Auf Unternehmensbesuche und Gespräche mit Firmenchefs verzichtet Julien Bernier. Der Fondsmanager des Digital Stars Europe muss sich keinen persönlichen Eindruck vor Ort verschaffen, um das Kurspotenzial einer Aktie zu ermitteln. Seiner Meinung nach ist es auch nicht erforderlich, das Geschäftsmodell vollkommen zu verstehen sowie die Zahlen intensiv zu studieren. Der Ingenieur und Finanzökonom konzentriert sich ausschließlich auf das Preis- und Gewinnmomentum. Die in der Charttechnik verwendeten Kennzahlen zeigen ihm an, mit welcher Kraft eine Aktie einen Auf- oder Abwärtstrend verfolgt beziehungsweise mit welchem Schwung sich der Gewinn einer Aktie entwickelt.

Die dazu notwendigen Informationen bereitet ihm ein von der Luxemburger Fondsboutique Chahine Capital selbst entwickeltes und über die Jahre immer wieder verfeinertes Computermodell auf. "Unsere quantitative Anlagestrategie verhindert nicht nur, dass wir emotional entscheiden", erklärt Bernier. "Die digitale Titelauswahl ermöglicht es uns vor allem, künftige Börsenstars zu identifizieren, die deutlich besser abschneiden als Indizes auf Small, Mid und Large Caps."

Bislang ist das gelungen. Der Fonds erzielte seit seiner Auflage im November 1998 pro Jahr im Schnitt 10,1 Prozent. Der MSCI Europe Small schaffte dagegen nur 9,4 Prozent, der MSCI Europe sogar lediglich 4,7 Prozent.

Silizium gesucht



Die bessere Wertentwicklung verdankte der Fonds im Jahr 2015 vor allem den beiden alternativen Energieunternehmen Nordex und SMA. Zu den Top-Performern zählten seinerzeit mit Betfair und Netent auch zwei Unternehmen aus der Spieleindustrie. Voriges Jahr wiederum sorgten insbesondere das Rohstoffunternehmen Anglo American und der Werkstoffhersteller Covestro für kräftige Kursgewinne. 2017 erkannte das Computersystem von Chahine ein starkes Momentum bei dem Hersteller von Siliziumscheiben Siltronic. Die Aktie, die der Manager mit aktuell 2,8 Prozent gewichtet hat, legte seit Jahresanfang um 186 Prozent zu. "Bislang zeigen uns die Daten keine Trendumkehr an", sagt Bernier. Noch besser entwickelte sich der britische Techwert IQE. Die Aktie bringt es auf ein Plus von über 200 Prozent. Auch hier signalisiert das System anhaltendes Potenzial.

Streng nach Vorgabe



Insgesamt investiert der Digital Stars Europe in 160 Werte. Das Portfolio des immer voll investierten Fonds ist nach Ländern und Branchen breit diversifiziert. Von den jeweiligen Gewichtungen im Index kann der Manager aber bis zu 15 Prozent abweichen. Um das Risiko zu vermindern - auch das Computersystem ist nicht unfehlbar - wird kein Titel höher als 3,5 Prozent gewichtet. Alle 15 Tage wird das Portfolio auf den Prüfstand gestellt. "Die sieben bis acht Werte im Fonds, die das schlechteste Preismomentum aufweisen, werden verkauft und durch sieben bis acht Werte ersetzt, die das beste Preismomentum innerhalb des aus rund 1700 Aktien bestehenden Investmentuniversums aufweisen." Nach Abschluss der Analyse des Gewinnmomentums werden nach dem gleichen Verfahren sieben bis acht Aktien ausgetauscht. "Es fällt mitunter schwer, sich von einem gut laufenden Titel zu trennen. Doch wir halten uns immer streng an die Vorgaben."

Nur auf den Computer verlässt sich der Fondsmanager allerdings nicht. "Wir verfolgen auch die Berichterstattung zu den Unternehmen - als qualitative Kontrolle", so Bernier. "Es werden nur Anteilscheine mit einem guten Momentum erworben, deren Entwicklung sich auf den ursächlichen Geschäftszweck nachhaltig zurückführen lässt. Aktien, die ein kurzzeitiges, starkes Momentum, beispielsweise aufgrund einer Übernahme oder durch die Herausgabe eines neuen Medikaments, aufweisen, schaffen es nicht in unser Fondsportfolio."