Es scheint paradox. Aber wer derzeit eine fünfjährige Bundesanleihe kauft, erzielt damit eine Rendite von -0,10 Prozent. Auch fünfjährige Anleihen aus Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz bieten negative Renditen. Doch warum ist dies so? Welche Motive haben die Käufer dieser Anleihen?

Vineer Bhansali von Pimco versucht, dies zu beantworten. Möglicherweise erwarten diese Anleger eine scharfe Rezession, die mit Deflation einhergeht, mutmaßt der Pimco- Fondsmanager. "In diesem Szenario wäre es Anlegern wichtiger, ihr Kapital wiederzubekommen, als Erträge damit zu erzielen." Der negative Zins wäre dann eine Art Versicherungsprämie. Oder wie der britische "The Economist" jüngst schrieb: "Diese Anleger verlieren lieber ein bisschen, um sicherzugehen, dass sie nicht ganz viel verlieren." Und käme es zu einer Deflation, könnten Anleihen mit negativer Nominalrendite durchaus eine positive reale Rendite erzielen. "Japanische Staatsanleihen zählten rendite-risiko- adjustiert zu den besten Anlageklassen der vergangenen Dekade", sagt Bhansali. Denkbar wäre auch, so der Pimco-Fondsmanager, dass Anleger hoffen, noch einen "dümmeren Anleger" zu finden, der ihnen die negativ verzinsten Anleihen abkauft.

Denn Anleiherenditen sind auf das Ende der Laufzeit kalkuliert. Wer seine Titel vor Ende der Restlaufzeit verkaufen kann, realisiert womöglich Kursgewinne. Derzeit können Anleger zum Beispiel damit rechnen, dass ihnen die Europäische Zentralbank Staatsanleihen abkauft. Die Notenbanken drücken aber nicht nur die Bondrenditen. Ihre Maßnahmen haben bewirkt, dass Aktien gegenüber Anleihen attraktiver geworden sind. Folge: In den vergangenen drei bis fünf Jahren stiegen die Aktienkurse nicht aufgrund höherer Unternehmensgewinne, sondern weil sich die Kurs- Gewinn-Verhältnisse ausgeweitet haben. Sollten die Notenbanken ihre Geldpolitik straffen, sollten Anleger also bei Anleihen und Aktien vorsichtiger werden. rf