Zusammen mit Luca Pesarini und Arnoldo Valsangiacomo managt Guido Barthels einen der bekanntesten und erfolgreichsten Mischfonds in Deutschland: den Ethna-Aktiv E. Fast sieben Milliarden Euro ist der Klassiker mittlerweile schwer. Rentenspezialist Barthels ist seit 2008 Portfoliomanager bei Ethenea Independent Investors. Neben dem Ethna-Aktiv managt Barthels unter anderem den Ethna-Global Dynamisch (siehe Investor-Info).

Herr Barthels, Sie und Ihr Team treffen Anlageentscheidungen anhand volkswirtschaftlicher und politischer Faktoren. Wie fällt Ihre aktuelle Analyse aus?

Guido Barthels: Grundsätzlich sind Aktien nicht verkehrt. Wir haben Unternehmenstitel im Ethna- Global Dynamisch mit über 30 Prozent, im Ethna-Aktiv mit über 21 Prozent relativ hoch gewichtet. Doch die Bauchschmerzen werden größer. Die Rally geht schon ins fünfte Jahr, die Bewertungen in den USA, aber auch in Europa sind mittlerweile sehr sportlich. Eine Korrektur ist nicht unwahrscheinlich. Nicht zuletzt könnte eine weitere Verschärfung der Ukraine-Krise eine Verkaufswelle bei Aktien auslösen.

Müssten Sie dann nicht folgerichtig die Aktienquoten in beiden Fonds reduzieren?

Viele Investoren sehen Aktien immer noch als alternativlos an. Das zwingt uns mitzuspielen. Unter den Toppositionen des Ethna-Global Dynamisch finden sich unter anderem Finanzwerte wie Zurich Insurance oder Minenbesitzer wie Randgold Ressources. Doch wir fahren auf Sicht. Rund die Hälfte unserer Aktieninvestments besteht aus Indextrackern und Terminkontrakten. Wir können daher, falls es notwendig werden sollte, die Aktienquoten sehr schnell reduzieren.

Was erwarten Sie bei Renten?

Zinspapiere sind auch schon gut gelaufen. Seit Jahresanfang haben Anleger mit Renten sogar mehr verdient als mit Aktien. Staatsanleihen aus Italien und Spanien etwa rentieren bei nur noch drei Prozent. Weitere Kursgewinne sind da wohl nicht mehr drin. Allenfalls portugiesische Staatspapiere sind noch einigermaßen attraktiv verzinst. Auch sichere Corporate Bonds bieten nicht mehr allzu viel Fantasie. Wir haben daher Positionen bei Unternehmensanleihen deutlich abgebaut und die Liquidität erhöht.

Welche Alternativen bieten sich an?

Zum Beispiel Anleihen von Firmen, die mit besseren Bonitätsnoten rechnen können. Auch Anleihen chinesischer Staatsunternehmen sind noch interessant. Sichere Staatstitel wie Bundesanleihen bringen zwar nicht viel, bleiben jedoch als Risikopuffer interessant. Das gilt auch für Norwegische- Kronen-Anleihen.

Auf Seite 2: Barthels über die Geldpolitik der EZB

Viele Anleger setzen weiterhin auf Aktien, weil sie mit unkonventionellen Maßnahmen der EZB rechnen. Die Notenbank könnte vielleicht schon im Juni aktiv werden. Erwarten Sie auch Strafzinsen für Banken oder Anleihekäufe?

Ich rechne fest damit, dass die EZB im Sommer zu diesen Maßnahmen greifen wird. Die wirtschaftlichen Wachstumsraten in der Eurozone fallen mit erwarteten 1,2 Prozent in diesem und 1,5 Prozent im kommenden Jahr doch noch sehr verhalten aus. Die Wirtschaftsleistung in vielen Staaten der Eurozone liegt zudem immer noch weit unter Vorkrisenniveau. Bis das wieder erreicht wird, dürften mindestens noch zehn Jahre vergehen. Allein Deutschland hat es geschafft, das Bruttoinlandsprodukt über das Vorkrisenniveau zu steigern.

Eine weitere geldpolitische Lockerung würde den Märkten trotzdem noch mal Auftrieb geben ...

Ja, das ist noch nicht eingepreist. Allerdings ist es fraglich, ob unkonventionelle Maßnahmen die Banken, insbesondere in den südeuropäischen Ländern, tatsächlich veranlassen werden, die bislang restriktive Kreditvergabe aufzugeben. Sie nutzen das billige EZB-Geld bislang vielmehr zur Sanierung ihrer immer noch mit hohen Risiken behafteten Bilanzen. Spanische Banken etwa führen ja noch immer faule Immobilienkredite in den Büchern. Ohne Bad Bank stehen die Unternehmen weiterhin vor großen Finanzierungsproblemen.

Was wäre die Alternative?

Länder wie Spanien sollten eine Bad Bank gründen, die alle Problemkredite übernimmt. Die Geschäftsbanken könnten dann den Unternehmen mehr Investitionskapital zur Verfügung stellen. Allerdings sind die dafür erhobenen Zinsen immer noch zu hoch. Es wäre daher ebenso ratsam, in Europa auf eine Konvergenz der Kreditzinsen hinzuwirken. Das Gefälle zwischen Deutschland und Spanien ist doch sehr hoch.

Auf Seite 3: Barthels über die europäische Schuldenkrise

Irland benötigt den Rettungsschirm nicht mehr, Portugal wird demnächst das EU-Rettungsprogramm ohne Übergangshilfe verlassen. Griechenland konnte vor Kurzem erstmals wieder eine Anleihe am freien Kapitalmarkt platzieren. Ist die Eurokrise gelöst?

Die Vertrauenskrise ist sicherlich gelöst. Doch die Ursachen der Staatsschuldenkrise bestehen weiter fort. Die Staatsschuldenquoten sind trotz rigoroser Sparmaßnahmen sogar noch gestiegen. Auch darf man die Reduzierung der Leistungsbilanzdefizite nicht nur positiv werten.

Weshalb nicht?

In Griechenland sind die Importe rückläufig, weil kein Geld für Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland vorhanden ist. Um die Exportquoten nachhaltig zu steigern, fehlt es aber an wettbewerbsfähigen Produkten. Ich will nicht ausschließen, dass nach der Europawahl wieder verstärkt über die Einführung von Eurobonds nachgedacht wird. Es könnte auch wieder mehr Bestrebungen in Richtung einer Transferunion geben, um die unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen und das Wohlstandsgefälle in der Eurozone auszugleichen.

Frankreichs Ministerpräsident will, dass sich die EZB für einen schwachen Euro einsetzt. Würde dies den verschuldeten Eurostaaten helfen?

Wohl nur vorübergehend. Ein schwacher Euro ist jedenfalls kein Ersatz für Reformen, die darauf zielen, die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu steigern. Deutsche Unternehmen kommen in der Regel auch mit einem hohen Eurokurs gut zurecht.

Gibt die Entwicklung der US-Konjunktur aus Ihrer Sicht mehr Anlass zu Optimismus?

Die USA sind stärker aus der Krise gekommen als Europa. Zum einen hat die US-Notenbank mehr Geld in die Hand genommen, um die Konjunktur anzukurbeln. Zum anderen hat man deutlich mehr Banken pleitegehen lassen als in Europa. Dennoch läuft der Aufschwung nicht rund. Das zeigt die zuletzt doch eher enttäuschende Entwicklung auf dem Häusermarkt. Alles in allem müssen sich Anleger in diesem Jahr auf deutlich niedrigere Renditen als im vergangenen Jahr einstellen.

Auf Seite 4 und 5: Investor-Info