold vor allem aufgrund von Währungseffekten in den vergangenen 30 Tagen um über zehn Prozent gestiegen.

Der Effekt verschafft den Gesellschaften auch Luft in den andauernden Konflikten mit - vor allem südafrikanischen - Gewerkschaften. Lohnerhöhungen für die Arbeiter lassen sich bei einem schwachen Rand besser verkraften, die häufigen Streiks könnten bald ein Ende haben. Laut Georges Lequime, der die Verhandlungen vergangene Woche vor Ort in Südafrika beobachtete, hat sich im Markt mittlerweile auch die Auffassung durchgesetzt, dass die Auseinandersetzungen nun bald überwunden sein werden.

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Rekordnachfrage aus China

Alle Kostensenkungsmaßnahmen und Währungsabwertungen wären vergleichsweise nutzlos, wenn niemand mehr Gold kaufen wollte. Auch wenn die Preisentwicklung und die Mittelabflüsse aus Gold- ETFs ein anderes Bild vermitteln, ist das jedoch keineswegs der Fall. "Die physische Nachfrage aus China ist auf einem Rekordhoch, plus 41 Prozent im Jahresvergleich", sagt Earth- Gold-Fund-Berater Lequime.

Indien, traditionell das Land mit der höchsten Schmucknachfrage, erwägt unterdessen, seine Einfuhrbeschränkungen für Gold wieder zu lockern. Damit könnte auch hier die Kauflust wieder steigen. Die Währungsinstabilität in Ländern wie Indien und der Türkei, in denen traditionell eine ausgeprägte Goldnachfrage zu beobachten ist, könnte ebenfalls die physische Nachfrage stützen, meint Thorsten Polleit, Goldexperte bei Degussa. Die Schmuckbranche allein sorgt für rund zwei Drittel der physischen Goldnachfrage.

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Investoreninteresse nimmt zu

Dem Minensektor zugute kommt zudem die allgemeine Marktsituation: Das vergangene Jahr verlief an der Wall Street und den europäischen Börsen aufgrund der Konjunkturerholung so positiv, dass sich niemand für Goldaktien interessierte. Im Gegenteil, der fallende Goldpreis lockte Shortseller an, die auf fallende Kurse spekulierten.

Inzwischen gilt der breite nordamerikanische Aktienmarkt aber bereits als ambitioniert bewertet. An den Börsen der Industrieländer geht es nicht mehr uniform aufwärts. Das mindert einerseits den Druck auf den Goldpreis, weil das Edelmetall doch wieder zur Absicherung ins Depot geholt wird. Physisch hinterlegte ETFs haben zuletzt immer wieder Tage mit Nettozuflüssen verzeichnet. Andererseits lässt gerade die jüngste Korrektur Investoren nach Alternativen suchen. Dass Goldaktien sich seit Anfang des Jahres besser entwickelten als viele Indizes, dürfte vielen ins Auge gefallen sein: Die ersten Manager von nicht branchenspezifischen Fonds kaufen wieder Minentitel, so zum Beispiel John Bennett und Klaus Kaldemorgen.

Noch sind diese Mittelzuflüsse gering, viele Investoren sind Gold gegenüber nach wie vor negativ eingestellt. Und ein erneuter Ausverkauf bei dem gelben Metall würde wohl auch den beginnenden Aufschwung der Minenaktien wieder ersticken. Doch die Stabilisierung des Goldpreises macht den Branchenexperten Mut. "Die Perspektive, dass der Goldpreis wieder steigt, ist da", sagt Martin Siegel. "Dafür sprechen rein fundamentale Gründen: Es gibt eine starke physische Nachfrage, die längerfristig nur bei höheren Preisen bedient werden kann."

An der Elfenbeinküste hält man sich mit kurzfristigen Zweifeln nicht auf. In den kommenden fünf Jahren soll die Goldproduktion in dem Land verdreifacht werden.

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